Auf Lösungskurs für die Klimakrise

Rumäniens Chance: Gezielt Investoren für grüne Technologien einladen

Symbolfoto: pixabay.com

Mit der Coronavirus-Krise beginnen viele Menschen, das globale Wirtschaftssystem in Frage zu stellen. Selbst Bürger in privilegierten Ländern sind jetzt bereit, ihr Konsumverhalten zu überdenken. Denn eines ist klar: Der Virus ist die Antwort auf den aggressiven Druck des Menschen gegen die Natur. Wir müssen lernen, nachhaltiger und mit der Natur zu leben – und endlich handeln. Einen Beitrag zum Umdenken in diesem Sinne leistet die Veranstaltungsreihe der Friedrich Ebert Stiftung (FES) „Nachhaltiges Rumänien“. Auf der Online-Diskussion vom 11. September ging es um die Frage, wie das Konzept für „grünes Wachstum“ in der Zeit nach Covid-19 überdacht und schneller umgesetzt werden könnte – auch in Rumänien. Gastvortragender war Joachim Delventhal von der Kopenhagen Business School, der ein paar interessante Ansätze vermittelte.

Das Wort Krise kommt aus dem Griechischen und bedeutet gleichzeitig Chance. Die Chance, jenseits symbolischer Formulierungen die Dinge wahrhaftig zu überdenken: Das Bewusstmachen der Risiken in Bezug auf den Klimawandel ist nur eine der Herausforderungen.

Auf der Suche nach neuen Chancen kann auch Rumänien von den Folgen der Krise profitieren und eine Schlüsselrolle im Überdenken des Konzeptes zum grünen Wachstum übernehmen, provozieren die Veranstalter. Warum ist dafür jetzt die Gelegenheit gut? Weil wir – im Gegensatz zum Klimawandel – die Auswirkungen der Corona-Krise am eigenen Leib verspüren. Rumänien verfüge außerdem über interessante Ressourcen für Investoren in grüne Technologie, Chancen für ökologische Landwirtschaft, humanes und natürliches Potenzial für eine grünere Wirtschaft, meint Delventhal.

Doch was behinderte ein solches Umdenken bisher? Das Konzept für eine nachhaltigere grüne Entwicklung basiert auf drei Pfeilern, erklärt der Experte: einem sozialen, einem ökologischen und einem wirtschaftlichen. In den Diskussionen drehen sich die Argumentationen stets um den dritten Pfeiler. Tatsächlich seien jedoch nur die ersten beiden wichtig – der dritte nur Mittel zum Zweck!

Vom Wer zum Wie und Wir

Auch die Frage nach der Verantwortung behindert eine solche Entwicklung. Kollektive Verantwortung führt nirgendwohin, erst recht nicht das Verweisen auf andere: Lobbys, Politiker, die Industrie. Denn was passiert, wenn man jemand anderen verantwortlich macht? Er zieht sich zurück! Provoziert man ihn hingegen zum Umdenken, zur Suche nach Chancen, wird er als Gesprächspartner zu einer Rhetorik motiviert, die ihn he-rausfordert, als Teil der Lösung zu agieren.

Nur die Selbstverantwortung könne eine Änderung herbeiführen, meint Delventhal. Unternehmerische Verantwortung, einmal als Wert angenommen, führt zu fortlaufenden Diskussionen, was man besser machen und mit wem man sich dafür zusammenschließen könnte – Politiker, Financiers, NGOs. Aber auch, wie man diese Einstellung nach außen hin vertritt und andere sensibilisiert. Statt der Frage, WER muss etwas ändern, heißt es jetzt: WIE können WIR etwas ändern!

Woher das Geld?

Die Transformation auf grüne Technologien kostet Geld. Doch es ist ein Irrglaube, dass es daran mangelt! Bereits im Artikel vom 25. September „Im Klimawandel jetzt die Notbremse ziehen“ wurde am Beispiel Luftverschmutzung vorgerechnet, dass durch die Umstellung auf saubere Technologien an anderer Seite um ein Vielfaches eingespart würde – durch die Vermeidung vorzeitiger Tode, Krankenhausbehandlungen, Arbeitsausfall. Die Umstellung, mittlerweile technisch möglich, bringt also finanzielle Vorteile – es nicht zu tun, käme einem Krieg oder Völkermord gleich, so der dort zitierte US-Wissenschaftler Drew Shindell. Shindell erklärt auch, dass sich die Transformation auf saubere Energien für ein Land wie die USA selbst im Alleingang lohnen würde. Zwar hätte dies keinen nennenswerten Einfluss auf das globale Klima, doch die Vorteile der Verbesserung der Atemluft würden trotzdem greifen.

Auch Delventhal meint, das Geld für die Umstellung auf klimafreundliche Technologien sei vorhanden. Es müsse nur entsprechend kanalisiert werden! Hierfür schlägt er vor, Pensions- und Investmentfonds zu überzeugen, in grüne Technologien statt fossile Brennstoffe zu investieren.

Wegen der großen und langfristigen Vermögensansammlung sind Pensionsfonds bedeutende Kapitalanleger auf den internationalen Kapitalmärkten. Schätzungen von Morgan Stanley (zitiert im „Economist“ Anfang 2008) zufolge halten Pensionsfonds weltweit Werte von 20 Billionen Dollar in Anlagen und übertrafen damit alle anderen Investoren wie Versicherungen, Währungsreserven, Hedge-Fonds und Vermögensanlagen. Und staatlich garantierte, privat finanzierte Pensionsfonds, so Delventhal, seien besonders empfänglich für den Druck seitens der Bevölkerung.

Investition in eine sichere Zukunft

Pensionsfonds seien leicht zu motivieren, in klimafreundliche Projekte zu investieren. In Dänemark, wo dies tatsächlich in größerem Umfang geschieht, sind die Mitglieder im Vorstand organisiert und nehmen Einfluss auf die Entscheidungen. „Was Pensionsfonds verkaufen, ist eine sichere Zukunft – Klimaprobleme aber bedeuten Unsicherheit“, motiviert der Experte.

Auch der Staat oder die Rumänische Nationalbank könnten Druck machen, etwa mit der Forderung, dass ein bestimmter Teil der Investitionen von Pensionsfonds in grüne Technologie erfolgen müsse.

Dieses Thema könnte auch in die öffentliche Debatte aufgenommen werden. „Einige Fonds haben Investitionen in fossile Brennstoffe bereits komplett aufgegeben und die Idee sicherer, zukunftsträchtiger Investitionen angenommen“, verrät Delventhal. Der Aktienmarkt in den USA zeigt, dass nachhaltige Portfolios mittlerweile genauso gut oder sogar besser dastehen, meint dieser weiter. „Und: Unternehmen, die über Nachhaltigkeit nachdenken, funktionieren besser.“

Auch das Thema Arbeitsplätze gehört in diese Diskussion. Grüne Energien schaffen Jobs, etwa im Bereich Biomasse-Kulturen, und bringen neues Knowhow ins Land. Auch die meist erforderliche Ko-operation mit lokalen Universitäten und Experten bringt beiden Seiten Vorteile.

Gute Chancen für Rumänien

Chancen für gewinnbringende Investitionen gäbe es in Ländern wie z. B. Südafrika, wo extreme Windgeschwindigkeiten die Einrichtung von großangelegten Windparks nahe legen. Aber auch Rumänien könnte ein lohnenswertes Ziel sein. „Ich sprach mit Vertretern eines Investmentfonds in Dänemark über die Möglichkeiten in Rumänien – und sie waren fasziniert“, verrät Delventhal. „Denn zuhause gibt es keine großen Projekte mehr, in die man investieren könnte.“

Außerdem sei es leichter, in Ländern zu investieren, die noch nicht viel grüne Technologie haben. „Bringt man solche Projekte nach Deutschland, ist die Konkurrenz extrem hoch.“ Was Investoren allerdings an Drittweltländern oft zurückhält, sei die hohe Korruption. Doch Rumänien hätte als EU-Land eine interessante Position, meint Delventhal und rät, proaktiv die richtigen Investoren einzuladen – und selektiver zu sein.