Die Landwirtschaft der Zukunft

Die Grundsätze ökologischer Lebensmittelerzeugung

Ein Teil des kleinen Bio-Markts auf der Dianei-Straße in Bukarest zum Internationalen Tag der Ernährung
Foto: Greenpeace Rumänien

„Das aktuelle Landwirtschaftssystem hat eine Vielzahl von Problemen. Wenn wir so weitermachen, besteht das Risiko, dass wir unseren Planeten verlieren“, erklärt Greenpeace-Experte Alexandru Riza am Anfang seiner Präsentation. Vertreter von Greenpeace Rumänien, Marina Barbălată und Alexandru Rizea, erläutern die Schäden der industriellen Landwirtschaft, die immer offensichtlicher werden: Wasserverschmutzung, Rückgang der Artenvielfalt, steigender Pestizideinsatz, übernutzte Böden. Im Rahmen der Veranstaltung am internationalen Tag der Ernährung in Bukarest wurden auch Lösungen für eine nachhaltige Zukunft vorgestellt – die ökologische Landwirtschaft und die Unterstützung der lokalen Produzenten.
Im Zentrum der Hauptstadt, in der Dianei-Straße 4, wurde ein kleiner Markt mit ökologischen Produkten eingerichtet.

Vorgestellt wurde auch der Bericht „Die sieben Prinzipien der ökologischen Landwirtschaft“. Es wurden Landwirte eingeladen, die über ihre Aktivität in diesem Bereich informierten. Valentina Ioniţă hat ihr Projekt zusammen mit den Eltern und ihrem Bruder initiiert. Während ihrer Schwangerschaft wollte sie keine Produkte mehr im Supermarkt kaufen. Gemeinsam mit ihrer Familie begann sie selbst, Lebensmittel anzubauen. Da sie mehr erzeugte, als sie brauchte, ist ein kleines Familiengeschäft entstanden: Jetzt werden zweimal pro Woche frische Öko-Produkte aus Albota (Kreis Argeş) nach Bukarest geliefert. Zu Wort gekommen sind u. a. Cristina Toth, Dan Cişmaş und Willi Schuster, die von ihren Erfahrungen berichteten.

Die ökologische Landwirtschaft ist eine der wichtigsten Waffen, die die Menschheit gegen die Klimaveränderungen hat, argumentierte Alexandru Riza. Die ökologische Landwirtschaft unterstützt die Ernährungssouveränität und damit die Lebensmittelproduktion von und für Menschen. Statt Konzernen soll die ländliche Entwicklung gestärkt und somit ein sicheres Einkommen für die Landwirte gewährleistet werden. Gleichzeitig wird genügend Nahrung für jeden produziert, indem zum Beispiel Lebensmittel gerechter verteilt und der Fleischkonsum sowie Lebensmittelabfälle reduziert werden. Weiterhin soll die (Bio-)Diversität vom Samen bis hin zum Teller gefördert werden.

Durch den Verzicht auf chemisch-synthetische Pestizide wird die Bodenfruchtbarkeit und die Widerstandsfähigkeit gegen klimatische Veränderungen erhöht. Die jetzige Situation sieht aber so aus: Fast eine Milliarde Menschen geht jeden Abend hungrig schlafen. Eine weitere Milliarde weltweit ist übergewichtig. Gleichzeitig werden mehr als genug  Lebensmittel produziert. Ein Drittel des produzierten Essens wird weggeworfen. Die Konsumenten haben kein Vertrauen in das, was sie essen. Viele Landwirte müssen gegen Armut kämpfen. Das alles zeigt: Das Lebensmittelsystem ist nicht makellos. Die itndustrielle Landwirtschaft, die auf chemischen Produkten basiert und gewinnorientiert arbeitet, hat ernste Auswirkungen auf die Menschen und den Planeten.

Industrielle Landwirtschaftsverfahren führen dazu, dass die Ressourcen der Erde überausgebeutet werden und die Bodenfruchtbarkeit, die Biodiversität und die Wasserqualität sinken. Es muss nicht mehr Nahrung produziert werden, sondern sie muss dort produziert werden, wo sie benötigt wird. Es braucht eine Veränderung: Eine, die die Bauern an erste Stelle setzt und die Natur und Biodiversität respektiert. Artenvielfalt ist ein wesentliches Element des Lebens auf der Erde.
Grundsätze der ökologischen Landwirtschaft

Doch was ist ökologische Landwirtschaft? Welchen Prinzipien folgt sie? Sie ist keine konventionelle Produktion. Die Greenpeace-Experten haben ein Minimum von sieben Prinzipien definiert, die die Richtlinien zu einem gesünderen Landwirtschaftssystem aufzeigen. Der erste Grundsatz ist die Ernährungssouveränität: Die Kontrolle über die komplette Produktionskette in der Landwirtschaft und Lebensmittelwirtschaft soll bei den Produzenten und Konsumenten liegen. Sie sollen entscheiden, wie und was sie konsumieren oder produzieren, nicht allein die nach ökonomischen Interessen ausgerichteten Konzerne. Ein weiteres Prinzip ist das sichere Einkommen und die ländliche Entwicklung. Das aktuelle System agrarindustrieller Produktion führt dazu, dass Bauern, Bäuerinnen und Landarbeiter als Erzeuger landwirtschaftlicher Produkte am meisten an Armut und einem unzureichenden Zugang zu hochwertigen Lebensmitteln leiden. Der dritte Grundsatz bezieht sich auf stabile Erträge und effiziente Nutzung: Um ausreichend Nahrungsmittel für eine wachsende Weltbevölkerung zu erzeugen, soll weniger weggeworfen und weniger Fleisch konsumiert werden. Die nicht nachhaltige Nutzung der landwirtschaftlich erzeugten Erträge muss beendet werden.

Ein anderer Grundsatz ist die (Arten-)Vielfalt – Vielfalt auf allen Ebenen der Produktion, vom Saatgut bis hin zur Landschaft, ist eine wesentliche Grundlage ökologischer Landwirtschaft. Die Biodiversität wird sowohl geschützt als auch genutzt. So wird eine vielfältige Nahrung  sichergestellt, die Basis einer ausgewogenen und gesunden Ernährung ist.
Eine wesentliche Rolle spielen dabei gesunde Böden und sauberes, verfügbares Wasser – ohne den Einsatz von Agrochemikalien. Nur so kann Ackerland vor Erosion, Verschmutzung und Versauerung geschützt werden. Die Degradierung von landwirtschaftlicher Nutzfläche wird verhindert – das ist aktuell ein zentrales Problem industriell betriebener Landwirtschaft.

Wichtig ist auch die ökologische Kontrolle von Schädlingen. Der Gifteinsatz stellt eine Gefahr für das Erdreich, Wasser, Ökosysteme und die Gesundheit von Anwendern wie auch Konsumenten dar. Das letzte Prinzip ist die Widerstandsfähigkeit der Produktionssysteme im Klimawandel –  ökologischer Landbau kann sich nicht nur besser auf den fortschreitenden Klimawandel einstellen, er reduziert auch die Klimaeffekte der Landwirtschaft. Der gleichzeitige Anbau von verschiedenen Arten von Bäumen und Ackerfrüchten auf einem Feld ist eine bewährte Maßnahme, um die Widerstandsfähigkeit gegen extreme Wetterereignisse zu erhöhen. Greenpeace fordert, dass Unternehmen, Regierungen, Spender sowie Stiftungen ihre Investitionen und ihre politische Unterstützung weg von einer industriellen hin zu einer ökologischen Landwirtschaft verschieben. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, wie geholfen werden kann: Man kann versuchen, einen Teil seiner Lebensmittel selbst zu produzieren, beispielsweise indem man Kräuter auf dem Balkon oder der Terrasse anbaut. Alles beginnt mit der Frage: Was esse ich?