Das Sommerfestival vor Schulanfang

Der Turm aus Stein und der Turm aus Plastik

Animation für gute Stimmung | Fotos: der Verfasser

Ein letzter Blick ins Innere des Turmes...

...und dann gehts rasant runter am Seil!

„Sich regen bringt Segen“, kann man von den 50 Mitarbeitern und Leitern des Jugendwerkes sagen, welche den 13. Jugendtag vorbereitet haben, der von 1. bis 3. September 2022 im Jugendzentrum Bekokten/Bărcuț etwa 140 Leute anlockte. „Regen bringt Segen“ könnte man den Spruch umformulieren, denn an diesem Wochenende gab es durchgängig Regenwetter. Kann dieses auch zum Segen werden? 

Als am Donnerstag in Bekokten der Regen anfängt, stehen meine festen Wanderschuhe daheim im Warmen und langweilen sich. So stelle ich es mir wenigstens vor, während ich durch das Gelände der Kirchenburg in meinen wasserdurchlässigen Schuhen schlendere. Wie viele andere habe ich den Wetterbericht zuvor nicht gelesen, so dass ich in den nächsten drei Tagen meine Akrobatikkünste verfeinern muss, um nicht auszurutschen. Ich erwarte eine gedrückte Stimmung, da viele der Angebote für gutes Wetter geplant worden sind und Unsicherheit aufzukommen droht.

Doch nichts desgleichen geschieht. In den Vorbereitungstagen blicke ich in strahlende Gesichter. Man ist mehr als nur ein Mitarbeiter, man ist Teil einer Gruppe, die im Matsch herumstampft und motiviert ist von Freude und Neugierde.

Langsam füllt sich die Kirchenburg mit den ersten Teilnehmern, während letzte Vorkehrungen getroffen werden. Die einen sind beim Bierkistenklettern an der Turmwand, andere lassen sich von oben wieder abseilen, man hört die Bälle auf den Tischtennisplatten, und immer wieder Freudenrufe, wenn zwei sich nach längerer Zeit wiedersehen und sich überschwänglich umarmen. 

Exakt um vier Uhr nachmittags startet dann der Countdown mit allen im großen Zelt. Die Band steht auf der Bühne und beginnt mit einer Punktlandung am Ende des Countdowns mit dem ersten Song „This is amazing grace“. Alle Teilnehmer, die vor einem Monat noch im Sommercamp dabei waren, singen sofort mit. Von der ersten Minute an herrscht eine großartige Stimmung. Jetzt sind wir alle da, jetzt geht es ab! 

Ich denke an meine Wanderschuhe und schmunzele, weil es mir egal ist, dass ich sie vergessen habe. Wir haben einen Ort geschaffen, an dem es unwichtig ist, wo du herkommst oder welche Schuhe du trägst. Ich lache über meinen eigenen Fauxpas und spiele mit den Teilnehmern im Nieselregen Spikeball, ein Spiel, welches ich beim Jugendwerk kennengelernt habe. Es ist egal, wenn man ausrutscht und im Schlamm dreckig wird. Man lebt den Moment und hat Spaß. Die Tage über habe ich einen Ohrwurm vom Refrain eines Liedes der Wiseguys: „Jetzt ist Sommer, egal ob man schwitzt oder friert, Sommer ist, was in deinem Kopf passiert.“ Und ja, da passiert gerade wirklich etwas im Kopf, durch Spiel und Spaß, Gespräche und die Inputs im großen Zelt.

Umgeben von Musik und Tanz gibt es vier Imputs, welche jeweils auf einen Aspekt des Themas „Gestern, Heute, Morgen und für Immer“ eingehen. Man setzt sich mit seiner eigenen Geschichte, der Frage nach dem Hier und Jetzt und den Ideen der Zukunft auseinander. Es ist nicht schwer erkennbar, dass sich in vielen Gesichtern eine Erkenntnis breitmacht. Es gibt mehr als das, was wir sehen, hören, riechen und schmecken, es ist nicht ertastbar und dennoch spürbar. Jemand, der die Antwort auf den Hashtag #wheretogo des Jugendtags gibt. 

Eine Neuheit dieses Jahres ist, dass wir mit Gott nicht nur über Musik und Sprache kommunizieren können, sondern auch durch Tanz. Mit Rahel Schwarz aus der Schweiz und einer Gruppe von Mitarbeitern, welche auf hohem Niveau Musik aus dem Hip-Hop-Genre choreographiert haben, kam eine komplett neue Perspektive auf – die Suche und das Finden von Gott mit dem gesamten Körper. Für mich war es eine Offenbarung.

Fast eine Offenbarung sind auch die warmen Waffeln im Jugendcafé. Hier kann man sich in einen Sessel fallen lassen, Gespräche führen, das rege Miteinander in Ruhe beobachten oder der Live-Musik zuhören, wobei es schwer fällt, nicht mitzusummen oder mitzusingen. 

Alles ist vorbereitet für den Höhepunkt des Sommerfestivals, das Konzert am Freitagabend. Alle warten auf Chris und Ronja Halmen, welche die Zuhörer schon in kürzester Zeit begeistern. Es wird getanzt, spontan entstehen Choreografien für die Refrains – der Abend wird allen Ansprüchen eines Festivals gerecht. Als die Jugendtagsband die Bühne besteigt, übertrifft es alle Erwartungen. Die Bänke sind nahezu leer, weil alle vorne singen und tanzen. Beim Singen wird mir klar, dass ich solch ein Konzert noch nie erlebt habe. Außerhalb des Zeltes regnet es, aber im Zelt ist Sonnenschein. Es ist eine gewaltige Stimmung, die Band spielt wie auf einem großen Festival in Klausenburg oder am Meer.

Auch für die älteren Mitarbeiter ist klar – so einen Jugendtag wie diesen haben sie noch nie erlebt. Diese Stimmung hält auch am nächsten Morgen an, welcher mit dem Gottesdienst als letztem Programmpunkt des Jugendtags endet. Jedem ist bewusst, dass am Abend zuvor etwas geschehen ist, was in der Lebenserinnerung bleiben wird. Und dass da Jemand dabei gewesen ist, an dem etliche wie ich zuvor gezweifelt haben. Eigentlich müsste ich meine Schuhe nach diesem Ereignis wegwerfen. Aber ich will es nicht, weil sie mich an die vielen Momente erinnern, die ich in so kurzer Zeit erlebt habe. Als der Regen abzieht und die Sonne die Wolkendecke durchbricht, sind alle Teilnehmer schon wieder auf dem Weg nach Hause. Jeder mit der Erinnerung an ein Gefühl, welches die bestmögliche Antwort auf die Frage des Wohin –  #wheretogo – gibt.

Ein Dank sei an dieser Stelle auch den beiden Jugendreferenten ausgesprochen, welche den Jugendtag verantwortet haben: Alex Arhire und Cristina Arvay. Desgleichen wollen wir nicht der großen Förderer vergessen, ohne welche wir die Rechnungen nicht bezahlen könnten: der Deutschen Botschaft Bukarest, dem Bundesland Kärnten, dem Gustav Adolf Werk Leipzig, dem Martin Luther Bund Erlangen und mehreren Kirchengemeinden und Kirchenbezirken unserer Evangelischen Kirche.