Erhöhung des Mindestgehalts – ohne Beseitigung der Unübersichtlichkeit

Wie üblich, hat auch die neue Regierung Rumäniens zum Jahreswechsel 2019/2020 das gesetzliche Mindestgehalt durch Beschluss erhöht. Nach wie vor sind jedoch weitere Rechtsakte der Vorgängerregierung aus den Jahren 2018 und 2019 in Kraft, die Sonderregelungen zum Mindestgehalt enthalten. Daher existieren im rumänischen Arbeitsrecht auch 2020 mehrere verschiedene gesetzliche Mindestgehälter.

Chronologie

Bis 2018 war im Arbeitsgesetzbuch (Codul Muncii) ausdrücklich nur ein einziges landesweites Mindestgehalt (salariul minim brut de bază garantat în plată) geregelt. Am 14. November 2018 hat die Regierung Dăncilă, wie bereits berichtet, durch Dringlichkeitsverordnung im Arbeitsgesetzbuch eingeführt, dass durch Regierungsbeschluss unterschiedliche Stufen des Mindestgehalts, in Abhängigkeit von der Ausbildung und der Beschäftigungszeit des Arbeitnehmers, festgelegt werden können.
Am 7. Dezember 2018 wurden durch Regierungsbeschluss für das Jahr 2019 anschließend die folgenden zwei Mindestgehaltsstufen eingeführt: 

  • gesetzliches Mindestgrundgehalt in Höhe von 2080 Lei (damals ca. 445 Euro) brutto;
  • Mindestgrundgehalt für Arbeitnehmer, für deren Stellen ein Hochschulstudium vorgesehen ist und die „mindestens ein Jahr Beschäftigungszeit in dem Bereich der Hochschulstudien aufweisen“, in Höhe von 2350 Lei (damals ca. 500 Euro).

Hinzu kam am 29. Dezember 2018 die „berüchtigte“ Dringlichkeitsverordnung 114/2018, die für Gesellschaften aus dem Bauwesen und damit verwandten Bereichen (wie in Art. 60 Abs. 5 Steuergesetzbuch definiert) für das Jahr 2019 ein neues, weiteres Mindestgehalt in Höhe von 3000 Lei (ca. 625 Euro) eingeführt hat. Anzumerken ist, dass 

  • auch andere Arbeitgeber, etwa Architektur-, Ingenieurs- und technische Beratungsunternehmen betroffen sind;
  • das Mindestgehalt allen Mitarbeitern dieser Unternehmen, ungeachtet ihrer Tätigkeit, zu bezahlen ist;
  • diesen Arbeitnehmern u. U. Steuervergünstigungen zu Gute kommen, wenn der Arbeitgeber bestimmte Voraussetzungen erfüllt. 

Hiermit wurde außerhalb des Arbeitsgesetzbuches ein weiteres Mindestgehalt geschaffen, das nicht mit der Person des Arbeitnehmers, sondern mit der Tätigkeit des Arbeitgebers zusammenhängt.
Diese Abweichung wurde 2019 durch eine weitere Dringlichkeitsverordnung noch ausgeweitet und bis zum Jahr 2028 verlängert. 

Aktuelle Regelung

Durch den Regierungsbeschluss 935/2019 hat die aktuelle Regierung das allgemeine gesetzliche Mindestgrundgehalt auf 2230 Lei, d. h. ca. 475 Euro, erhöht. Das o. g. Mindestgehalt für Arbeitnehmer mit Hochschulstudium und entsprechender Erfahrung wurde beibehalten und nicht geändert. Unverändert blieb auch das Mindestgehalt für Gesellschaften, die Bau- und damit verbundene Tätigkeiten ausüben.

Derzeitige Gehaltsstufen

Damit gibt es seit dem 1. Januar 2020 die folgenden drei Mindestgehälter:

  • allgemeines Mindestgehalt in Höhe von 2230 Lei;
  • für Arbeitnehmer, deren Stellen ein Hochschulstudium vorsehen und die mindestens ein Jahr Beschäftigungszeit in dem Bereich aufweisen, in Höhe von 2350 Lei;
  • allgemeines Mindestgehalt für alle Arbeitnehmer von Unternehmen aus der Baubranche wie oben beschrieben, in Höhe von 3000 Lei.

In allen Fällen, in denen das Gesetz bei der Festlegung von Rechten und Pflichten auf das gesetzliche Mindestgehalt Bezug nimmt, gilt das generelle Mindestgehalt (2230 Lei) als Grundlage.

Anmerkungen, Ausblick

Was die Erhöhungen des Mindestgehalts anbetrifft, fallen zunächst die Steigerungsraten auf. So wuchs das allgemeine Mindestgehalt 2019 im Vergleich zu 2018 um fast 9,5 Prozent an; für Stellen, die ein Hochschulstudium voraussetzen, belief sich die Erhöhung rein rechnerisch sogar auf über 23 Prozent. Zum Jahreswechsel 2020 betrug die Erhöhungsrate ca. 7,2 Prozent. Selbstverständlich ist dies – auch im europäischen Kontext – eine grundsätzlich positive Entwicklung; in bestimmten Wirtschaftsbereichen, die auf günstige Lohnkosten angewiesen sind, etwa die Textil- oder die Schuhindustrie, verursacht sie Rumänien jedoch unvermeidbar Standortnachteile. Diese hat der Gesetzgeber wohl in Kauf genommen; in der Praxis dürften kurz- und mittelfristig vermehrt Einsparmaßnahmen in den entsprechenden Branchen folgen.
Die Regelung von drei verschiedenen gesetzlichen Mindestgehältern in drei verschiedenen Rechtsakten ist zumindest für Rumänien unüblich und unübersichtlich. Immerhin dürfte mit der Zeit eine Angleichung des allgemeinen Mindestgehalts an dasjenige für Hochschulabsolventen geplant sein, was eine Vereinfachung bedeutete.

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf einen Gesetzesentwurf (L 466/2019), der die „Hierarchisierung“ der Gehälter in jedem Betrieb bezweckt. Hierfür sollen je nach Qualifikation der Arbeitnehmer zwingende Mindestgehaltsstufen, ausgehend vom Mindestgehalt im Betrieb, geregelt werden.


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