„Das war für mich der Beginn einer andauernden Verbindung zu Rumänien, die nie abriss“

Ein Interview mit Philipp Palm, dem neuen ifa-Kulturmanager in Sathmar und Oberwischau

Philipp Palm plant bereits mit viel Elan interessante Projektvorhaben für seine Gastinstitutionen in Sathmar und Oberwischau. Foto: Harry Schnitger/ifa

Beim Besuch einer Roma-Familie im Rahmen der Akademiewoche konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, darunter Philipp Palm,auch traditionelle Kleidung der Roma anprobieren. Foto: Diana Văcar

Philipp Palm wuchs in Mülheim an der Ruhr auf und machte zunächst an der Hochschule Heilbronn seinen Bachelor in Internationaler Betriebswirtschaft und Interkulturellen Studien (IBIS). Schon während des Bachelorstudiengangs erwarb er erste Erfahrungen in Osteuropa durch ein Auslandssemester in St. Petersburg. Im Anschluss folgte der Studiengang Nonprofit Management und Public Governance an den Hochschulen für Wirtschaft und Recht (HWR) sowie Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin, den er mit dem Master abschloss. Nach dem Studium sammelte er u. a. erste berufliche Auslandserfahrungen als Sprachassistent des Goethe-Instituts. In dieser Funktion arbeitete er neun Monate lang in digitaler Form in Russland und ebenfalls neun Monate vor Ort in Kirgisistan. Bereits vor über einem Jahrzehnt ergaben sich die ersten Berührungspunkte mit Rumänien und der deutschen Minderheit. Die Erlebnisse und Kontakte führten ihn von da an öfters ins Land. Anfang September trat Philipp Palm seine Stelle als Kulturmanager für das Institut für Auslandsbeziehungen bei den Gastinstitutionen Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Sathmar und Oberwischau sowie für den Kulturverband Sathmarense an. Über seine ersten Erfahrungen, Tätigkeitsschwerpunkte sowie geplante Projekte sprach er mit ADZ-Redakteur Arthur Glaser.

Herr Palm, Sie sind nun schon seit knapp zwei Monaten als Kulturmanager für das Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) in  Sathmar und Oberwischau tätig. Wie haben Sie diese ersten Monate im neuen Job empfunden?

Kurz gesagt: sehr positiv. Ich fühle mich rundum wohl in der neuen Stadt, mit dem neuen Arbeitsplatz und auch mit den Inhalten meiner Position als ifa-Kulturmanager. Bislang habe ich mich am Demokratischen Forum der Deutschen (DFD) in Sathmar vor allem eingearbeitet und die Menschen hinter der Organisation kennengelernt. Ich merke, dass es wichtig ist, die Strukturen der deutschen Minderheit in Rumänien zu verstehen und freue mich darauf, die vielen Ideen für Tätigkeiten bald in konkrete Projekte umzusetzen.

Sie hatten ja bereits mehrere Berührungspunkte mit Rumänien. Wie kommt man dazu, sich für eine derartige Stelle beim ifa und auch für die Entsendeorte Sathmar und Oberwischau im Nordwesten Rumäniens zu entscheiden?

Ich hatte bereits 2010 das Glück und die Courage, für mich gute Entscheidungen zu treffen, und bin  direkt nach meinem Schulabschluss mit der deutschen Minderheit in Rumänien in Kontakt gekommen. Damals war ich fasziniert davon, dass Menschen in einem rumänischen Dorf, weit entfernt von Deutschland, in ihrer Muttersprache mit mir auf Deutsch sprechen. Das war für mich der Beginn einer andauernden Verbindung zu Rumänien, die über die Jahre durch weitere Besuche und persönliche Begegnungen nie abriss.

Im Sommer 2022 habe ich dann den Wunsch verspürt, eine längere Zeit in Rumänien zu verbringen, und über eine Bekannte – die selbst Siebenbürger Sächsin ist – von den Möglichkeiten beim ifa und der Arbeit mit der Deutschen Minderheit gehört. Nach guten Erfahrungen aus der Arbeit mit der Deutschen Minderheit in vorherigen Berufsstationen habe ich mich kurzentschlossen auf die einzige freie Stelle in Rumänien, in Sathmar und Oberwischau, beworben und mich schließlich ebenso kurzentschlossen für die Zusage entschieden.

Was sind Ihre Tätigkeitsbereiche als Kulturmanager bei den Gastinstitutionen?

Als Kulturmanager des ifa bringe ich an den Einsatzorten Sathmar und Oberwischau in meiner Gastorganisation, dem DFD, meine Ideen für Jugend-, Kultur- und Bildungsprojekte ein und setze diese gemeinsam mit der Organisation um.

Zudem fördere ich den interethnischen Dialog mit besonderem Schwerpunkt im Bereich Jugend. In der Praxis werde ich insbesondere lokale und internationale Projekte mit den Jugendlichen vor Ort durchführen und in Oberwischau sicherlich auch mit der älteren Generation arbeiten – beispielsweise im Austausch mit Schülerinnen und Schülern.

Sie arbeiten in diesem Entsendejahr für mehrere Gastinstitutionen an zwei Orten. Wie stellt sich die Aufteilung konkret dar?

Von Sathmar, wo ich meinen festen Wohnsitz habe und wo 75 Prozent meines Einsatzes geplant sind, ist es nicht gerade ein Katzensprung nach Oberwischau, wo ich zu 25 Prozent eingesetzt werde. Bei einer Anreise von mindestens drei Stunden will die Aufteilung zwischen den beiden Arbeitsorten in der Tat gut geplant sein. Oberwischau ist erstmalig Teil des ifa-Entsendeprogramms, wodurch wir einfach ein bisschen ausprobieren müssen, was gut funktioniert.

Möglich wäre etwa das Modell, innerhalb von zwei Monaten stets zwei Wochen in Oberwischau zu verbringen. Denkbar wäre aber auch, etwas seltener, dafür aber je für einen ganzen Monat in Oberwischau zu arbeiten. Durch den guten Austausch, in dem ich mit allen Kolleginnen und Kollegen stehen, werden wir dafür also die beste Lösung finden und für die kommenden Jahre Pionierarbeit leisten.

In der kurzen Zeit konnten Sie noch keine Projekte umsetzen. Haben Sie aber bereits konkrete Vorstellungen und Pläne für zukünftige Projekte?

Bei meiner Anreise nach Sathmar hatte ich unzählige Ideen im Gepäck. Nach den ersten zwei Monaten kristallisiert sich immer mehr heraus, wie ich diese am besten umsetzen kann. So stehen auf der Projektliste in Sathmar z. B. Redewendungen und Kreuzworträtsel, eine internationale Brieffreundschaft mit Schülerinnen und Schülern in der Polnischen Stadt Oppeln sowie ein Workshop zu Projektmanagement, aber auch Recherchereisen in Ortschaften mit Sathmarschwäbischer Geschichte und Aktivitäten, die in eine sportliche Richtung gehen.

In Oberwischau haben wir vor, mit der lokalen Bevölkerung die Geschichte der dortigen Zipser und ihres Wohnviertels – der Zipserei – für die Nachwelt festzuhalten und Brücken zwischen den Generationen zu bauen. Bauen möchten wir aber in einem anderen Projekt auch Flöße, ganz im geschichtlichen Sinne der Oberwischauer Flößer, die einst mithilfe der hölzernen Wasserfahrzeuge Baumstämme aus den Bergen der Maramuresch ins Tal beförderten. Es wird deutlich: Es gibt viele konkrete Ideen für Projekte und ich freue mich sehr, diese nach und nach umzusetzen.

Sie hatten bereits die Gelegenheit mit einigen Vertretern der deutschen Minderheit hier in der Region zusammenzutreffen. Welche ersten Eindrücke von der deutschen Minderheit in der Region Nordwesten haben Sie bisher gewonnen?

Ich bin oft überwältigt von der Professionalität und Begeisterung, mit der sich viele Menschen im Nordwesten Rumäniens der sathmarschwäbischen Kulturpflege widmen. Nach wie vor finde ich in Rumänien hochspannend, z. B. Feste mit traditionellen deutschen Tänzen, Lieder, Kleidung und Speisen zu erleben.

Aber auch die kleineren Treffen in und nach der Kirche, zu Tanzproben und Planungstreffen, genauso wie die häufigen zufälligen Begegnungen in meinem Privatleben mit Schwaben, Deutschlernenden oder Menschen, die in Deutschland studiert oder gearbeitet haben, steigern meine Neugier darauf, noch mehr über das Leben der deutschen Minderheit in Rumänien zu lernen und mich konstruktiv einzubringen – wie schön, dass ich genau dazu hier bin.

Sie haben in ihrer Funktion Anfang Oktober an der 36. Siebenbürgischen Akademiewoche in Schäßburg/Sighișoara teilgenommen. Welche Eindrücke konnten Sie mitnehmen?

Die Akademiewoche hat eine Vielzahl an Akteuren aus dem Bereich der Siebenbürger Sachsen und anderen deutschen Gruppen in Rumänien zusammengeführt, wodurch ich eine besondere Plattform erlebt habe, auf der ich einerseits das ifa und das Demokratische Forum der Deutschen in Sathmar vorstellen und repräsentieren konnte, andererseits aber auch die Gelegenheit hatte, tief in die Geschichte, Politik und aktuelle Szene der Deutschen in Rumänien einzutauchen. Dabei war der Zeitpunkt für mich ideal – einen Monat nach meiner Ankunft in Sathmar, mit ersten Eindrücken aus meiner Einsatzstelle, und gleichzeitig noch ganz zu Beginn meines Entsendejahres.

Konkret verstehe ich nach der Akademiewoche z. B. noch besser, wie detailliert die Geschichte der Siebenbürger Sachsen teils dokumentiert ist und mit welchen breiten Herausforderungen sich die Siedler während der letzten Jahrhunderte konfrontiert sahen. Die wissenschaftliche Herangehensweise wurde durch Exkursionen eindrucksvoll belegt – insgesamt eine wertvolle Motivation, das Erbe der deutschen Minderheit auch in Sathmar weiterzuführen und aktiv zu gestalten.

Nicht zuletzt profitiert das DFD Sathmar aber auch von den geknüpften Kontakten, beispielsweise zu Lehrenden der Universitäten in Klausenburg und Hermannstadt oder dem Unterstaatssekretär Thomas Șindilariu.

Aber auch die Verbindung zu den erfahrenen und neuen Studierenden des deutschsprachigen Studienganges „Internationale Beziehungen und Europastudien“, der von der Babeș-Bolyai-Universität in Klausenburg angeboten wird, haben sich als interessant und gewinnbringend erwiesen – mit dem Schüler- und Studentenverein „Gutenberg“ kann ich mir eine Zusammenarbeit zum Beispiel gut vorstellen.

Persönlich hat es mich auch gefreut, dass Andrea Rost die Akademiewoche organisiert und so professionell geleitet hat. Sie war es nämlich, die mir diesen Sommer von den ifa-Stellen in Rumänien erzählt und mich auf den Gedanken einer Bewerbung gebracht hatte. So hat sich für mich in Schäßburg auch ein kleiner erster Kreis geschlossen, dem hoffentlich noch viele weitere folgen werden.

Danke für das Gespräch!