Der „Orinoco“ in meinem Garten

Schwimmen in natürlicher Umgebung: Wie man einen Schwimmteich anlegt

Im Paradies – die Schwimmzone ist sichtgeschützt, aber frei von Wasserpflanzen.
Fotos: George Dumitriu

Uferbepflanzung: duftende Schmetterlingssträucher, Blutwurz und Binsen

Schildkröten und Frösche sind regelmäßige Badegäste.

Wildnis: Blick durch die pflanzenbewachsene Regenerationszone des Teichs

Es duftet nach wilder Minze und Schmetterlingssträuchern, deren violette Blüten in üppigen Trauben vom Ufer ins Wasser hängen. Schillernde hellblaue Libellen, intensives Bienengesumm, geheimnisvoll kühles Wasser. Da – ein Augenpaar kommt auf mich zu! Ich könnte ihn küssen, doch was soll ich mit einem zweiten Prinzen? Schwupp, schon taucht der Frosch unter. In einiger Entfernung quert eine Ringelnatter zügig den Teich.

Ganze 15 bis 17 Züge erlaubt die Schwimmzone des 35 Meter langen, 3 bis 5 Meter breiten Gartenteichs. Für die Fische, Schildkröten, Schlangen und Frösche gibt es am Anfang und Ende erweiterte, mit Wasser- und Sumpfpflanzen dicht bewachsene Ruhe- und Rückzugszonen. Den Pflanzen kommt die Aufgabe zu, das Wasser zu filtern. Nur die Enten verlassen die Schwimmzone eher beleidigt, wenn das größte „Tier“ dieses Biotops über die Alu-Leiter ins Wasser klettert. Meist nach einem stressigen Arbeitstag: Heimkommen, Badeanzug an – platsch!
Ein Schwimmteich bietet nicht nur Abkühlung und gesunden Sport. Das beste daran ist, dass man weder zum Gartengießen noch fürs Schwimmen wertvolles Trinkwasser vergeudet. Und im Gegensatz zum Swimmingpool wird keinerlei Technik oder Chemie benötigt. Dafür sollte man sich mit dem Gedanken anfreunden, das Paradies mit natürlichen Wasserbewohnern zu teilen.

Die ökologische Alternative zum Pool

Ein Schwimmteich ist die umweltfreundliche Billigvariante des Pools. Einige Tricks muss man allerdings kennen, damit das Wasser nicht umkippt, sprich, sich in eine stinkende Algenbrühe verwandelt.  

Das Abenteuer Schwimm-teich beginnt mit guter Planung: Die Schwimmzone sollte ausreichend tief und möglichst frei von Pflanzen sein, die Zone für Fauna und Flora hingegen etwas seichter. Für eine ausreichende Filterwirkung sollte letztere zwischen 30 und 70 Prozent der Schwimmzone ausmachen – je größer, desto besser.

Den Teich lässt man am besten mit einem Kleinbagger ausheben. Damit er wirklich zum Schwimmen genutzt werden kann, sollte er mindestens 60 Quadratmeter messen. Wer über Lehmboden verfügt, kann auf die Teichfolie verzichten. Diese verhindert, dass der Boden ringsum das Wasser durch Kapillarwirkung absaugt. Falls doch Teichfolie nötig ist, sollte die Wahl  relativ leicht fallen: PVC-Folie ist wegen ihrer schädlichen Ausdünstungen für Teiche mit Wasserlebewesen sehr umstritten; auch ihre Entsorgung stellt eine erhebliche Umweltbelastung dar. Außerdem versprödet PVC und kann oft schon nach wenigen Jahren nicht mehr repariert werden. Eine ökologischere, aber teurere  Variante stellt EPDM-Folie dar: extrem reißfest, kälteresistent, hat sie eine Lebensdauer in der Größenordnung von Jahrzehnten und kann jederzeit mit Flüssigfolie repariert werden. Die natürlichste Variante allerdings ist die Abdichtung durch eine Tonabsperrung: entweder mit feuchten Tonblöcken, die gestampft werden müssen, oder mit Quellton-Granulat, das sich beim Nasswerden zu einer festen Schicht verbindet und in etwa fünf Stunden dicht ist. Diese sollte 15 bis 20 Zentimeter dick sein und anschließend mit Sand und einer feinen Kiesschicht bedeckt werden.

Gespeist wird der Teich mit Regen- oder Brunnenwasser, sofern sich der Graben nicht durch Quellen oder Grundwasser von alleine füllt – geschieht das, erübrigt sich die Folie. Keinesfalls sollte man ihn mit Leitungswasser befüllen, da Phosphor selbst in kleinsten Mengen die Algenbildung fördert und das Wasser spontan umkippen kann.

Die richtigen Filterpflanzen

Schwimmteiche funktionieren wie natürliche Seen: Ihr Wasser bleibt durch ein ausgeglichenes Zusammenspiel von Pflanzen und Mikroorganismen sauber. Mindestens so wichtig wie die Pflanzen sind für den Abbau von Schadstoffen die Bakteriengemeinschaften an ihren Wurzeln und das Filtersystem der Wurzeln selbst. Feinwurzeln bilden eine große, effektive Oberfläche. Einige Pflanzen begünstigen durch ihre Wurzelausscheidungen das biologische Gleichgewicht. Es versteht sich von selbst, dass man dieses als Schwimmer nicht durch Sonnencremes oder Mückenschutzmittel gefährdet!

Als Leitpflanze für den 0,50 bis 1,20 Meter tiefen Regenerationsbereich eignet sich Schilf, das die stärkste Filterwirkung aufweist und 80 bis 90 Prozent des Pflanzenbestandes ausmachen sollte. Überflüssige Nährstoffe nehmen außerdem Rohrkolben, Binsen, Segge, Teichmummel, Sumpfschwertlilien, Wasserminze, Pfennigkraut, Wasserlinsen, Seerosen und sämtliche frei schwebenden Unterwasserpflanzen auf. Sie machen den unerwünschten Algen Nahrungskonkurrenz und bieten Siedlungsoberfläche für nützliche Mikroorganismen. Wer möchte, kann im Regenerationsbereich einen kleinen Springbrunnen betreiben, der den Sauerstoffgehalt des Wassers erhöht.

Uferpflanzen: Schatten, Duft und Sichtschutz

Die richtige Uferbepflanzung schützt vor Erosion und beschattet den Teich, damit er sich nicht zu stark erwärmt und Algen wuchern. Hierfür eignen sich wasserliebende Pflanzen mit einem verzweigten Wurzelsystem, etwa die Trauerweide. Für ein betörendes Schwimmerlebnis sorgen Duftpflanzen: wilde Minze, Melisse, Lavendel, Schmetterlingsstrauch. Letzterer bietet auch guten Sichtschutz.

Ganz von alleine siedeln sich am Teichrand oft Binsen oder der Blutweiderich an. Für Uferpflanzen braucht man kein Geld auszugeben: Weiden und viele Ziersträucher vermehrt man leicht, in dem man ein Ästchen in die feuchte Erde steckt.

Weniger geeignet sind Nuss- oder Obstbäume sowie alle Pflanzen mit fliegenden Samen oder Pollen. Denn wenn Blätter, Früchte und Co. ins Wasser fallen, erhöht sich der Nährstoffgehalt und begünstigt Algenbildung. Dasselbe gilt für Exkremente, weswegen Enten im Schwimmteich theoretisch nichts zu suchen haben. Die meinen lassen sich nur schwer überzeugen...

Was tun, wenn das Wasser doch kippt?

Schwimmende Blätter und andere Pflanzenteile müssen regelmäßig mit dem Kescher entfernt werden. Gegen tierische Exkremente hilft neben der Filterwirkung der Wasserpflanzen der Einsatz von Schmutzpumpe, Schlamm- oder Teichsauger, am besten einmal im Jahr im Herbst. Wer dazu zu faul ist, kann auch Filtertechnik installieren. Von Chemikalien oder im Internet angepriesenen „Hausmitteln“ wie Milch und Essig ist unbedingt abzusehen, sie zerstören das biologische Gleichgewicht.

Und was tun, wenn das Wasser doch umkippt? Gegen dicke, stinkende Algenbrühe mit Blasenbildung hilft nur der Wasserwechsel, heißt es in einschlägigen Ratgebern – oder die Wunder-Segge (Carex appropinquata)! Mehrere dieser stark wasserreinigenden Stauden in den Flachwasserbereich pflanzen – und die überschüssigen Nährstoffe werden regelrecht herausgesaugt. Hilfreich sind auch Eichenrinden, die man zusammengebunden schwimmen lässt, oder ein berindeter dicker Eichenzweig, der im Wasser Gerbsäuren freisetzt und so den PH-Wert senkt. Alternativ kann man auch einen mit Torf gefüllten Jutebeutel im Wasser schwebend anbinden; nach einigen Wochen austauschen.

Tierisches Zusammenleben

Wohnt man in der Natur, lässt es sich nicht vermeiden, dass sich der Schwimmteich alsbald mit Leben füllt: Wasservögel schleppen an den Füßen Laich ein oder lassen Beutefische fallen. Frösche und Kröten fühlen sich von Feuchtbiotopen genauso angezogen wie Wasserschildkröten und Schlangen. Gefährlich, angriffslustig oder bissig ist keines dieser Tiere.  
Die drei Schlangenarten, die man in unseren Breiten als Schwimmer antreffen kann – obwohl prinzipiell jede Schlange auch mal ein Gewässer queren kann – sind Ringel-, Würfel- und Schlingnattern. Sie sind ungiftig, wenig beißfreudig, mit kleinen Zähnchen, die die Haut nur geringfügig verletzten. Sie leben auch nicht im Wasser, sondern am Ufer. Würfel- und Ringelnattern allerdings jagen im Teich. Während Würfelnattern, die sich von Fischen ernähren, bis zu 25 Minuten tauchen können, schwimmen Ringelnattern mit dem Kopf über Wasser. Schlangen im Schwimmteich sind jedoch ein Zeichen dafür, dass das biologische Gleichgewicht intakt ist. Sieht man vor sich eine Schlange queren, sollte man sich über den seltenen Anblick freuen. Ein Schwimmteich gehört einem eben niemals ganz allein.

Nicht nur, dass tägliches Schwimmen schon nach kurzer Zeit ein ganz neues Körpergefühl beschert - das Plantschen inmitten wilder Natur ist auch herrlich für die Seele! Als ich meinem Vater per WhatsApp ein Foto von meinem Teichparadies schickte, antwortete er prompt: „Was – da schwimmst du? Das ist ja wie am Orinoco!“ „Ja, nur ohne Krokodile“, tippe ich zurück. „In meinem Orinoco bin ich das größte Tier.“