Denkmäler gegen das Vergessen

Buchvorstellung zur Deportation von 1945 im Teutsch-Haus

Erwin Josef Țigla und Friedrich Philippi. Fotos: Aurelia Brecht

Die Leiterin des Teutsch-Hauses, Dr. Gerhild Rudolf, bei ihrem Vortrag.

Die Publikation zu Denkmälern und Gedenktafeln der 1945 deportierten Rumäniendeutschen

Hermannstadt - „Dem Thema Erinnerung kann man sich auf viele Arten nähern: Man kann es durch Selbstzeugnisse, durch Kunstwerke, man kann es aber auch durch klare Dokumentation tun.“ So leitete Dr. Gerhild Rudolf, Leiterin des Teutsch-Hauses, die Buchvorstellung am vergangenen Freitagabend im Terrassensaal des Teutsch-Hauses ein: So eine klare Dokumentation ist das bereits im Jahr 2020 erschienene Buch, „Denkmäler und Gedenktafeln für die im Januar 1945 in die Sowjetunion deportierten Rumäniendeutschen“. Es erschien auf Initiative von Erwin Josef Țigla, Vorsitzender des Forums in Reschitza, und wurde gemeinsam mit Friedrich Philippi, Landeskirchenkurator in Hermannstadt erstellt. 

Bei dem Buch, das aufgrund der Corona-Krise bisher nicht präsentiert werden konnte, handelt es sich um die zweite Auflage. Die erste erschien bereits im Jahr 2010 und wird durch den vorliegenden Band ergänzt. Er ist im Verlag „Banatul Montan“ in Reschitza erschienen. Mit einem deutschen und rumänischen Einleitungstext versehen, enthält er alle Ortsbezeichnungen auf Deutsch, Rumänisch und Ungarisch.

Einen Überblick über die Entstehungsgeschichte und den Inhalt des Buches gab Landeskirchenkurator Friedrich Philippi, auf den zahlreiche Fotos der Denkmäler in Siebenbürgen und im Banat zurückgehen: Anlass für die vorliegende zweite erweiterte Auflage war ein Besuch in Dobring/Dobârca. Kurz zuvor war hier eine Gedenktafel zum Ersten Weltkrieg durch Vandalismus zerstört worden. Die Dokumentation sollte also zunächst den Zweck erfüllen, die Denkmäler in Bildform zu erhalten.

„Es gibt kaum jemand, der in diesen Tagen nicht zurückerinnert wird an die Zeit der Deportation. Die meisten von uns haben mindestens Verwandte, die betroffen waren“, so Philippi. Das Gedenken an die Deportation war jedoch nicht immer so selbstverständlich wie heute: In Zeiten des Kommunismus war ein Gedenken an die Opfer des Zweiten Weltkriegs und an die Russlanddeportation der Rumäniendeutschen nicht möglich und wurde unterdrückt: Als Beispiel wurde in diesem Zusammenhang auf die Schwierigkeiten bei der Anbringung einer Gedenktafel in Großprobstdorf verwiesen. Gedenktafeln gab es aber immer wieder auch trotz der Schwierigkeiten: Auf vielen Tafeln findet man deswegen die Deportierten gemeinsam mit den Gefallenen des Zweiten Weltkriegs. Die meisten Gedenktafeln entstanden allerdings erst nach 1990. Sie wurden in der Regel durch die jeweiligen Foren oder Kirchengemeinden vor Ort finanziert.

Das Buch enthält insge-samt 27 Denkmäler und Gedenktafeln aus dem Banat, 147 aus Siebenbürgen, davon 32 aus Nordsiebenbürgen, eines aus Bukarest und 9 aus Deutschland. Immer wieder entstünden, so Philippi, auch heute noch neue Denkmäler, um dem Vergessen entgegenzuwirken. In unterschiedlichen Regionen Rumäniens sähen die Denkmäler jedoch unterschiedlich aus und hätten andere Spezifika: So würden die Tafeln in Siebenbürgen meist in Kirchen angebracht, wenige befänden sich auf Friedhöfen. Im Sathmarer Land seien sie eher auf den Friedhöfen oder in der Nähe der Kirche zu finden. Fotomontagen, wie in Baaßen/Bazna, Großpold/Apoldu de Sus, Meeburg/Beia, auf denen alle Deportierten abgebildet sind, seien äußerst selten und stellten eine Besonderheit dar. Schlussend-lich dokumentiere man anhand der Denkmäler auch, wer in den Dörfern einmal gelebt habe. Zudem seien die Gedenktafeln für die Hinterbliebenen auch ein Ersatz für die nichtexistierenden Gräber vieler Deportierter. 

Erwin Josef Țigla, der für die Durchführung des Projekts und das Layout des Buches verantwortlich zeichnet, erwähnte in seiner Ansprache das intensive Gedenken und die Projekte, die heute in Bezug auf die Deportation im Banater Bergland stattfinden. Besondere Erwähnung fand die Einweihung des ersten großen Denkmals der Deportation im Oktober 1995 in Reschitza, durch den Bischof der Evangelischen Landeskirche A.B. Cristoph Klein und den römisch-katholischen Bischof Sebastian Kräuter aus Temeswar. Dieses Gedenken gab den Anlass zum ersten Buch von 2010. Auch hob }igla die Mitwirkung des Historikerin Crina Dărăban und des Historikers Dorin D²r²ban hervor, die in dem neuen Band für die Dokumentation der Denkmäler im Sathmarer Raum und in Ungarn verantwortlich waren. 

Die Leiterin des Teutsch-Hauses, Dr. Gerhild Rudolf, ging in ihrer abschließenden Rede auf die Dokumentation der Russlanddeportation der Rumäniendeutschen ein: Zahlreiche Bücher seien im Zusammenhang mit der Deportation der Rumäniendeutschen im Laufe der Jahrzehnte erschienen: Darunter Selbstzeugnisse, fiktionale Werke, Oral-History-Bücher, Kunstprojekte und Fachliteratur: Rudolf griff hier einige Beispiele heraus, darunter Herta Müllers „Atemschaukel“, den Fotoband „Order 7161“ von Marc Schroeder oder das Kinderbuch „Weit hinter den Wäldern“ von Karin Gündisch.

„Die Deportation, die nun bald 80 Jahre her ist, verursachte viele einzelne persönliche Traumata und ein unbeschreibliches kollektives Trauma, das sich in den nachfolgenden Generationen der Kinder und sogar der Enkel bemerkbar macht.“ Sie erwähnte zudem, dass im Teutsch-Haus bisher etwa 3300 Deportationsbestätigungen ausgestellt worden seien. Diese seien nötig für die Entschädigungszahlungen, die der rumänische Staat Betroffenen und deren Kindern bis heute gewährt.

Am Ende der Veranstaltung stand eine Gedenkminute für die Deportierten. Die Auseinandersetzung mit der schmerzhaften Erinnerung an die Vergangenheit sei noch nicht abgeschlossen, so Rudolf. Der vorgestellte Band über die Denkmäler legt Zeugnis darüber ab und wird helfen, die Erinnerung an diesen schmerzhaften Einschnitt in der Geschichte der Rumäniendeutschen wachzuhalten.