Maßnahmen zum Schutz von Whistleblowern in Rumänien bald erforderlich

Im Dezember 2019 berichteten wir, dass die EU-Mitgliedstaaten bis zum 17. Dezember 2021 Zeit haben, die Whistleblowing-Richtlinie1 umzusetzen. Hiernach werden alle Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern konkrete Maßnahmen zum Schutz von Personen, die anonym auf unrechtmäßige Aktivitäten hinweisen, treffen müssen. Insbesondere sind Meldesysteme, die Hinweisgeber (Whistleblower) verwenden können, einzurichten und auszuwerten. Unternehmen können diese z. B. über Online-Plattformen, Hotlines, IT-Tools usw. einrichten und selbst oder mithilfe externer Dienstleister (z. B. Berater) betreiben. In Rumänien besteht nun ein Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Richtlinie, dem Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern bereits Ansatzpunkte für die Anpassung ihrer Whistleblowing- bzw. Compliance-Systeme in Rumänien entnehmen können. 

Hintergrund

Über den Entwurf des Gesetzes wurde Ende April mit NGOs und der Wirtschaft beraten. Da der Vorschlag der rumänischen Umsetzung teilweise über die Bestimmungen der Richtlinie hinausgeht und z. T. für die Praxis unklare Regelungen enthält, ist noch eine letzte Änderung des Gesetzesentwurfes zu erwarten, die die Beratungsergebnisse widerspiegelt. Folgende Aspekte sind bereits bekannt und besonders wichtig.

Geschützte Anzeigen 

Die Whistleblowing-Richtlinie bezweckt den Schutz von Hinweisgebern, die anonym illegale Tätigkeiten aus dem öffentlichen oder privaten Bereich aufdecken. Hierzu gehören u. a. das öffentliche Auftragswesen, Finanzdienstleistungen, Geldwäsche, Produkt- und Verkehrssicherheit, öffentliche Gesundheit, Verbraucher- und Datenschutz.
Die vorgeschlagene rumänische Umsetzung folgt der EU-Ermutigung, diese Liste zu erweitern, und sieht einen allgemeinen Schutz für Anzeigen jedweder Gesetzesverstöße, einschließlich Ethik- und Berufsregelungen (norme deontologice) vor. Es besteht die Befürchtung, dass dieser erweiterte Anwendungsbereich das Ziel der Richtlinie verwässert. Daher ist zu empfehlen, Whistleblowern in den internen Regelungen konkrete Vorgaben zur Hand zu geben.

Anonyme Anzeigen

Selbst wenn die Richtlinie vorschreibt, dass anonyme Anzeigen berücksichtigt werden sollen, sieht der rumänische Gesetzesentwurf nach dem Muster der allgemeinrechtlichen öffentlichen Beschwerden vor, dass nur mit Namen versehene Anzeigen geprüft werden. Viele potenzielle Whistleblower dürften hierdurch entmutigt werden, ins Rampenlicht zu treten.

Vorrang interner Anzeigen

Gemäß den Vorgaben müssen Unternehmen eigene und Mitgliedstaaten externe (autonome und unabhängige) Meldesysteme bezüglich eingehender Hinweise zur Verfügung stellen. Whistleblowern wird empfohlen, vorrangig die unternehmensinternen Meldesysteme zu benutzen, was einige Hinweisgeber vermutlich ebenfalls entmutigen könnte.
Stimmen aus der rumänischen Praxis haben zudem vorgeschlagen, dass ein einziges Meldesystem nach dem Muster des Systems der Wettbewerbsbehörde rumänienweit eingeführt und von der zuständigen Behörde, der Nationalen Integritätsagentur (Agenția Națională de integritate – ANI) verwaltet wird. Fraglich ist jedoch, ob die Behörde in diesem Fall wegen Überforderung die kurzen Reaktionsfristen einhalten könnte.

Finanzielle Anreize 

Der rumänische Gesetzesentwurf schreibt keinerlei finanzielle Anreize für die Anzeige von Verstößen gegen das geltende Recht vor, obwohl Fachleute aus der Erfahrung anderer Länder (z. B. USA) eine solche Regelung begrüßen würden. Solch eine Belohnung könnte entweder als Prozent der infolge der Anzeige eingetriebenen Beträge berechnet oder als pauschaler Betrag aus einem Sozialfonds ausgezahlt werden. Unternehmen können ein anderweitiges Belohnungssystem aufbauen.

Zusätzliche Schutzmaßnahmen und Einzelheiten

Grundsätzlich gilt die Regel, dass Whistleblower und deren Unterstützer (Familienmitglieder, Kollegen, rechtlicher Beistand) gegen jegliche Repressalien wie Entlassungen, Herabstufungen und Diskriminierungen geschützt werden. Aus der rumänischen Praxis wurde signalisiert, dass Klarheit insbesondere hinsichtlich arbeitsrechtlicher Repressalien geschaffen werden muss; es gilt insbesondere, rechtsmissbräuchliche Entlassungen durch Gebrauch betriebsbedingter Kündigungen infolge der Abschaffung der Stelle zu verhindern.

Fazit und Ausblick

Es ist begrüßenswert, dass Rumänien anders als viele EU-Mitgliedstaaten wichtige Schritte zur Umsetzung der neuen Whistleblowing-Richtlinie unternimmt. Die Schaffung eines klaren Gesetzesrahmens kann das Vertrauen von Investoren stärken. Auch ist die rege Debatte zu den einzelnen Regelungen als positiv zu bewerten.
Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern (aber nicht nur) haben nun weitere sechs Monate Zeit, um vertrauenswürdige Meldekanäle aufzustellen und den Auftritt in Rumänien durch eine integrierte Compliance-Politik zu verstärken.


1 Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden.


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