Rumänien führt Kurzarbeit („light“) ein

In vielen Ländern gibt es, z. T. bereits seit langer Zeit, Regelungen zur Kurzarbeit. Nachdem in Rumänien bereits Anfang März Initiativen zu deren Einführung eingeleitet wurden (an denen unsere Kanzlei aktiv beteiligt war), hat die Regierung nun endlich die lang ersehnte Regelung erlassen. Auch das rumänische Recht kennt daher seit dem 10. August 2020 die Kurzarbeit.

Grundprinzipien

Der Grundgedanke besteht darin, dass der Arbeitgeber in Krisenzeiten Arbeitszeit und Gehalt der Arbeitnehmer auf das nötige Maß reduzieren kann. Der Staat trägt dabei einen Teil des entgangenen Gehalts der Betroffenen. So:

  • wird dem Arbeitgeber die nötige Flexibilität zur Krisenbewältigung gewährleistet;
  • erhält der Arbeitnehmer ein besseres Gehalt als dasjenige, das der tatsächlichen Arbeitsleistung entspricht;
  • kann mit einer verhältnismäßig geringen staatlichen Zahlung Arbeitslosigkeit verhindert werden.

Alle Beteiligten müssen hierfür zwar Konzessionen machen, erhalten im Endeffekt jedoch Vorteile.

Wesentliche Regelung in Rumänien

Rechtsgrundlage für die Kurzarbeit ist Dringlichkeitsverordnung Nr. 132/2020 (die „DVO“).

Der Arbeitgeber darf hiernach bei Erfüllung der Bedingungen (s. u.) Kurzarbeit einführen und damit die Arbeitszeit betroffener Arbeitnehmer auf maximal 50 Prozent der vertraglichen Arbeitszeit reduzieren.

Der Staat trägt in diesem Fall auf Antrag ein Kurzarbeitergeld in Höhe von 75 Prozent des Lohnausfalls, d. h. der Differenz zwischen dem vertraglichen Bruttogrundgehalt und dem infolge der Kurzarbeit reduzierten Gehalt.

Rechenbeispiel: Verdient der Arbeitnehmer 1000 Euro, reduziert sich sein Gehalt bei einer Kurzarbeit von 50 Prozent auf 500 Euro. Trägt der Staat 75 Prozent der Differenz, d. h. 375 Euro, erhält der Arbeitnehmer trotz halber Arbeitsleistung noch 875 Euro.

Voraussetzungen

Kurzarbeit setzt nach der DVO die vorübergehende Reduzierung der Tätigkeit infolge eines verhängten Not-/ Alarm- oder Belagerungszustands aus.

Für die Beantragung des Kurzarbeitergelds sind folgende Bedingungen zu erfüllen:

  • die Maßnahme betrifft mindestens 10 Prozent der Belegschaft;
  • sie beruht auf einem Umsatzrückgang im Vormonat oder in dessen Vormonat um mindestens 10 Prozent ggü. dem ähnlichen Monat des Vorjahres.

Wichtige Zusatzinformationen

Der Arbeitgeber muss zunächst Gewerkschaft, Arbeitnehmervertreter oder ggf. die Belegschaft über die Kurzarbeit unterrichten und anhören.

Kurzarbeit wird danach einseitig angeordnet; hierfür ist fristgerecht ein Beschluss (decizie) zu fassen.

Die Kurzarbeit muss für mindestens fünf Arbeitstage angeordnet und im Arbeitnehmerregister Revisal eingetragen werden.

Der Arbeitgeber muss dabei die Arbeitszeiten des kompletten Monats festlegen.

Die staatliche Zahlung des Kurzarbeitergelds erfolgt nicht direkt an den Arbeitnehmer; vielmehr bezahlt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer sowohl das reduzierte Gehalt als auch das Kurzarbeitergeld und beantragt bei der zuständigen Arbeitsagentur (AJOFM) die entsprechende Erstattung. Diese soll innerhalb von zehn Tagen ab Antragstellung erfolgen.

Über das konkrete Verfahren und die Dauer, für die die Kurzarbeit angeordnet werden kann, entscheidet die Regierung durch Beschluss. Dieser steht im vorliegenden Fall noch aus; Beratungen dazu finden statt.

Verbote

Die Einführung der Kurzarbeit ist erwartungsgemäß mit restriktiven Regelungen verbunden. So sind während der Kurzarbeit verboten:

  • die Einstellung von Personal zur Ausübung ähnlicher oder identischer Tätigkeiten wie diejenigen der von der Kurzarbeit Betroffenen;
  • die Ableistung von Überstunden durch die von der Kurzarbeit Betroffenen;
  • die Gewährung von Boni an das Management (diese ist nach der Kurzarbeit zulässig);
  • die Einleitung von Massenentlassungen durch den Arbeitgeber;
  • die zusätzliche Einführung der Viertagewoche (die auch derzeit gesetzlich möglich ist).

Fazit

Im Vergleich zu anderen Rechtsordnungen (z. B. Deutschland oder Österreich) aber auch den Möglichkeiten erinnert Rumäniens Regelung derzeit eher an „Kurzarbeit light“. Viele weitergehende Regelungen wären wünschenswert gewesen, so z. B.:

  • die Einführung für sämtliche Fälle erheblicher finanzieller Schwierigkeiten (diese Regelung könnte noch kommen; man wollte wohl schnellstmöglich pandemiebedingte Fälle erfassen und danach die allgemeine Regel ausarbeiten);
  • eine höhere Flexibilisierung (z. B. durch Nichtaufnahme der Pflicht, das komplette Monatsprogramm festzulegen);
  • eine weniger bürokratische Regelung;
  • die Beschränkung der Verbote von Überstunden und Neueinstellungen auf die Betriebsstätten, in denen der Arbeitgeber Kurzarbeit anordnet.

      
Insgesamt ist es definitiv begrüßenswert, dass nun endlich die Möglichkeit zur Kurzarbeit eingeführt worden ist. Die Kanzlei freut sich, dass die seit Beginn des Notstandes geleistete, intensive Mitarbeit an dem Projekt erste Erfolge gezeigt hat und wird diese sinnvolle Tätigkeit weiterverfolgen.


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