Deutschkenntnisse von großem Vorteil bei der Jobsuche

Junge Bauingenieure glauben an Erholung des Bausektors

„Ich möchte zunächst meinen Master in Graz machen. Danach will ich ein paar Jahre im Ausland bleiben“, sagt Stefan Tichindelean. Der junge Mann kommt aus Hermannstadt/Sibiu und hat am 1. Juli seine Bachelor-Prüfung abgelegt. Erfolgreich. Stefan ist einer der 14 Absolventen der Abteilung für Bauingenieurwesen in deutscher Sprache, die nun die Wahl haben: In Rumänien bleiben oder das Studium im deutschsprachigen Ausland fortsetzen. 

Den frischgebackenen Bauingenieuren stehen zahlreiche berufliche Perspektiven offen. „Man kann gute Jobs in deutschsprachigen Firmen finden, in Rumänien oder im Ausland“, sagt Elena Mandresi. „Wir haben praktisch zwei Chancen“, fügt Renate Roman hinzu. Die frischgebackenen Bauingenieurinnen kommen aus Karansebesch/Caransebes, beziehungsweise aus Sathmar/Satu Mare und wissen ganz genau, welche Vorteile ihnen das Studium in deutscher Sprache bietet. Ihre Diplomarbeiten waren die besten des Jahrgangs 2011.

Die Abteilung für Bauingenieurwesen in deutscher Sprache an der TU Politehnica verabschiedete Ende vergangener Woche ihre 15. Absolventenserie. Die mündliche Prüfung legten die Studenten auf Deutsch ab. Die Sprache, die ihnen künftig Türen noch und noch auf dem Arbeitsmarkt öffnen wird. „Das Fach Zivilingenieurwesen bietet allgemein viele Aussichten. Darüber hinaus sind gute Deutschkenntnisse von großem Vorteil. Man kann im deutschsprachigen Ausland weiterstudieren oder gleich in deutschen Firmen arbeiten. Auch nicht-deutschsprachige Firmen sehen die deutsche Sprache als Vorteil bei der Einstellung. Englisch ist heutzutage sowieso ein Muss“, sagt Hochschulassistent Lucian Blaga.

Englisch reicht schon lange nicht mehr. Derselben Meinung sind auch ausländische Investoren, die hierzulande im Baubereich investieren. Sie sind praktisch diejenigen, die den jungen Bauingenieuren mit guten Deutschkenntnissen Jobs zur Verfügung stellen. Viele davon sind Führungspositionen, weiß Lucian Blaga: „Die Hälfte studiert weiter im Ausland. Manche mit Erasmus-Programmen, was bedeutet, dass sie zurückkehren und ihre Master-Arbeit in Rumänien verteidigen. Die andere Hälfte bleibt in Rumänien und arbeitet bei deutschsprachigen Unternehmen, vor allem im Infrastrukturbereich“.

Zu den Absolventen, die zunächst in Deutschland bleiben und da weiter studieren möchten, gehören auch Renate Roman und Elena Mandresi. Die Ingenieurinnen haben ihren männlichen Kollegen gezeigt, dass auch im Bausektor Frauen das Sagen haben können. Sie schafften es, mit ihren Diplomarbeiten die Kommission zu überzeugen und wurden vom deutschen Konsulat in Temeswar/Timisoara mit Buchpreisen bedacht. Auch die Hochschulabsolventin Adina Botos aus Arad möchte zunächst in Deutschland bleiben. 

Im Vergleich zu ihren ehemaligen Kommillitonen hat sie sozusagen ein „As“ im Ärmel: ein Doppel-Bachelor-Diplom der TU Politehnica und der TU München. Dem Einstieg ins Berufsleben – sei es in Rumänien oder in Deutschland – steht somit nichts mehr im Wege. „Ich habe die ersten drei Semester in Rumänien studiert und danach ein Stipendium von der Bauindustrie München bekommen. Mein Studium habe ich dann an der TU München fortgesetzt. Ich hatte die Chance, praktisch zwei Fakultäten zu besuchen – eine sehr große Chance für mein berufliches Leben“, sagt Adina Botos. Die junge Bauingenieurin will künftig etwas in und für Rumänien tun. Nach der Erfahrung in Deutschland möchte sie nach Rumänien zurückkehren und hierzulande in der Baubranche tätig sein.

Denselben Gedanken hegt auch Adina Vãtãman, deren Diplomarbeit ebenfalls zu den interessantesten gehörte. Die Temeswarerin erarbeitete eine Studie über eine Brücke in Karansebesch, die saniert und zu touristischen Zwecken hergerichtet werden kann. Für die Umsetzung ihres Projekts wird Adina Vãtãman wohl in Rumänien bleiben müssen. Bei einer Baufirma tätig ist sie bereits, ihr Studium setzt sie mit einem Master an der TU Politehnica fort.

Dass sich der Bausektor in Rumänien bald aus der Krise befreien wird, daran glauben die jungen Bauingenieure ganz fest. „Die Zukunft sieht gut aus. Nur die kleinen Firmen sind eingegangen, während die großen Firmen weiterhin Standorte haben und arbeiten. Ohne Bauen kann sich die Wirtschaft nicht weiterentwickeln“, weiß Stefan Tichindelean. Und Hochschulassistent Lucian Blaga fügt hinzu: „Der Bausektor steckt derzeit in einer großen Krise überall in Europa. Man wird jedoch immer bauen müssen, egal, ob es finanzielle Mittel dafür gibt oder nicht, ansonsten werden wir wahrscheinlich in Höhlen arbeiten. Die passende Infrastruktur braucht man in allen Bereichen“.