Das zweischneidige Gotteswort

Wort zum Sonntag

Es gibt Menschen, die mit Worten vorzüglich umgehen können. Sie machen aus Worten phantastische Geschichten, ganze Wortverdrehungen und halbe Wahrheiten. Sie setzen dann die Beistriche nach freiem Belieben und gehen über Leichen. Bekannt ist wohl die Regel, die wir in der Schule in Grammatik gelernt haben, wo einem König ein Todesurteil vorgelegt wurde. Auf dem Zettel stand geschrieben: „Hängt ihn, nicht lasst ihn laufen !“ Der König sah sich den Zettel an und versetzte darauf den Beistrich an eine andere Stelle. Das endgültige Urteil lautete nun: „Hängt ihn nicht, lasst ihn laufen“. Mit einem Beistrich war ein Leben gerettet worden.

Doch der Apostel sagt von der Wirkung des Wortes als die eines zweischneidigen Schwertes. Es kann kränken und verletzen, kann aber auch versöhnen; kann verbinden oder trennen, und schmeicheln oder verstoßen. Es kann lieblich sein und kann kränken. Es kann beleben oder töten, trösten oder gar verdammen.
Es gibt kaum einen Tag, an dem wir nicht mit Worten konfrontiert werden, die uns entweder betrüben oder erfreuen. Die Worte sind nämlich unser Leben, weil sie uns das Leben miteinander erleichtern. Deshalb ist die Gabe des Wortes eine der schönsten und wertvollsten Gaben, die uns Gott, der Herr, gegeben hat. Doch es gibt nicht nur unser Wort, das wir nach unserem Willen manipulieren können, sondern es gibt auch das göttliche Wort, welches für uns heilig ist und in der Heiligen Schrift als das Wort Gottes geschrieben steht. Im Johannesevangelium lesen wir, dass dieses göttliche Wort Fleisch geworden ist im Gottessohn und unter uns Menschen wohnte, so dass wir seine Herrlichkeit zu sehen bekamen. Dieses göttliche Wort ist schärfer als ein zweischneidiges Schwert, denn es durchdringt nicht nur Herzen und Seelen, sondern auch die dicksten Mauern.
Es gibt also keinen Ort auf dieser Erde, welcher  vor diesem göttlichen Wort  verborgen ist. Es gibt keinen Ort, an dem wir nur WIR sein können. Es gibt keinen Ort, auch die weiteste Ecke des Hauses nicht, wo ich selbst sein kann und mir niemand reinredet, mich beaufsichtigt und mich aufdeckt. Ich bin so sehr aufgedeckt, dass nicht nur die Sonne es an den Tag bringt, sondern daß Gott alles, aber auch alles sieht. Das göttliche Wort deckt aber mehr als nur das Sichtbare auf. Es deckt in uns auch die unreinen Gedanken auf und die Lieblosigkeit anderen Menschen gegenüber, die Hassgefühle, die oft unkontrolliert aus uns ausbrechen, oder die Schwäche gegenüber dem Bösen, die plötzliche Lustlosigkeit, die Oberflächlichkeit, und nicht zuletzt den eigenwilligen Umgang mit der Lüge und der Wahrheit. Aber am meisten bricht hier durch, das eigene Versagen in der Standhaftigkeit des Glaubens und des Gebetes. Das sind alles solche Dinge die uns vor Gott, unserem Schöpfer und vor unserem Nächsten dann beschmutzen.

Weil nun Gott allmächtig und allwissend ist, fürchten wir uns vor ihm und verdrängen lieber die Gedanken an ihn. So versuchen wir Menschen immer den Gedanken an eine eigene Schuld zu verdrängen. Wir wollen doch immer Recht haben in allen Dingen und dabei unser eigener Herr sein. Das wollen wir uns nicht nur selber beweisen, sondern auch den anderen Mitmenschen. Somit verdrängen wir bewusst die Einstellung der Furcht vor dem gerechten Richter und verbauen uns gleichzeitig den Weg der Hoffnung auf einen barmherzigen Erlöser.

„Die Gedanken sind frei“ – singen wir auf unseren Gemeindefesten und Chortreffen. Damit wollen wir eine eigene Autonomie anstreben und diese mit gewaltigen Worten verteidigen. Wir wehren uns vor dem Eingriff Gottes in unser Leben und wollen ihm keinen Einblick in unser Innerstes geben. Wir wollen ihm gar nicht zeigen, wie es in uns aussieht und was wir denken. Wir wollen uns diese Freiheit nehmen. Doch umsonst ! Denn das Wort Gottes dringt durch Mark und Bein, es entblößt und es deckt auf, es macht offenbar alles was in unserer dunklen Seele geschieht. Doch dieses Wort drückt nicht nur und erdrückt, so dass wir uns vor ihm fürchten müssen, wie vor einer bösen Zunge, sondern dieses göttliche Wort tröstet uns auch, es erfreut, es segnet, es begnadet, es erlöst, es heilt und es heiligt.

Das Wort Gottes gibt uns allemal Hoffnung auf Vergebung und Erlösung, es gibt uns die Verheißung des ewigen Lebens. Es lohnt sich diesem Wort Glauben zu schenken.