Unterkapitalisierung – Strengere Sanktionen in Aussicht

Mitte Oktober hat der rumänische Senat einen Gesetzesentwurf1 betreffend unterkapitalisierte Gesellschaften genehmigt. Dieser enthält Klärungen, Einschränkungen und neue Sanktionen im Fall der Unterkapitalisierung. Er wird derzeit in der Abgeordnetenkammer besprochen.

Es bestehen bereits Vorschriften in dieser Hinsicht2, die allerdings allgemein gehalten sind. Der Gesetzesentwurf verfolgt u. a. den Zweck, dies konkreter zu regeln, die Eintreibung von Haushaltsforderungen zu verbessern, und nicht zuletzt unterkapitalisierte Gesellschaften mittelfristig zu „bereinigen“.

Definition und Bedeutung des Nettoaktivvermögens

Die Aktiva einer Gesellschaft sind Vermögensbestandteile, die buchhalterisch als „positiv“ ausgewiesen werden. Sie beinhalten alle Elemente, die der Gesellschaft Liquidität erbringen, wie z. B. Sachanlagen, Vorräte, Geldmittel, Forderungen. Umgekehrt werden die Passiva als „negativ“ ausgewiesen und stellen die Kapitalquellen der Gesellschaft dar, bestehend aus Eigenkapital und Fremdkapital (Schulden). Das Gesamt-Aktivvermögen entspricht betragsmäßig dem Gesamt-Passivvermögen.
Das Nettoaktivvermögen wird als Differenz zwischen dem Aktivvermögen und den Schulden einer Gesellschaft ermittelt; seine Höhe ist identisch mit derjenigen des Eigenkapitals. Wirtschaftlich stellt das Nettoaktivvermögen den Wert dar, den die Anteilseigner bei einer möglichen Liquidation, nach Verwertung der Aktiva und nach Zahlung der Schulden, erhalten würden.

Zugleich ist es eine wichtige Kennzahl für die Finanzlage einer Gesellschaft: eine wachsende Tendenz zeigt eine gute wirtschaftliche Entwicklung; ein Herabsinken unter den Wert des Stammkapitals zeigt indes, dass die Schulden der Gesellschaft ihre Ressourcen überschreiten.
Stellt die Geschäftsführung die Minderung des Nettoaktivvermögens (Eigenkapitals) unter die Hälfte des Stammkapitals (Unterkapitalisierung) fest, muss sie eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einberufen. Diese hat darüber zu entscheiden, ob die Gesellschaft aufgelöst wird. Wird keine Auflösung beschlossen, muss die Gesellschaft spätestens bis Ende des Folgejahres Maßnahmen für die Aufstockung des Nettoaktivvermögens treffen. Andernfalls kann jede interessierte Person gerichtlich die Auflösung der Gesellschaft verlangen (dies geschah in der Praxis bislang kaum).

Neuregelungen 

Erwähnenswert sind:
• Die Schulden der Gesellschaft aus Darlehen der Gesellschafter sind unter gewissen Voraussetzungen verpflichtend in Anteile umzuwandeln.
• Gesellschaften, die für die quartalsweise Ausschüttung von Dividenden optiert haben, dürfen keine Vorauszahlungen oder Darlehen an Gesellschafter gewähren, solange die quartalsweise Dividenden nicht final bestimmt und geregelt sind. 
• Dividendenausschüttungen sind erst zulässig, nachdem das Nettoaktiv über den gesetzlichen Schwellenwert gebracht wird.
• Neue Meldepflichten gegenüber der Steuerverwaltung. Darauf beruhend erstellt und veröffentlicht das Finanzministerium eine Liste der unterkapitalisierten Gesellschaften. Auch im Handelsregister wird die Unterkapitalisierung registriert.
• Die rumänische Steuerverwaltung wird ermächtigt, unter gewissen Voraussetzungen die Auflösung unterkapitalisierter Gesellschaften einzuleiten.
• Regeln und Reihenfolgen zur Bildung und Ausschüttung der Rücklagen, des vorgetragenen Ergebnisses, zur Ausschüttung von Dividenden, Übergangsregelungen und Sanktionen werden eingeführt.

Aufgrund der obigen Regelungen ist folgender Ablauf zu erkennen, der sich über drei Jahre erstreckt:

1. Feststellung der Unterkapitalisierung bei Erstellung der Abschlüsse (z. B. für das Jahr ‘n‘);
2. Innerhalb von zwei Jahren: Einberufung der Gesellschafterversammlung, Mitteilung deren Beschlusses an das Finanzamt, Überwachung durch Steuerbehörde und Handelsregister, Maßnahmen zur Aufstockung des Eigenkapitals (Jahre n+1, n+2);
3. Im darauffolgenden Jahr (n+3):
• zum Jahresbeginn: Umwandlung von Schulden aus Gesellschafterdarlehen in Geschäftsanteile, wenn die Aufstockung des Aktivvermögens nicht erfolgt ist;
• nach 60 Tagen ab Ablauf der Einreichungsfrist für die Jahresabschlüsse: Befugnis der Steuerverwaltung zur Beantragung der Auflösung der Gesellschaft, wenn die Unterkapitalisierung fortbesteht.

Fazit

Laut Handelsregisterinformationen sind mehr als 270.000 Unternehmen (ca. 40 Prozent) von der Unterkapitalisierung betroffen. Die Notwendigkeit der obigen Maßnahmen wurde von den Behörden damit begründet, eine Unterkapitalisierung sei nicht langfristig fortzuführen. Es ist unseres Erachtens wahrscheinlich, dass die obigen Regelungen zumindest in einer ähnlichen Form verabschiedet und auch strenger als bisher angewandt werden. 
 


1www.senat.ro/legis/lista.aspx=
L493&an_cls=2019 
2 Art. 15324 des Gesellschaftsgesetzes (Gesetz 31/1990)