Digitale Reparatur klassischer Zahnleiden

Zahnarzt Dr. Alexandru Bogdan betreibt Vorzeigepraxis in Hermannstadt

Schaut aus wie ein Computerspiel für jedermann, erfordert aber Insider-Kompetenzen

Zahnarzt, Zahnarztschwester, 3D-Scanner, Laptop und Patient – Behandlungstechniken der Zukunft sind schon jetzt abrufbar. Fotos: der Verfasser

Digitale Behandlungsvorstufen sind der verlängerte Arm zahnärztlichen Einfühlungsvermögens.

„Behaglich schnurrend mit dem Rädchen/Dringt er vor bis zum Nervenfädchen./Jetzt zeige, Mensch, den Seelenadel!/Der Zahnarzt prüft die feine Nadel,/ mit der er alsbald Dir beweist,/Dass Du voll Schmerz im Innern seist./Du aber hast ihm zu beweisen,/Dass Du im Äußern fest wie Eisen.“ 

Eugen Roth (1895-1976), Kunsthistoriker, Germanist, Philosoph, zeitlebens Münchner und 1914 Freiwilliger des bayerischen Reserveinfanterie-Regiments, bestritt seinen Alltag nach einer frühzeitig erlittenen Schwerverwundung fortan als Mensch antimilitaristischer Haltung. Trotzdem wurde er auch im Zweiten Weltkrieg eingezogen. Nicht als Träger einer Schusswaffe, doch als Unterhalter einer Lesereise an die Front. Eugen Roth hatte großes Schmerzempfinden am eigenen Leib erfahren. Sein Name stand auf der Wehrmacht-Sonderausgabe „Ein Mensch lädt Kameraden ein/mit ihm ein Stündchen froh zu sein“. 1933 war der Autor von den Nationalsozialisten fristlos vom Arbeitsplatz in der Redaktion der Münchner Neuesten Nachrichten entlassen worden. Nach Kriegsende reflektierte er seine Rolle in der NS-Zeit selbstkritisch.
„Der Zahnarzt“ von Eugen Roth entstand in einer Zeit, als allein schon der Gedanke an Patientenstuhl und Extraktion schmerzte. Dringend nötig waren anno dazumal kräftig zupackende Hände eines Doktors, der „ganz empörend herzlos lächelnd, sauber und vernickelt“ vor „wohlbekannten Sesseln“ seine „Kunst entwickelt“. Schreckerlebnisse Jahrzehnte zurückliegenden Brückenbaus werden am Familientisch von Generation zu Generation weitererzählt. Zahnärzte haben es nicht leicht, über moderne Behandlungstechniken aufzuklären.

Nervige Komplikationen

„Ich möchte niemand quälen!“ Dr. Alexandru Bogdan, einer von drei Zahnärzten der Kleinprivatklinik Eurodent Bogdan auf der Doktor-Stâncă-Straße in Hermannstadt/Sibiu, kennt mein Gebiss seit 15 Jahren. Im Vorgängerkabinett auf der Jungen-Wald-Straße/Calea Dumbrăvii hat sein Vater, Dr. Nicolae Bogdan, vor gut 20 Jahren eine Amalgam-Füllung in einen meiner Unterkieferbackenzähne eingebaut. Noch immer hält die quecksilberhaltige Plombe. „Amalgam ist heute nur noch in den USA üblich und in Europa aus der Mode gekommen. Sind die Füllungen jedoch richtig gut gearbeitet, besteht ihr einziger Nachteil darin, dass sich an der Kontaktstelle zur Zahnoberfläche eine dünne, doch unschädliche Schicht Oxyd bildet.“

Erwachsene können Klagelieder von dem Wort Wurzelresektion singen. Während der Behandlungssitzung tut sie angeblich weniger weh als der beschädigte Nerv an und für sich, Leidgeplagten aber ist sie trotzdem Hürde auf dem Rückweg in schmerzlose Lebensqualität. Da ich selbst als 32 Jahre junger Mensch glücklicherweise noch alle Nerven drin habe und nicht weiß, ob dies einer Ausnahme oder doch eher dem Normalfall entspricht, muss ich Erfahrungsberichte anderer Patienten für bare Münze nehmen.

Keine Angst vor Schmerztraumata

Zahnarzt Dr. Alexandru Bogdan hingegen kann ich vertrauen. Ein- bis zweimal jährlich ist das Entfernen von Zahnbelag oder gar Zahnstein mit einer speziell hierfür geeigneten Nadel angesagt, die überall dort kratzt, wo Zahnbürste und Zahnseide nicht genügend sauberen Tisch hinterlassen. Ein vergleichsweise zahmes Utensil, das dennoch ordentlich stören kann. Linderung verschafft Lidocain, Lokalanästhetikum in Spray-Form, das mir jedoch zunehmend weniger Stichschmerzen nimmt. Sobald die Spitze des handlichen Geräts in Taschen zwischen Zahnfleisch und Zahnhals anlangt, hört der Spaß auf. Dr. Alexandru Bogdan weiß um meine Künstlerseele Bescheid und zückt gerne die verlässliche Betäubungsspritze: „Wenn Sie sich nicht quälen, fällt auch mir das Arbeiten leichter.“

Vor etwa zehn Jahren hat er mich überreden können, einen leicht von Karies befallenen Zahn ohne Betäubung anzubohren. Es war der erste und letzte Versuch dieser Art, denn seither wissen wir beide, dass mein weit unten liegendes Schmerzlimit nicht strapaziert werden muss. Bohren erhitzt den Zahn und ist nicht augenblicklich unangenehm, aber die kalte Spritzwasserdusche auf den heißen Zahnschmelz traf mich wie ein Blitzschlag. Zahnarztpraxen dürfen nicht zum Alptraum-Labor werden. Unbegründet der asketische Rat alterfahrener Patienten, sooft wie möglich auf Anästhetika zu verzichten, da sie angeblich Dauerschäden erzeugen. Generalanästhesie auf dem OP-Tisch im Krankenhaus ist eine Sache, Lokalanästhesie beim Zahnarzt etwas anderes. Vor hundert Jahren musste man für ein intaktes Lächeln wohl tatsächlich leiden können. Trifft heute längst nicht mehr zu.

Zähne reagieren auf Überbelastung

Dafür lebt die Welt aktuell im Zeitalter der Zivilisationskrankheit Burnout. Einst fehlten Schnelllebigkeit und Stress im Wortschatz der berufstätigen Erdbevölkerung. Weil mein Gebiss erste Anzeichen zeigte, wollte Dr. Alexandru Bogdan 2016 wiederholte Male wissen, ob ich mich bereits bei nächtlichem Zähneknirschen ertappt hätte. Ich musste bejahen. „Keine Sorge, das geschieht ab und an auch mir, wenn ich unter Zeitdruck am Steuer sitze und beide Zahnreihen fest aufeinander drücke. Aber man kann einen Abdruck nehmen und aus thermoplastischem Kunststoff vom Zahntechniker eine Aufbissschiene anfertigen lassen, die zusätzlichen mechanischen Abrieb stoppt.“ Mehrmals in Folge hat sich seine Vermutung bestätigt. Bissspuren graben sich in meine Aufbissschiene ein und erfordern alle 12 Monate Erneuerung. Doch genau deswegen schlafe ich besser. „Gutieră“ heißt das Ding auf Rumänisch.

Von ihm habe ich korrektes Zähneputzen gelernt. Horizontales Schrubben an den Seitenflächen ist total verkehrt und schadet dem Zahnfleisch. Die richtige Bewegung der Bürste startet am Zahnfleisch und endet in vertikaler Richtung am Zahn selbst. Dass mein Zahnfleisch sich zurückbildet und mir eine Parodontose beschert, die rechtzeitig behandelt werden muss, liegt sicher auch daran, dass ich jahrelang eifrig, aber falsch gebürstet habe. Herbst 2018 hat Dr. Alexandru Bogdan einen zwei Stunden langen Eingriff auf der rechten Seite meiner oberen Zahnreihe geschickt durchgeführt und einen Flicken „Mucoderm“, ein Stück Kollagen vom Schwein, zwischen Zahnfleisch und Zahnhälse eingefügt. Das Behandlungsresultat ist nicht schlecht, doch darf ich mich auf ein paar weitere Mikrochirurgie-Sitzungen derselben Art gefasst machen. Dann aber mit körpereigenem Gewebe aus der Gaumenpartie, wohlgemerkt, was zwar eine delikatere Nachbehandlung mit sich bringt, hingegen klar größere Flächenheilung der Parodontose ermöglicht.

Künstliche Realität vor Armutskulisse

Einer statistisch gängigen Einteilung zufolge zählt Dr. Alexandru Bogdan, Jahrgang 1979, als Mitglied der Generation X (Geburtenjahrgänge 1965-1980), die mit Computern aufgewachsen ist und dennoch nicht vollends auf Tuchfühlung mit neuen Techniken gehen möchte. Dr. Bogdan ist eine stolze Ausnahme. In der Büromansarde der Kleinprivatklinik stehen das Materiallager für Zahnersatz und eine hochmoderne Dentalfräsmaschine des Branchenführers imes-icore (Eiterfeld, Bundesland Hessen). Gebissabdrücke werden digital und nicht mehr durch klassisches, oftmals Würgegefühl erzeugendes Andrücken im offenen Rachen der Patienten genommen. Virtuelles Prothesen-Design dank PC-Software erlaubt Passgenauigkeit in Mikrometer-Größe, ist innerhalb weniger Stunden durchführbar und bereitet Patienten kürzere Behandlungs- und Wartezeiten.

„Vorbei sind die Zeiten, als man nach Augenmaß bestimmen musste, an welcher Stelle der Kieferknochen die beste Festigkeit zwecks Verankerung eines Implantats haben könnte. Das erledigt nun eine digitale Applikation!“ Für Dr. Alexandru Bogdan ist klar, dass längst nicht alle Praxen mit der digitalen Entwicklung Schritt halten. Außerdem sind die hiermit verbundenen Kosten sehr hoch. Nur ein kleiner Teil der Gesellschaft kann sich aufwändige Behandlungen leisten. Leider ist zahnärztliche Gesundheitsvorsorge im schwachen Sozialstaat Rumänien zu 99 Prozent Privatgeschäft. Weniger als ein Viertel der 15.000 Zahnärzte Rumäniens erhält Zuschüsse der staatlichen Krankenkasse CNAS, die überdies nicht nach Anzahl der Patienten pro behandelndem Arzt, sondern pauschal niedrig berechnet werden, womit sporadische Schmerzbehandlung, nicht aber gründliche Problembehebung abgedeckt werden kann. 

Wer nicht prophylaktisch in seine Tasche greift, bezahlt das Versäumnis früher oder später mit den eigenen Zähnen. Letztere können auf Katalognummer nachgebildet werden und ihre natürlichen Vorgänger gar an symmetrischer Schönheit übertreffen, reißen aber Löcher in die Brieftasche. Ebenso kann auch bombige Lokalanästhesie die ein oder andere Träne der Anstrengung nicht abtöten. Es ist besser, den Zahnarzt noch vor Schmerzauftritt aufzusuchen. Sonst wird es richtig teuer und letztlich doch unbequem.