Bunte Masken, fröhliche Kindergesichter

Deutscher Nikolaus-Lenau-Kindergarten beging Faschingsfest

Fasching im Nikolaus-Lenau-Kindergarten: Nicht nur die Kinder, sondern auch die Erzieherinnen schlüpften in unterschiedliche Karnevalskostüme. Foto: die Verfasserin

Es ist kurz vor 9 Uhr und im deutschen Nikolaus-Lenau-
Kindergarten in Temeswar/Timișoara erklingt lustige Musik. Die meisten Kinder sind schon in ihren Gruppen und spielen miteinander. Im Flur stehen einige Erzieherinnen und Helferinnen, ja, sogar die Buchhalterin hat Rechnungen und Papiere für kurze Zeit beiseite gelegt, um die Kinder zu begrüßen und ihre Outfits zu bewundern. Heute ist nämlich ein ganz spezieller Tag im Nikolaus-Lenau-Kindergarten: Das traditionelle Faschingsfest steht auf dem Programm und dafür hat sich jedes Kind ein Kostüm seiner Wahl entweder ausgesucht, oder – mit Hilfe von Eltern und Großeltern – sogar selbst gebastelt. Fasching ist eines der deutschen/katholischen Feste, die Temeswars deutscher Kindergarten jedes Jahr veranstaltet. Ein besonderer Tag für Kinder und Personal zugleich.

„Ich kann mich an das Faschingsfest meiner Kindheit in Guttenbrunn/Zăbrani erinnern. Das war ein großes Fest, es gab einen Maskenumzug mit Musik durch die Gemeinde“, sagt die Leiterin des Nikolaus-Lenau-Kindergartens, Cecilia Bundău. „Es war wunderbar damals, als ich noch ein Kind war“, schwärmt sie. Ein Fest das sie jedes Jahr miterleben darf. „Es macht mir viel Spaß. Nicht nur mir, sondern auch den Kindern. Von allen Festen, die wir feiern, ist Fasching das beliebteste“, fügt sie hinzu. Die Direktorin des Nikolaus-Lenau-Kindergartens ist heute in ein Indianerkostüm geschlüpft, das von allen Kindern bewundert wird. Es ist der 22. Februar und ausnahmsweise dürfen beim diesjährigen Faschingsfest auch andere kurz vorbeischauen. Der staatliche Kindergarten in Domplatznähe organisiert nämlich den Tag der offenen Tür, um die Besucher für den Kindergarten zu begeistern. Bei soviel Freude und guter Unterhaltung mag das nicht sehr schwer fallen.

Der deutsche Nikolaus-Lenau-Kindergarten ist in einem historischen Gebäude in der Innenstadt in Betrieb. Dazu gehört auch der Franz-Lukas-Kindergarten in der Elisabethstadt, wo die Unterrichtssprache ebenfalls die deutsche ist. Ungefähr 300 Kinder besuchen beide Einrichtungen, die Mehrheit der Kinder genießt ein Ganztagsprogramm, das auch die Möglichkeit eines Nachmittagsschlafs bietet. Sieben Gruppen, betreut von insgesamt 14 Erzieherinnen, sind im Lenau-Kindergarten untergebracht – der Franz-Lukas-Kindergarten umfasst vier Gruppen, um die sich acht Erzieherinnen kümmern. Die meisten Kinder essen und schlafen zu Mittag im Kindergarten und werden nachmittags von ihren Eltern abgeholt. Einige gehen schon nach dem Mittagessen nach Hause – sie haben sich bewusst für das kurze Programm entschieden oder aber sie haben keinen Schlafplatz mehr bekommen.

Westrumäniens größter staatlicher Kindergarten in deutscher Sprache ist eine Einrichtung, die nicht viel Werbung braucht: Schließlich sind sich der Vorteile des Könnens einer europäischen Sprache, wie es die deutsche ist, immer mehr Eltern bewusst „99 Prozent der Eltern sind hochbegeistert darüber, dass den Kindern nicht nur die deutsche Sprache, sondern auch die deutschen Traditionen vermittelt werden“, sagt Direktorin Cecilia Bundău. Mit rumänischsprachigen Kindern zu arbeiten sei nicht leicht, schließlich müssten die Erzieherinnen in den kleinen Gruppen vieles auch ins Rumänische übersetzen, sagt sie. Doch das läuft mittlerweile sehr gut, weiß die Kindergartenleiterin. „Es ist schade, wenn die Eltern, die Deutsch können, nicht auch mit ihren Kindern deutsch reden. Wir ermutigen sie dann immer wieder dazu“, sagt Cecilia Bundău. „Bis die Kinder zur Schule gehen, verstehen die meisten fast alles auf Deutsch und können sich auf Deutsch unterhalten“, sagt sie. Den deutschen Kindergarten darf jeder besuchen, allerdings haben Deutschstämmige ein Vortrittsrecht. Die Plätze werden infolge eines Auswahlverfahrens verteilt. Einen Vorsprung bei der Einschreibung haben auch die Kinder von Eltern, die deutsche Schulen besucht haben.

Beim Tag der offenen Tür bieten die Erzieherinnen einen kleinen Rundgang durch den Kindergarten an. Klara Stoin ist – wie sie es selbst behauptet – schon ein halbes Leben Erzieherin, seit 22 Jahren also, und seit 2007 am deutschen Nikolaus-Lenau-Kindergarten tätig. „Wir hatten Pikachus, Ninjagos, Prinzessinnen, Feuerwehrmänner, eine Giraffe und einen Tiger, einen selbstgemachten Supermario und viele andere Masken in der Gruppe. Es gab viel Lärm, viel Spaß, Tanzen und Krapfen-Essen, wie es sich beim Fasching gehört“, sagt sie. „In letzter Zeit ist es nicht einmal mehr so schwierig, den Kindern die deutsche Sprache zu vermitteln. Es kommen nämlich Kinder, deren Eltern Absolventen der Lenau-Schule sind und die schon einige Kenntnisse besitzen. Sinn des Kindergartens ist aber in erster Linie das Sozialisieren mit den anderen“, sagt sie. „Wir vermitteln ihnen nicht nur die Sprache, sondern auch das Deutschtum“, fügt sie hinzu. Deutsche Feste wie das Erntedank- oder Sanktmartinsfest, ein Nikolaus- und ein Weihnachtsfest gehören jedes Jahr dazu, außerdem bauen die Kinder ein Osternest zu den katholischen Ostern.

Um den rumänischen Kindern die deutsche Sprache beizubringen, benutzen Erzieherinnen einiges an Tricks. „Erstens tun wir das mit Händen und Füßen, also mit viel Mimik“, erklärt Klara Stoin. „Die Kinder dürfen sich aber auch gegenseitig helfen, sie dürfen bei den Tätigkeiten generell untereinander sprechen. Alles wird vorgezeigt, gedeutet, wiederholt usw. In drei Jahren sind die meisten Kinder in der Regel schon soweit, dass sie sogar manche Wortspiele verstehen“, sagt sie und gibt als Beispiel die Wortwendung „Auf Nimmerwiedersehen“ an.

Auch Erzieherin Liane Grauvogel ist seit elf Jahren darum bemüht, den Kindergartenkindern einiges mit auf ihrem Lebensweg zu geben. In diesem Jahr betreut sie die mittlere Gruppe am Nikolaus-Lenau-Kindergarten. „Um den Beruf einer Erzieherin aus-üben zu können braucht man sehr viel Liebe für Kinder. Man muss den ganzen Tag eine Art Clown sein, eine Neigung für diesen Beruf haben, viel improvisieren, in Rollen schlüpfen usw. Man muss sich als erwachsener Mensch in das Alter der Kinder hineinversetzen können“, sagt die aus Gottlob stammende Banater Schwäbin. „Schwowisch ist meine Muttersprache“, fügt sie lächelnd hinzu. Besonders glücklich sei sie gewesen, als sie eines Tages vom kleinen Matthias folgende Worte zu hören bekam: „Ter Polizei-Batschi steht am Ecke“. Dass kleine Kinder in der Stadt noch „Schwowisch“ können, sei eine Seltenheit, weiß Liane Grauvogl.

Dass aber das Hochdeutsche immer beliebter bei den Rumänen ist, ist Realität in Temeswar und darüber hinaus. Nicht umsonst zeigen sich immer mehr Eltern daran interessiert, ihren Kindern die deutsche Sprache beibringen zu wollen. Im deutschen Nikolaus-Lenau-Kindergarten können die Grundsteine dafür gelegt werden.