Åland: Zwischen Demilitarisierung und Nato

Die Situation der finnischen Åland-Inseln angesichts Putins Aggression

Die Region Ĺland auf der gleichnamigen Inselgruppe liegt in der nördlichen Ostsee am Eingang des Bottnischen Meerbusens. Ĺland ist circa 40 km von der schwedischen und 15 km von der finnischen Küste entfernt. Auf der Hauptinsel Fasta Ĺland leben etwa 90 Prozent der Einwohner.
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Die Inselgruppe besteht aus 6757 Inseln, von denen 60 bewohnt sind.

Autor Daniel Dahlen
Foto: Daniel Eriksson

Foto: Robert Jansson

Die autonomen Inseln von Ĺland, inmitten des baltischen Meeres gelegen, waren immer Teil des sicherheitspolitischen Systems der nordischen Staaten. Aus diesem Grund war Ĺland bereits seit 1856 ein demilitarisiertes und neutrales Territorium. Aber die Dinge haben sich verändert, und seit Russlands brutaler Aggression gegen die Ukraine wird die Demilitarisierung hinterfragt.

Im Laufe der Geschichte waren die Åland-Inseln wiederholt Ziel russischer Angriffe, und sich der russischen Präsenz bewusst. Während des 18. Jahrhunderts flohen die meisten Inselbewohner nach Schweden – vor den russischen Kosaken, die die Inseln bedrohten. Und während des 19. Jahrhunderts dienten fast 70 Prozent der Haushalte russischen Soldaten als Unterkunft. Der Kontakt mit der russischen Armee dauerte während des 20. Jahrhunderts fort, und im Ersten Weltkrieg festigte die Rote Armee ihre militärische Präsenz auf den Inseln, die während des Zweiten Weltkriegs anhielt, als viele Åland-Seefahrer auf See getötet wurden. Obwohl also die Åland-Inseln demilitarisiert sind und neutralen Status haben, waren sie im Laufe der Geschichte immer wieder Opfer russischer Aggression.

Demilitarisiert in der Nato?

Es war daher wenig überraschend, dass die Menschen auf den Inseln bestürzt waren, als Wladimir Putin die Ukraine angriff. Aufgewachsen mit dem Wissen, dass man sich der russischen Aggression bewusst sein muss, schienen die Dinge surreal, als etwas, das der Vergangenheit anzugehören schien, plötzlich wieder zur Wirklichkeit wurde. Die Geschichten, die Familien für Generationen weitererzählten, fanden ihren Weg in das 21. Jahrhundert, und der Krieg war auf einmal nicht mehr nur etwas, das auf Netflix passiert.

Zweifellos sehen die Ålander sich selbst als Menschen, die auf Inseln des Friedens leben, und sie sind stolz darauf, dass Åland ein neutrales und demilitarisiertes Gebiet ist. Daher ist die Überzeugung, dass diese Politik auch weiterhin verfolgt werden soll, sehr stark. Auf der anderen Seite finden die Menschen aber Trost darin, Teil eines größeren Ganzen zu sein, und wünschen sich, dass Åland und Finnland Teil der Nato würden. Die Menschen hätten daher gerne mehr Sicherheit, aber ohne dafür remilitarisiert zu werden.

Das Hauptziel ist es also, demilitarisiert unter der Nato-Flagge zu sein, und das ist machbar im Sinne der Hauptvereinbarungen, die die Demilitarisierung festlegten (1856, im Völkerbund 1921, später bestätigt im Pariser Friedensabkommen von 1947 sowie 1992). Auch umfasst die Nato derzeit bereits demilitarisierte Zonen, etwa Svalbard in Norwegen. Aber warum denken die Ålander, dass eine demilitarisierte Zone besser sei als über eine Armee zu verfügen?

Die Bedeutung des Konsulats

Das Pariser Friedensabkommen gab Russland die Möglichkeit, die Demilitarisierung zu beobachten, indem ein Konsulat auf den Inseln eingerichtet wurde. Das Hauptziel des Konsulats ist es auch weiterhin, die Demilitarisierung zu überwachen und sicherzustellen, dass weder Finnland noch ein anderes Land die Inselgruppe remilitarisiert. Und diese Aufgabe wurde von den Russen ernst genommen.

Die lokale Bevölkerung argumentiert daher, dass die Demilitarisierung das Archipel sicherer macht und so Russland nicht gedrängt wird, aktiv zu werden, selbst wenn Åland Teil der Nato wird. Sofern eben Åland nicht remilitarisiert wird.

Die Dinge können sich schnell verändern. Die Identität dieses Teiles von Skandinavien ist eng verbunden mit der Neutralität, und im Falle von Åland auch mit Demilitarisierung. Dies zu ändern bedeutet, auch einen Teil unserer Identität zu ändern, und das ist weitaus komplizierter als ein Nato-Beitritt. Aber nun sehen die Menschen auf die Nato und hoffen, dass der Beitritt mit Demilitarisierung kombiniert werden kann, und, im besten Fall, nicht dazu führt, dass Russland eingreift. Aber in einer Welt mit Wladimir Putins Terror kann für nichts garantiert werden, und die Dinge können sich schnell ändern. Daher müssen die Ålander einmal mehr aufmerksam und in Alarmbereitschaft sein. Wie schon so oft zuvor.


Ĺland (finnisch Ahvenanmaa), ist eine Region, die infolge einer Entscheidung des Völkerbundes 1921 als entmilitarisierte Zone zu Finnland gehört, aber ihre inneren Angelegenheiten weitgehend autonom verwaltet. Schwedisch ist Amtssprache, 2014 gaben über 88 Prozent der Bevölkerung Schwedisch als Muttersprache an. Bestimmte politische und wirtschaftliche Rechte stehen finnischen Staatsangehörigen nur begrenzt zu. Die Wirtschaft der Inseln wird vom Fremdenverkehr und dem Schiffsverkehr bestimmt, was durch steuerliche Sonderregelungen begünstigt wird.