Dreisprachiges Mockumentary über das berührungsempfindliche Siebenbürgen

Ein Budapester und eine Klausenburgerin spüren mit Theater der Toleranz nach

„Mir ist es wichtig, dass ein Stück, selbst wenn es politisch ist, nicht in die Entfremdung führt“, schickt Regisseur Martin Boross voraus: der Gründer des Budapester unabhängigen Ensembles Stereo Akt teilt sich die Schauspielleitung der Premiere des Dramas „Wonders of Transylvania“ am Wochenende Mitte des laufenden Monats im Theaterhaus „Reactor“ in Klausenburg/Cluj-Napoca mit Alexa B²canu vom Team der ausrichtenden Stätte und Kompanie. Und dieselbe Autorin, die das Libretto gemeinsam mit allen Akteurinnen und Akteuren der neuen und etwas weniger als zwei Stunden langen Vorstellung aufgesetzt hat, räumt ein, „Angst davor zu haben, falsch verstanden zu werden“. Denn die Synopsis ist ein Wagnis, wie es im von Rumänen und Ungarn gleichermaßen behaupteten Siebenbürgen offensiver nicht zu Papier gebracht und zu einem von Hassliebe getränkten Rollenspiel verarbeitet werden könnte – eine aus Budapest anreisende Gast-Regisseurin, die nichts anderem als einer üblichen Einladung zur Arbeit an einem vorerst noch fremden Haus folgt, sieht sich in der Begegnung mit den auf der Bühne Übenden sehr bald schon mit regionalen Fettnäpfchen konfrontiert, für die sie selbstverständlich nichts kann, die jedoch den Erfolg des Gemeinschaftsprojekts gefährden.

Heikelster Punkt der Streitigkeiten ist ein an der Wahlurne fälliger Volksentscheid über die autonome Selbstverwaltung des Szeklergebiets, der die sprachlichen und kulturellen Binnendifferenzen der rumänisch-ungarisch gemischten Gesellschaft Klausenburgs und darüber hi-naus schonungslos aufdeckt. Ist es somit angezeigt, eher von streng gepolter statt tolerant erfahrener Lebensgemeinschaft zu sprechen?

Alexa Băcanu und Martin Boross lassen in der abwechselnd auf das Rumänische, das Ungarische und das Englische zurückgreifenden Vorstellung mit dem Gedanken spielen, dass die zumeist parallelen Lebenswelten so gut wie alle Bereiche des Alltags durchfluten: im höheren Bildungswesen, am Arbeitsplatz, im Kulturellen, natürlich im Politischen und auch im Familienalltag steht die Vermengung eher selten denn regelmäßig auf der Tagesordnung. „Wonders of Transylvania“ von Regisseur Martin Boross und Texterin Alexa B²canu wird zum ersten Mal Freitagabend, am 16. Februar, und Samstagabend, am 17. Februar, um jeweils 20 Uhr im „Reactor“ geboten und kommt als parodierendes Theaterstück mit ernster Kernaussage einer Adaption des Mockumentary-Filmgenres für Schauspielbühnen gleich. Die eigentliche Wiedergabe vor Augen und Ohren der Zuschauer gehört Profis vom „Reactor“ und vom „Vároterem Projekt“, das auch zentral in Klausenburg (ungarisch: Kolozsvár) gegründet wurde und zuhause ist. Tickets für das nur etwa 70 Zuschauer fassende und politisch ungebundene „Reactor“ stehen auf dem Online-Portal eventbook.ro zur Reservierung frei. Wo die Schauspieler und Schauspielerinnen für die „Wonders of Transylvania“ aktuell im fiktiven Roman „Drakula“ von Hernádi Gyula (1926-2005) schmökern, einen Ausflug in das Dorf Torockó (rumänisch: Rimetea) im Westgebirge/Munții Apuseni hinter sich und auch den Klausenburger Zentralfriedhof gemeinsam erkundet haben, von dem im regionalen Volksmund gerne als „Házsongárd“ geraunt wird (ungarische Adaption des „Hasengartens“), könnten die Prämissen der Premieren-Vorstellungen schwerlich übertroffen werden. Sonntagvormittag, am 18. Februar, gilt Einladung zu einer Nachbesprechung um 11 Uhr für das gesamte Schauspielteam und sein Publikum gleichermaßen: bei kostenlosem Eintritt dürfen alle, die Einfaches wie Schwieriges zum einschlägigen Thema auf dem Herzen haben, sich überlegt zu Wort melden. Die Diskussion wird auf Rumänisch und Englisch stattfinden und Personen, die nur das Ungarische beherrschen, selbstverständlich mit einer Übersetzung aushelfen. Teilnehmerplätze für das Framework-Gespräch werden durch möglichst frühzeitiges Ausfüllen des Online-Formulars auf dem Link forms.gle/QUSyYTMgh1DHCiAV7 vergeben. „Wonders of Transylvania“ zählt zum Programm des 16 Monate Laufzeit veranschlagenden Projekts „Fágáș“ zwecks Stärkung der rumänisch-ungarischen Beziehungen im nicht staatlich gelenkten Kultursektor Klausenburgs, das finanzielle Förderung aus Kassen der EU, Islands, Liechtensteins und Norwegens (SEE-Zuschüsse) genießt.