Albota und Michelsberg als Spielorte heilsamer Rückbesinnung

Eine Indie-Folk-Band hat ihr neues Video auf Deutsch, Ungarisch und Rumänisch gedreht

Frühjahrs-Kulisse des Fogarascher Gebirges auch für „Krampusz“ Zoltán J. Kadar, „Gregor“ Gergö Petri, Árpád Szekeres, Tamás Kis und „Mano“ Botond Ráduly (v.l.n.r.). Foto: Dora Babota-Iaszlo

Michelsberg/Hermannstadt – Pianist „Mano“ Botond Ráduly, Gitarrist „Gregor“ Gergö Petri, „Krampusz“ Zoltán J. Kadar (auch Gitarre), Schlagzeuger Árpád Szekeres und E-Bass-Spieler Tamás Kis heizen der U-Musik-Szene Rumäniens  seit erst zwei Jahren als siebenbürgische Band „Mano & Gregor“ so richtig ein. Landesweit dafür sind sie die erste Folk-Truppe in totaler Unabhängigkeit vom globalen Mainstream-Geschehen und Plattenmarkt, und der Erfolg ist ihnen quer durch gesamt Transsylvanien schon längst dicht auf den Fersen. So zwingend, dass „Mano & Gregor“ im August 2023 als Party-Gäste der Internationalen Sommerakademie für Bildende Künste unter Beteiligung Gabriela von Habsburgs als Dozentin am Kunsthaus 7B von Michelsberg/Cisnădioara ohne Wenn und Aber beschlossen, die seit 800 Jahren magisch anziehende Burg über dem Dorf nicht einfach links liegen lassen zu können. Ihr Youtube-Kanal zählt aktuell nach knapp zwei vollen Jahren Bandkarriere zwar nur fünf Clips, doch der Stoff, um den es „Gregor & Mano“ im Großen wie im Kleinen geht, ist von weltumspannender Stringenz: Nein zu Gewalt, Ja zu Freundlichkeit und Toleranz. Ein Lebensrezept also, dem auch Siebenbürgen weiterhin treu bleiben sollte. Ihr sechstes und neuestes Video haben „Gregor & Mano“ am vorletzten März-Wochenende gedreht – Freitag und Samstag auf dem 500 Hektar großen Gelände der Gaststätte, Forellenzucht-Spitzenadresse und Farm „Albota“ direkt vor der mächtigen Kulisse des verschneiten Fogarascher Gebirges/Munții Făgărașului, und am Palmsonntag-Morgen nach gregorianischem Kalender in der romanischen Basilika der mittelalterlichen Michelsberger Burg. Der drei Minuten lange Clip soll noch vor Ende April veröffentlicht werden und die Indie-Folk-Band wie ihr Publikum durch die Sommerfestivalsaison 2024 begleiten.
Der Grundgedanke hinter dem Videoclip, der nur noch geschnitten werden muss, ist einfach und diffizil zugleich. Gregor Petri, dessen biografische Wurzeln in Lechnitz/Lechința im Kreis Bistritz und im Nösnerland/Țara Năsăudului liegen, erstellt als Komponist, Texter und Produzent das Porträt eines siebenbürgisch-sächsischen sowie ob des ausbleibenden Erfolgs an sich selbst zweifelnden Künstlers, der drauf und dran ist, in den Freitod zu gehen. Im letztmöglichen Moment jedoch ereilt ihn eine Rückbesinnung auf die Vorzüge des ethnisch toleranten Miteinanders in Transsylvanien; seinen inneren Zwiespalt vermag er zwar nicht abzulegen, wird aber von einer Art Geistesblitz durchfahren, der ihn über die Notwendigkeit aufklärt, mit seinem Selbsthinterfragen zu leben, statt gegen es aufbegehren zu wollen. Auch die religiöse, die christliche Nuance im Drehbuch ist kein Zufallsmerkmal des bald zu erwartenden Clips, sondern ein Zugeständnis der darin Auftretenden an ihre angestammte Heimat. Und das klare Nein zu Gewalt gilt vor allem auch jener Gewalt, die man sich selbst in tief depressiver Lebenslage anzutun geneigt sein kann.

Was „Mano & Gregor“ in Kürze auf Youtube freischalten werden, hat seinen Realitätsbezug. Eines der fünf Bandmitglieder nämlich ist durch die Erfahrung gegangen, den Suizid des eigenen Vaters nicht verhindert haben zu können, und der an der Universität für Künste und Design Klausenburg/Cluj-Napoca studierte Könner Daniel David Bandi, der sich während der Dreharbeiten mit Haut und Haar in die Hauptrolle warf, verdient seinen Lebensunterhalt im richtigen Leben aus der Not heraus als Vollzeitarbeitnehmer in den Stallungen der Farm „Albota“. Im Youtube-Videoclip zu sehen sein dürfte auch die hölzerne Skulptur, die Daniel David Bandi aus einem sperrigen Baumstamm-Klotz geschaffen hat. Immer besteht die Option, Totgeglaubtes wiederzubeleben, wenn auch anders. Und es ist „wichtig, Suizid-Anzeichen bei anderen Leuten ernstzunehmen und ihnen tolerant zu begegnen. Psychische Krankheitsbilder sind genauso seriös wie Krebs und ähnlich harte physische Krankheiten zu werten“, fordern „Mano & Gregor“, sich kritisch auf Rumänien beziehend. „Es kann jedem passieren.“

Für die Dreharbeiten in der Basilika der Michelsberger Burg wurde gar auch die Skulptur „Radial“ (1994) Gabriela von Habsburgs aus dem siebenbürgisch-sächsischen Pfarrgarten den steilen Berg hoch geschleppt, und auf dem Set hörte alles auf die Anweisungen von Regisseurin Lila Szekeres aus Klausenburg. Geduldigst mit von der Partie waren ein Kameramann und sein Assistent aus Budapest, die ihre Reisekosten niemand in Rechnung stellten, den Poetry-Slam im Scheinwerferlicht wiederholte Lena Chilari (Jahrgang 1995) aus der Republik Moldau vor der Kamera so oft, bis Lila Szekeres zufrieden war, und zu guter Letzt bestätigte Michelsbergs Kunsthaus-Kurator Thomas Emmerling, das Videoclip-Drehen hätte „die Aufgabe des Künstlers in der Gesellschaft“ markiert und die Trennung zwischen Musik und bildender Kunst aufgehoben. „Exklusivität ist nicht so unser Ding“, hatte Gitarrist „Krampusz“ Zoltán J. Kadar bereits vo-rausgeschickt. Das der Grund, weswegen Unternehmer Martin Müller als Eigentümer von „Albota“ und seine GmbH Solutions for Business keine Sekunde lang zögerten, den neuen Clip der Indie-Folk-Band „Mano & Gregor“ großzügigst zu fördern. Mitgeholfen hat auch die Bäckerei der NGO „Concordia“ aus Ploie{ti. „Als wir 2023 im Bánffy-Palais in Klausenburg den Ehrenamt-Clip gedreht haben, waren vor Ort 26 NGO´s vertreten, und mit 50 hatten wir zuvor im Kontakt gestanden“, sagte „Krampusz“ Zoltán J. Kadar in Michelsberg.