Die Akademie „Hl. Sabas“ kommt wieder ans Licht

Archäologischer Fund bei der Sanierung des Bukarester Universitätsgebäudes

Bei den Ausgrabungen wurden auch alte Glasbehälter für den täglichen Gebrauch gefunden.

Eine Aufnahme von 1856, auf der u.a. die Akademie „Hl. Sabas“ (lila) und die Kirche zum Heiligen Sabas (orange) zu sehen sind. Foto: Ludwig Angerer.

Luftbild vom heutigen Universitätsgebäude und der archäologischen Stätte in dessen Innenhof.

Mauerüberreste von der Akademie „Hl. Sabas“ im Innenhof der Universität Bukarest. Fotos: Muzeul Curtea Veche/Muzeul Municipiului București

Das Projekt zur Restaurierung des Hauptgebäudes der Universität Bukarest hat eine erste Phase abgeschlossen, bei der seit Oktober 2022 Ausgrabungen im Innenhof des historischen Gebäudes vorgenommen wurden, ausgehend von der Fakultät für Mathematik. Die Universität Bukarest ist die größte und eine der wichtigsten Bildungs- und Forschungseinrichtungen in Rumänien. Das denkmalgeschützte Gebäude, das zwischen 1857 und 1869 im neoklassischen Stil erbaut wurde und die Universität seit deren Gründung 1864 beherbergt, liegt im Zentrum der Hauptstadt, am Königin-Elisabeth-Boulevard Nr. 4-12. Es beherbergt die Fakultäten für Chemie, Geographie, Geologie und Geophysik, Geschichte, Fremdsprachen, rumänische Philologie und Linguistik, Mathematik und Informatik.

Mehr über den aktuellen Stand der archäologischen Forschung vor Ort erzählte der Archäologe Theodor Ignat, Leiter des Bereichs der Präventiven und Systematischen Archäologie bei der historischen Abteilung des Bukarester Stadtmuseums, der rumänischen Presseagentur Agerpres.

Die Fürstliche Akademie „Hl. Sabas“

Im Rahmen der Restaurierungsarbeiten sind kürzlich die Mauerfragmente der Akademie „Sf. Sava“ (deutsch: Heiliger Sabas) ausgegraben worden, welche bereits 2017 von Archäologieprofessoren der Geschichtsfakultät gemeinsam mit Archäologen des Bukarester Stadtmuseums sowie des Archäologieinstituts  „Vasile Pârvan“ entdeckt worden waren. Sie war auf den Grundmauern der 300-jährigen Gebäudereihe der Fürstlichen Akademie „Hl. Sabas“, der 1694 vom Woiwoden Constantin Brâncoveanu gegründeten ersten Universität in der Walachei, zwischen 1776-1779 unter der Herrschaft des Phanarioten Alexander Ypsilanti neu aufgebaut und reformiert worden. 

Der erste Direktor der Fürstlichen Akademie, der gleichzeitig auch als Professor wirkte, war Sevastos Kyminitis, ein griechischer Gelehrter. Die Auswahl der Dozenten an der Fürstlichen Akademie „Hl. Sabas“ erfolgte nach strengen Kriterien. Bevorzugt wurden Gelehrte, die ein Universitätsstudium im Westen abgeschlossen hatten oder Unterricht von Professoren aus diesem Umfeld genossen hatten. Die vorbildliche Organisation und das Bildungsangebot im Bereich Griechischer Philosophie bescherten der Fürstlichen Akademie in Bukarest einen guten Ruf unter den Universitäten im Osten Europas. 

Sie galt Ende des 17. Jahrhunderts zusammen mit der Fürstlichen Akademie in Jassy/Iași als wichtigste Universität auf der Balkanhalbinsel, neben der Griechischen Akademie in Fanar und der Hohen Schule des Patriarchats in Konstantinopel, beide im heutigen Istanbul (Türkei) gelegen, und wurde zu einem wahren Aufklärungszentrum, das Studenten aus dem In- und Ausland anlockte. 

Durch die Bildungsreform unter Alexander Ypsilanti Ende des 18. Jahrhunderts wurde die Unterrichtssprache von Griechisch zu Rumänisch geändert.
 
Ruinen des ursprünglichen Universitätsgebäudes


Die Archäologen entdeckten nun außerdem Mauerüberreste des alten Gebäudes der Universität Bukarest, die 1864 vom Herrscher Alexandru Ioan Cuza gegründet und unter der Leitung des Architekten Alexandru Orăscu errichtet wurde. Das ursprüngliche Universitätsgebäude wurde von Bombenangriffen während des Zweiten Weltkriegs stark beschädigt und musste daher in den 1950er Jahren größtenteils nach und nach abgerissen werden. Heute steht davon nur noch ein Flügel, der gegenwärtig die Fakultät für Chemie beherbergt.

Des Weiteren wurden daneben die gut erhaltenen Ruinen von drei Anfang des 19. Jahrhunderts – oder sogar früher – erbauten Häusern und Gefäße aus Keramik, Fayence, Porzellan und Glas entdeckt. Der aus ordentlich gelegten Ziegelsteinen bestehende Fußboden eines dieser Häuser soll unter einer Glasplatte in Sicherheit zur Schau gestellt werden.

Dem Architektenteam von Polarh ist es gelungen, alle archäologischen Funde in ihr Projekt  einzubeziehen, versicherte der Archäologe Theodor Ignat. Neben dem Wiederaufbau des Amphitheaters der alten Aula in der Nähe der Philologiehochschule soll im mittleren Teil des Innenhofes die Trittstufe abgesenkt werden, damit die geschichtsträchtigen Mauerüberreste sicht- und berührbar werden. 

Wegen des schlechten Wetters musste die archäologische Forschung vor Ort allerdings auf den Frühling verschoben werden, die alten Mauern wurden vorerst mit Geotextilien geschützt und zur Aufbewahrung wieder mit Erde bedeckt.

Archäologische Forschung im Herzen der Hauptstadt

Die Funde im Innenhof der Universität Bukarest sind in den größeren Rahmen der archäologischen Forschung integriert, die das Bukarester Stadtmuseum und das Archäologie-Institut „Vasile Pârvan“ ab 2011 am Universitätsplatz durchführt, hob der Archäologe Theodor Ignat hervor. Durch die damaligen Ausgrabungen kamen an der Stätte gegenüber dem Universitätspalast, wo sich heute eine Tiefgarage befindet, nicht nur die Ruinen des Klosters zum Heiligen Sabas, der gleichnamigen Kirche und der Mönchszellen ans Tageslicht, sondern auch ein Teil der angrenzenden Gebäude der Fürstlichen Akademie.

Das Kloster zum Heiligen Sabas wurde Ende des 16. Jahrhunderts in einer ersten Phase vom Stadtherrn Andronache erbaut und 1709 vom Woiwoden Constantin Brâncoveanu von Grund auf genau an der Stelle, an der sich heute die Reiterstatue von Michael dem Tapferen befindet, wieder aufgebaut. „Praktisch steht die Stadt von heute über dem Bukarest des 15., 16. und 17. Jahrhunderts. Wir werden dieses Jahr auch andere archäologische Stätten in Bukarest, das ein echtes offenes Geschichtsbuch ist, eröffnen, aber auch in der Umgebung der Hauptstadt“, gab der Archäologe bekannt.

Weitere Sanierung des Universitätspalastes

Die Sanierung des Universitätspalastes wird ab dem Frühling parallel zur archäologischen Forschung weiterlaufen und in den nächsten Phasen mit der strukturellen Renovierung des gesamten Gebäudes, der Restaurierung des Daches, der Fassaden und ihrer dekorativen Details, sowie der Ersetzung abgenutzter Holzelemente und der Beseitigung von Feuchtigkeit fortgesetzt. Außerdem soll ein architektonisches Beleuchtungssystem an den Fassaden installiert werden.

Die Sanierungsarbeiten werden vom Bauunternehmen Erbașu in Zusammenarbeit mit Terragaz Construct, Euras und vom Architektur- und Restaurationsunternehmen Polarh Design durchgeführt.