Deutsch-rumänische Zusammenarbeit im Bauingenieurwesen wiederbelebt

Professoren der TU München besuchen „Politehnica“ in Temeswar

Der Rektor der TU Politehnica, Florin Drăgan (1.v.l.), empfing die Gäste aus Deutschland im Rektoratsgebäude am Opernplatz. Fotos: Raluca Nelepcu

Roberto Cudmani und Martin Mensinger von der TU München kamen nach Temeswar, um zusammen mit dem kleinen Professorenteam der Abteilung für Bauingenieurwesen in deutscher Sprache einige Pläne zur Wiederbelebung der Zusammenarbeit zu besprechen.

Die Zusammenarbeit der deutschen Abteilung für Bauingenieurwesen an der TU „Politehnica“ in Temeswar/Timi{oara mit der Technischen Universität München (TUM) soll wiederbelebt werden. Dies war der Hintergrund des Besuchs zweier Professoren der Prestige-Uni aus Deutschland vergangene Woche in der europäischen Kulturhauptstadt 2023. So kam es, dass der derzeitige Beauftragte für diese Kooperation, Prof. Dr.-Ing. Martin Mensinger, und sein Kollege, Prof. Dr.-Ing. Roberto Cudmani, der ebenfalls zur Intensivierung dieser Zusammenarbeit beitragen möchte, der deutschen Abteilung für Bauingenieurwesen einen Besuch abstatteten, sich mit den Unterrichtenden und Studierenden in Temeswar unterhielten und auch den Rektor der TU Politehnica, Florin Drăgan, für ein kurzes Briefing trafen. 

Die Abteilung mit deutscher Unterrichtssprache an der Bauwesen-Fakultät der TU Politehnica erblickte am 1. Oktober 1991 durch die Initiative des mittlerweile emeritierten Professors Dr.-Ing. Radu Băncilă das Licht der Welt. Es war ein absolutes Novum in der damaligen Zeit, ein „offenes Fenster Richtung Europa“, wie Professor Băncilă, Träger des Bundesverdienstkreuzes I. Klasse, zu sagen pflegt. Nur zwei Jahre später wurde schon die Zusammenarbeit mit der TUM besiegelt, als anlässlich der 125-Jahr-Feier der Münchner Universität ein Partnerschaftsvertrag unterzeichnet wurde und die deutsche Uni die Patenschaft für die deutsche Abteilung in Temeswar übernahm. Die Freundschaftsbeziehungen wurden im Laufe der Jahre vertieft. Im Februar 2005 unterzeichneten der nun Präsident Emeritus der TUM, Prof. Dr. h.c. Wolfgang A. Herrmann, und der damalige Rektor der TU Politehnica, Nicolae Robu, ein Doppeldiplomabkommen – 2017 wurde dieses erneuert. Dieses Programm ermöglicht interessierten Studenten aus Rumänien, während ihres Studiums an der Abteilung für Bauingenieurwesen in deutscher Sprache auch drei Semester in München zu absolvieren und am Ende des Studiums auch in der Landeshauptstadt Bayerns ihren Bachelor abzulegen. Nach vier Studienjahren können somit Studierende aus Temeswar zwei Diplome in der Tasche haben – eines der TUM und eines der TU Politehnica. Ein enormer Vorteil auf dem europäischen/internationalen Arbeitsmarkt.

Aus den Augen, aus dem Sinn

Es geschah nun fast wie im Sprichwort: „Aus den Augen, aus dem Sinn“. Während der Coronavirus-Pandemie schlief die Zusammenarbeit mit der TUM langsam, aber sicher ein. Reisen waren zu Beginn der Pandemie überhaupt nicht möglich, sodass der gegenseitige Austausch eingestellt wurde. Die Abteilung für Bauingenieurwesen in deutscher Sprache zählt in diesem Jahr 26 Studierende. Koordinator der Abteilung ist Prof. Dr.-Ing. Edward Petzek, die Vertreterin im deutschen Fakultätentag ist Hochschulassistentin Dr.-Ing. Luiza Roman. „Wir wollen der Kooperation neues Leben einhauchen. Es ist eine prestigevolle Sache für uns. Die TUM befindet sich im europäischen Ranking der technischen Universitäten auf dem ersten Platz“, sagt Radu Băncilă. Insgesamt 28 Absolventen-Serien haben bislang die Temeswarer Abteilung für Bauingenieurwesen in deutscher Sprache abgeschlossen, fast 30 Absolventen haben ein Doppeldiplom der TUM und der „Poli“ in der Tasche. „Es ist nicht leicht, motivierte Studenten in Rumänien zu finden. In München zu studieren ist auch nicht leicht, man muss sich sehr anstrengen, aber am Ende hat man doch zwei Diplome und das ist eine bemerkenswerte Sache“, fährt Radu Băncilă fort. Die meisten Doppeldiplom-Absolventen arbeiten in Deutschland. „Sie würden nach Rumänien zurückkehren, würde sich die Situation vor Ort verbessern“, glaubt er. Einen großen Wunsch hegt er, jedoch scheint dieser heuer nicht wahr werden zu können: Ein Treffen aller Absolventenjahrgänge der deutschen Abteilung für Bauingenieurwesen im europäischen Kulturhauptstadtjahr in Temeswar. 
Professor Roberto Cudmani von der TUM war im Rahmen der Zusammenarbeit bereits drei Mal in Temeswar. „Wir haben im Prinzip zwei Austausch-Arten. Es geht um das Doppeldiplom-Programm und den Austausch von Dozenten bzw. Studierenden. Diese zwei Sachen müssen wir wieder beleben“, erklärt er. Zum einen sollen die jungen Leute, die bereits an dem Programm teilgenommen haben, im Rahmen eines Workshops aus eigener Erfahrung berichten, um junge Studierende zu motivieren, sich in das Doppeldiplom-Programm einzuschreiben. „Auch im administrativen Bereich müssen wir schauen, dass die Studenten, die nach Deutschland kommen, sich wirklich auf ihr Studium konzentrieren und keine administrativen Sachen erledigen müssen. Es soll eine Alumni-Gruppe entstehen, wo die jungen Menschen Erfahrungen anderer hören können“, erklärt er. 
Im nächsten Jahr soll das 30-jährige Jubiläum der Zusammenarbeit mit der TU München gefeiert werden. Zu diesem Anlass sollen mehr Kollegen aus München nach Temeswar kommen, um bei dieser Kooperation mitzumachen, wünscht sich Roberto Cudmani. „Das muss auf mehreren Schultern getragen werden“, sagt er überzeugt. „Ich habe einen sehr guten Doktoranden aus Rumänien bei uns am Institut, der auch Teil des Programms war. Ich profitiere selbst von dieser Zusammenarbeit“, verrät der Universitätsprofessor. „Der menschliche Austausch ist mir auch sehr wichtig.“

Menschliche Beziehungen

Die menschlichen Beziehungen sind auch für Professor Martin Mensinger einer der Faktoren, die er als wichtig bei der Förderung dieser Partnerschaft einstuft: „Es lohnt sich, sich für junge Menschen zu engagieren. Über die Jahre habe ich viele ganz liebe und nette Studenten kennengelernt, die über diesen Studiengang ihren Lebensweg gefunden haben.“ Zusammen mit dem Lehrerteam des deutschsprachigen Studienganges für Bauingenieurwesen in Temeswar verbrachten die beiden Münchner Professoren einige angenehme Tage in Temeswar. „Das kleine Team hier macht einen Super-Job“, fügt Martin Mensinger hinzu. Dies solle auch an die Kollegen in Deutschland weitervermittelt werden, wünscht sich der Universitätsprofessor. Um die Zusammenarbeit wieder zu beleben, müssten „eigentlich nur Kleinigkeiten“ verändert werden, meint er. Einige Vorlesungen aus Deutschland sollen demnächst live übertragen werden, sodass die Studierenden in Temeswar auch daran teilnehmen können. „Das hat den Vorteil, dass das für die deutschen Kollegen keinen Mehraufwand darstellt. Vorlesungen, die in Rumänien nicht abgedeckt werden, können angeboten werden. Ein Beispiel wäre Glasbau – dafür gibt es in Temeswar keinen Dozenten“, erklärt Martin Mensinger. Eine Liste mit Vorlesungen, die den Temeswarer Studenten auf diese Weise angeboten werden könnten, kam bei dem Besuch zustande. 

Die ersten Schritte in Richtung Wiederbelebung der Zusammenarbeit scheinen damit getan zu sein. Auch Poli-Rektor Florin Drăgan zeigte sich bei dem Treffen mit den Kollegen aus Deutschland sehr offen für alle Kooperationsvorschläge, die ihm unterbreitet wurden. „Eine Abteilung in deutscher Sprache in Osteuropa, im technischen Bereich, ist einmalig. Diese Abteilung muss und soll unterstützt werden. Das haben der DAAD und die Präsidenten der TU München sofort erkannt. Diese Zusammenarbeit soll nicht an kleinen, bürokratischen Hürden scheitern“, betonte der Gründer der Abteilung und langjährige Leiter, Radu Băncilă.