Die zwei „Zäune“ eines Bürgermeisters

Der Gemeindebürgermeister von Berzasca im Donaudurchbruch bezichtigt Bukarest des Ausbremsens von Tourismusinitiativen

Die Festung am Südufer der Donau, erbaut zu Zeiten des Kaisers Sigismunds von Luxemburg (1368 - 1437), als Abwehr gegen byzantinische und später osmanische Ansprüche und als Zollstelle für Donauschiffer, wurde von den Serben in den vergangenen Jahren mit Unterstützung aus Österreich restauriert und hat sich zu einem touristischen Anziehungspunkt entwickelt – auch für Bürger Rumäniens, die die neue Donaufähre benutzen, die in der Nähe anlegt. Foto: Zoltán Pázmány

Der Bürgermeister von Berzasca – die Gemeinde liegt in etwa der Mitte des 120 km langen Donaudurchbruchs beim Eisernen Tor – hat 2019 die Idee eines Interessenverbands der rumänischen Donauanrainerortschaften beim Eisernen Tor lanciert und drängt weiterhin auf deren Realisierung. Er selbst ist auch Tourismusunternehmer – er besitzt eine Pension in Berzasca. Einerseits wird ihm deshalb ein Interessenskonflikt (staatliche Behörde versus privates Interesse) vorgeworfen, andererseits wird er für einen der besten Fachmänner gehalten, wenn er sich zum Zustand des Tourismus im Donaudurchbruch beim Eisernen Tor äußert. Wer, wenn nicht er, kennt die Lage aus dem Innern des Systems von beiden Seiten gut? Als Langzeitbürgermeister einer großen Gemeinde und als Tourismusbetreiber mit eigener Pension.
Vom rumänischen Donauufer aus schaut man mit Neid ans südliche, serbische Ufer, erklärt Petru Nicolae Furdui, der Bürgermeister. „Die Serben erteilen uns tagtäglich stillschweigende praktische Lektionen zum Thema, was anzufangen ist mit einem Naturwunder, das man, wie wir, bewohnt und das auch von Touristen zunehmend gern besucht wird. Sie verstehen es, das enorme touristische Potenzial des Donauengpasses zu nutzen. Wir am nördlichen Donauufer brüsten uns bloß laut mit den Schönheiten, die wir zu bieten haben. Und nutzen die neue Donaufähre, um unser schönes Ufer von drüben zu betrachten und unser Geld für serbische Dienstleistungen auszugeben.“ So seine Bilanz der ersten Wochen des Betriebs der neuen Donaufähre. „Wir sind gut im inhaltsleeren Plappern und im Eigenlob unserer Potenziale – bei Taten hinken wir allen anderen hinterher.“

Fakt sei, dass die Zahl der Besucher im Raum Neumoldowa seit Inbetriebnahme der Fähre zugenommen hat. Aber sie kommen, um die Fähre zu nutzen, wegen dem Übersetzen ans andere Ufer. Furdui: „Es steht außer Zweifel, dass die neue Fähre von Neumoldowa für den ganzen Raum nutzbringend ist. So gesehen war das Projekt des Kreisrats Karasch-Severin gut. Und seine Wirkung wird mit Beginn der Tourismussaison noch potenziert. Doch ich `fürchte`, dass unsere serbischen Nachbarn viel mehr davon profitieren werden als wir. Die haben ihre mittelalterlichen Donaubefestigungen restauriert und saniert, die Besucherinfrastruktur ist entwickelt, sie haben Fahrradwege durch den ganzen Donaudurchbruch, nachts mit Beleuchtung, Restaurants und Pensionen, die sich einen guten Ruf erarbeitet haben, usw. Bei uns haben die Nationalparks ihre Grenzen abgesteckt und uns alle Investitionen verbarrikadiert. Weder wir, die Rathäuser, noch die Privatunternehmer können Nennenswertes tun. Als Wettbewerber werden wir von unserem eigenen System ausgebremst. So bleiben wir beim Brüsten mit unseren Potenzialen, sind aber unfähig, einen günstigen rechtlichen Rahmen zu schaffen, um Tourismus in und rund um Nationalparks zu entwickeln.“

Petru Nicolae Furdui nennt das den einen „Zaun“. Der andere, noch viel schlimmere „Zaun“, sei die fehlende Richtungskonsequenz in den Entwicklungsplanungen der sukzessiven Regierungen in Bukarest, in deren „strategischen Entscheidungen“. „So oft wir eine neue Regierung haben, ändert diese die Strategie der touristischen Entwicklung – und wichtige Projekte scheitern, weil die jeweils andere Regierung Ko-Finanzierungsentscheidungen der Vorgängerregierung bezüglich Projekten ignoriert, ganz einfach verwirft oder auf die lange Bank schiebt.“ So werden laufend längst genehmigte Projekte, an denen bereits viel gearbeitet wurde, verworfen. „Wenn nicht bald eine für alle bindende, nachhaltige und unumstößliche Entscheidung bezüglich des Donauengpasses in Bukarest – von der Regierung oder eventuell vom Parlament – getroffen wird, die auch eine Auflockerung der allzu strengen Restriktionen bezüglich Nationalparks einschließt, wird es extrem schwierig, im Tourismusbereich am rumänischen Ufer etwas gegenüber Serbien (oder auch Bulgarien) aufzuholen. Die Tragik: Der Tourismus ist im Bereich des Donaudurchbruchs für die hier lebende Bevölkerung so ziemlich die einzige Chance einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung. Davon hängt unsere Zukunft ab. Es ist unglaublich, wie schwer sich etwas in einem EU-Land bewegt, vor allem wenn ich mit ehrlichem und bewunderndem Neid vergleiche, wie wendig die Serben drüben sich rühren. Die keine EU-Mitglieder sind. Und soweit ich eine Einsicht habe: auch bei unseren bulgarischen Nachbarn bewegt sich alles viel munterer im touristischen Bereich. Und die sitzen im selben EU-Boot wie wir. Also an der EU kann´s nicht liegen…“