Buchtipp der Woche

„Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ von Tracy Chevalier

Tracy Chevalier hat Vermeers berühmtem Bild "Mädchen mit Perlenohrring" eine Entstehungsgeschichte angedichtet, die über verbotene Liebe, Kunst und Schaffen erzählt. Erfunden hat Chevalier die Geschichte beim Betrachten des Bildes: "Ich betrachtete das Bild des Mädchens und dachte: Was hat Vermeer nur getan, um sie zur selben Zeit so glücklich und so traurig aussehen zu lassen?"

In der holländischen Stadt Delft des 17. Jahrhunderts wird die 17-jährige Griet als Dienstmagd im Haushalt des bekannten Künstlers angestellt. Harte Arbeit prägt ihren Alltag. Und doch erledigt sie ihre Aufgaben mit Takt, Liebe und Einfachheit. Hinzukommen aber die Eifersuchtsattacken von Vermeers Frau, die in der hübschen Magd eine Konkurrentin vermutet. Einzig die heimlichen Aufenthalte in Vermeers Atelier sind ein Lichtblick: Hier entdeckt Griet ihr Talent für Kunst, sie steht dem Maler bei, beobachtet ihn bei der Arbeit, mischt seine Farben und ordnet seine Objekte zu herrlichen Tableaus.

Still und doch leidenschaftlich entwickelt sich mit der Zeit eine verwirrende Verbindung zwischen den Beiden. Immer häufiger kommt es vor, dass der Blick des Künstlers auf Griet ruht. Es ist viel der Blick des Malers, der die Schönheit und Einfachheit in seinem Gemälde für immer erfassen will. "Bleib so", unterbricht er sie oder manchmal "beweg dich nicht." Dabei schafft die amerikanische Schriftstellerin Tracy Chevalier keine Liebe der großen Worte. Es sind die Nähe, die Stille und das Unaussprechliche, die die Beiden immer enger aneinander bindet. Die Beziehung wächst, zaghaft und doch mit unterschwelliger Leidenschaft. Vermeer beginnt, Griet heimlich zu malen, und unter seinen Händen nimmt ein Bild Gestalt an, dessen Sogwirkung er sich selbst kaum noch entziehen kann. Als er Griet bittet, einen Perlenohrring anzulegen, beschwört das eine Katastrophe herauf, die ungeahnte Folgen hat. Ein Hauch von Melancholie prägt den Roman, es ist aber die bittersüße Art, die dem Leser ein trauriges und doch angenehmes Lesegefühl verleiht.

Obwohl Jan Vermeer van Delft einer der bekanntesten holländischen Maler des Barock ist, ist über sein Leben wenig bekannt. Er wurde am 31. Oktober 1632 in Delft getauft und am 15. Dezember 1675 in Delft beerdigt, war verheiratet und hatte elf Kinder. Bis heute ist nicht bekannt, wer die porträtierte Frau ist.