Ästhetik und Gesundheit für die Zähne

Zahnspangen gelten als Statussymbol

Eine „Safir”-Zahnspange ist besonders bei Erwachsenen beliebt.

Viele Jugendliche tragen heutzutage Zahnspangen. Auch Erwachsene tun es. Und viele von ihnen scheinen sich richtig wohl mit dem Gerät im Mund zu fühlen. Das ist auch verständlich, denn die modernen Spangen sind schick und zaubern mit der Zeit ein perfektes Lächeln, zumindest werben die Zahnarztpraxen damit. Die Apparate gibt es mittler-weile in unzähligen Variationen, mit unterschiedlichen Farben, Formen, Modellen und Materialien.

Während vor 30-40 Jahren die „Zahnklammer“ noch als Drahtmonster galt und die Jugendlichen sich schämten, sie zu tragen, so haben sich die Brackets und Drähte im 21. Jahrhundert zum schicken Accessoire gemausert. Manche junge Leute tragen sie sogar nur als Schmuckstück. So auch Sängerin Madonna oder Popstar Katy Perry, die mit ungewöhnlichen goldenen Dekorationen im Mund Aufsehen erregt haben. Popsängerin Gwen Stefani trug schon Ende der 90er-Jahre eine Zahnspange, weil sie den Anblick so schön fand. Auch Magazine, wie beispielsweise das renommierte französische „CR Fashion Book“, haben diesen Trend gefördert. Bereits 2015 war ein weibliches Modell, das eine Zahnspange mit leuchtend blauen Metallplättchen trug, auf dem Cover zu sehen. Die Publikation dient als Inspiration für viele.

In Asien beispielsweise trägt man die Brackets, um zu zeigen, dass man Geld hat, denn diese können ganz schon teuer werden.

Eigentlicher Zweck

Dabei dient die Zahnspange eigentlich der schonenden Korrektur verschiedener Zahnfehlstellungen. Die Grundlage für die heute noch gebräuchliche festsitzende Spange (Brackets) wurde Ende des 19. Jahrhunderts vom US-amerikanischen Kieferorthopäden Edward H. Angle erfunden. Aus dieser Zeit stammt auch die erste herausnehmbare Dehnapparatur, die aus Kautschuk und Klavierdraht hergestellt wurde. Etwa 1920 wurde diese entwickelt. So entstand das erste System eines herausnehmbaren Geräts, das mittels geeigneter Halteklammern aus Drähten verschiedener Dicke auf Kiefer oder Zähne einwirkte.

Mit der Zeit und der Entwicklung von Kunststoffmaterialien wurden aktive Platten angefertigt, die preisgünstig und risikoarm waren. Desweiteren wurden Feder- und Schraub-Elemente entwickelt, welche Patienten die Möglichkeit boten, diese nach Anleitung selbst nachstellen zu können. Der sogenannte Aktivator, eine herausnehmbare Zahnspange aus Plastik und einigen Drahtelementen für Ober- und Unterkiefer in einem Stück, etablierte sich noch vor dem Zweiten Weltkrieg. Danach galt er als Inspiration für andere Geräte, wie beispielsweise dem Bionator (einem elastischen, offenen Aktivator), dem federnden Gebissformer, dem Universalgerät oder dem Funktionsregler.

Die langweiligen „Fressgitter“, wie sie früher genannt wurden, sind heute viel freundlicher. Dabei  spielen sowohl die hochwertigen Materialien, wie auch das Design eine Rolle. Besonders Kinder und Jugendliche, die derart Gestell nicht tragen wollen, können durch Farben oder Personalisieren des Objekts  überzeugt werden, sich dem doch zu fügen. Bei Modellen für Kinder können gewünschte Motive wie Mickey Mouse, Blumen, Sternchen oder Glitzer auf die Platte angebracht werden.

Wer braucht eine Spange?

Wer schiefe oder unregelmäßig stehende Zähne, einen Unter- oder Überbiss, eine nicht optimale Position der Kiefer zueinander hat, sollte, unabhängig vom Alter, den Kieferorthopäden aufsuchen. Wer keinen modischen Apparat will, sich aber trotzdem gerade Zähne für ein breites, ungeniertes Lächeln wünscht, hat es heutzutage nicht schwer. Die Auswahl ist riesig, alles hängt vom Budget ab. Gut auch mal über 2000 Euro kann die Behandlung für Ober- und Unterkiefer kosten, wenn die Spange schön bunt sein soll. Viel teurer wird es, wenn sie durchsichtig oder gar unsichtbar ist (weil sie auf der Rückseite der Zähne anmontiert ist). Ist dieses Problem gelöst, muss nur noch an der Geduld gearbeitet werden, denn die Behandlung kann von einigen Monaten bis zu drei Jahren dauern.

Die Vorteile sind jedoch nennenswert. Ein tolles Aussehen wirkt sich positiv auf das Selbstbewusstsein aus. Außerdem sinkt durch ein gesundes Gebiss das Risiko der Bildung von Zahnbelag und Karies, der Entstehung von Parodontose, sowie von frühem Zahnverlust. Auch Schluckbeschwerden oder Schwierigkeiten beim Kauen können durch die Regulierung der Zähne vermieden werden, was sich auch gut auf die Verdauung auswirkt. Durch die Behebung massiver Kieferfehlstellungen werden Migräne oder Verspannungen im Kiefergelenkbereich, im Gesicht oder im Nacken behoben. Das Warten scheint sich zu lohnen.

Meinungen

Die 13-jährige Alma kann es kaum erwarten, ihre bunte Spange zu bekommen. Sie hat sich die Farben ausgesucht, die jedes Bracket haben soll und ist stolz darauf, bald das modische (notwendige) Accessoire zu tragen, wie ihre beste Freundin Maria. Ihre Eltern haben als Kinder selbst eine Platte getragen, die absolut öde war, und wissen das moderne Design der neuen Geräte zu schätzen. „Es ist zwar teuer, aber wenigstens hat sie Freude daran, es zu tragen. Als Jugendliche musste ich mich ganze zwei Jahre lang schämen, mit dem Metallgestell im Mund herum zu laufen“, sagt ihre Mutter Ana.

Alma hält nichts von „unsichtbaren Zahnspangen“. Das transparente Schienensystem hat weder Klammern, noch Schrauben oder Brackets und wird vom Gesprächspartner in vielen Fällen nicht einmal wahrgenommen. Das ist Alma zu langweilig. Durchsichtige Brackets sind ihr auch zu ernst, die seien eher für Erwachsene, die elegant sein müssten. Ein unsichtbares Gerät, das auf der Rückseite der Zähne befestigt wird und tatsächlich unbemerkt bleibt, käme für sie auch nicht in Frage. Bestimmt auch für ihre Eltern nicht, denn so ein Teil kostet etwa 1500 Euro, zu dem man noch jeden einzelnen Arztbesuch hinzuaddieren muss.

Tim andererseits will auf keinen Fall eine Zahnspange tragen. Seine Mutter erpresst ihn, er hat Haus- und Internetverbot, wenn er dem Rat des Kieferorthopäden nicht folgt. Der Teenager ist aber besorgt, in der Schule ausgelacht zu werden, wenn er mit der „lächerlichen Spange“ erscheint. Außerdem macht er sich Sorgen darüber, dass er nach jeder Mahlzeit seine Zähne gründlich putzen muss. „Ohne Gerät bin ich doch viel cooler. Ich habe ja schon eine Freundin und will die auch behalten. Was wenn die dann nicht mehr mit mir gehen will, mich nicht mehr küssen will. Dann ist mein Leben vorbei“, meint er.

Cezara hat als 26-Jährige die Zahnspange bekommen. Eine anfängliche Parodontose und Zahnschmerzen haben sie zum Zahnarzt, danach zum Kieferorthopäden gebracht. Die Zähne hatten keinen Platz mehr im Mund, sodass je vier Backenzahn-Extraktionen auf jeder Seite folgten. „Es war in erster Linie ein gesundheitlicher Grund, nicht ein ästhetischer. Ich hatte kein Geld für ein schickes Gerät“, sagt sie. Die Anpassungsphase an den Fremdkörper in ihrem Mund hat gedauert, ebenso das Üben der spezifischen Mundhygiene mit einer speziellen Zahnbürste. Mit der Zeit hat sie auch keine Wundstellen mehr gehabt. Geschämt hat sie sich nicht unbedingt, sich mit der Metallspange im Mund erblicken zu lassen, sie hat aber dennoch etwas vorsichtig gelächelt. Aber letztendlich ist Cezara, die mittlerweile als Lehrerin tätig ist, mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Dass sie nun wieder richtig in einen Apfel beißen darf, findet sie herrlich. Und dass sie nicht nach jeder Mahlzeit die Essensreste zwischen den Brackets und Drähten heraussuchen muss, empfindet sie als Erleichterung.

Diana ist mittlerweile 41 und trägt ihren durchsichtigen, diskreten Apparat seit einem Jahr. Sie lächelt so selbstbewusst wie immer, amüsiert sich über manche ihrer Bekannten, die jedes Mal die Spange anstarren, wenn sie miteinander reden, statt ihr in die Augen zu schauen. Sie wollte schon immer ein Lächeln wie die Schauspieler in den amerikanischen Filmen haben. Nun hat sie ihren Traum erfüllt und ermutigt auch andere Erwachsene mit schiefen Zähnen, sich dieses Geschenk zu machen. Es sei nie zu spät! Das bestätigen auch die Zahnärzte, die für ein gesundes Gebiss plädieren. Dass für Menschen, bei denen das Wachstum im Kieferbereich bereits abgeschlossen ist, nur festsitzende, besonders widerstandsfähige Spangen zum Geraderücken unregelmäßiger Zähne angewendet werden können, ist klar. Es sei nicht so leicht wie bei Kindern, die auch mit herausnehmbaren Platten auskommen. Dafür aber können Erwachsene ein langjähriges Problem beheben, das vielleicht in der Kindheit oder im Jugendalter nicht behandelt wurde.