Ein Kinderspiel soll zu einer Karriere werden

Jungregisseurin Daria Hupov ist nicht nur vom Filmemachen begeistert

Daria Hupov beschreibt sich selbst als Optimistin.

Zusammen mit Alexandra Marcu stellte sie im Herbst 2013 ihre erste Doku „Entwicklungen“ vor.
Fotos: privat

Mit elf und zwölf spielte sie auf ihrem Rechner mit dem „Movie Maker“-Programm, nun macht sie tatsächlich ihre eigenen Filme. Daria Hupov (18) ist vom Filmemachen fasziniert und stellte im Herbst des vergangenen Jahres ihren ersten Dokumentarfilm „Entwicklungen“ („Evoluţii“) in Temeswar/Timişoara vor. Der Film berichtet über Alexandra Marcu, die jüngste Kilimandscharo-Besteigerin Rumäniens. Doch nicht nur Filme sind ihre Leidenschaft. In ihrem Leben liefert sie sich einen Kampf zwischen zahlreichen Tätigkeiten, die sie begeistern.

In der achten Klasse drehte Daria Hupov ihren ersten Kurzfilm. Dieser war Teil einer Anti-Drogen-Kampagne für Schüler und Daria bekam auch einen Preis dafür. „Wenn ich jetzt zurückschaue, finde ich es gar nicht mehr so besonders“, sagt die Schülerin. Was zuerst nur als Spiel gedacht war, soll bald zur Karriere werden, denn nun strebt die junge Regisseurin andere Ziele an – Vollzeit-Regisseurin zu werden. Bis dahin übt sich Daria mit kürzeren Filmen und Reportagen.

Doch ihr erster Dokumentarfilm, „Entwicklungen“, macht sie besonders stolz. Das ist ihr erster Film überhaupt, welcher das Leben einer wahren Person schildert. Die 30-Minuten lange Dokumentation erzählt die Geschichte der 17-jährigen Alexandra Marcu aus Diemrich/Deva. Die Schülerin ist eine couragierte Bergsteigerin und Daria wollte ihre Geschichte vor allem anderen Jugendlichen ihres Alters in Rumänien vermitteln.

Die beiden Schülerinnen lernten sich im Internet kennen. Daria hat eine eigene Webseite  und Alexandra beauftragte sie, ihr bei der Erstellung einer eigenen Webseite behilflich zu sein. So nahmen sie Kontakt auf und blieben in enger Verbindung. Die Geschichten, die Alexandra mitteilte, faszinierten Daria und bewegten sie dazu, einen Film drehen zu wollen. Daria Hupov konnte sich zu dem Zeitpunkt schon als junge Regisseurin empfehlen, denn sie hatte bereits mehrere Kurzfilme gedreht, jedoch noch nie einen Dokumentarfilm. Das war die Herausforderung, auf welche Daria schnell aufmerksam gemacht wurde.

„Jeder Weg beginnt mit einem ersten Schritt“

Der Film heißt „Entwicklungen“ („Evoluţii“) und trägt den gleichen Namen, wie das Buch, das Alexandra Marcu als Tagebuch ihrer Expeditionen veröffentlichte. „Jeder Weg von Tausenden Kilometern beginnt mit einem einzigen ersten Schritt“, sagt lächelnd Alexandra Marcu in einer der Szenen im Film. Durch diese Äußerung sollen alle jungen Leute, Kinder und Jugendliche, ermuntert werden, sich dafür einzusetzen, ihre Träume wahr werden zu lassen. Das bestätigte auch Daria, ihren Traum zu verfolgen. Die beiden Schülerinnen mussten viele Tage zusammen verbringen und wenn die Distanz Temeswar – Diemrich dazwischenstand, unterhielten sie sich Online, stundenlang. Die Zusammenarbeit verwandelte sich schnell in eine enge Freundschaft.

Daria Hupov verbrachte viel Zeit mit ihrem ersten Dokumentarfilm, denn sie schrieb sowohl das Drehbuch, führte aber auch Regie. Auch die Montage bewältigte Daria allein. Hilfe und Unterstützung erhielt die Schülerin von ihrer Familie. „Meine Eltern waren immer dabei. Wir sind im Februar gemeinsam ins Gebirge gefahren, um dort die Winterszenen zu drehen, dann weiter im Mai, als wir die Frühlingszenen drehten. Und da mir die notwendige Ausrüstung für einen qualitativen Dreh fehlte, verschaffte mir meine Mutter zwei erfahrene Kameramänner, die begeistert waren, zu helfen“, erzählt Daria. Nachdem das ganze Material aufgenommen war, kam die schwierigste Sache des Filmemachens – die Montage.

Sechs Monate dauerte diese, doch die Zeit hat sich ausgezahlt: im Oktober des vergangenen Jahres war es endlich soweit. Der Film war fertig und konnte dem Publikum gezeigt werden. Seit Herbst 2013 tingeln nun die beiden Schülerinnen immer wieder durchs Land, um den Film auch in anderen rumänischen Städten vorzustellen. Nach Temeswar folgte die Heimatstadt der Bergsteigerin, Diemrich, dann Klausenburg/Cluj-Napoca. Alexandra Marcu hat, so jung sie ist, bereits mehrere Bergspitzen erklommen. Zuerst waren es die Gipfel in Rumänien, dann der Mont Blanc, der Kilimandscharo und der Pico de Orizaba, der höchste Berg Mexikos. Alexan-dra wurde zum jüngstem Bürger Rumäniens erklärt, der den Kilimandscharo bezwungen hat. Das alles erzählt Darias Film und er stellt Alexandra Marcus Träume vor: Ihr Ziel ist es nun, die höchsten Vulkane auf allen sieben Kontinenten zu besteigen. Bis jetzt hat die junge Bergsteigerin schon vier bezwungen: die Uhuru-Spitze am Kilimandscharo, den Mont Blanc in den Alpen, den Kazbek in Georgien und den Damavand im Iran. Keine andere europäische Bergsteigerin ihres Alters schaffte bisher diese Leistung.

Wie ein Profi-Dokumentarfilmer mischt Daria Bilder mit Musik. Die Szenen im Film wechseln zwischen Alexandras Bergsteigen im Sommer und Winter, Erzählungen ihrer Eltern, eigenen Eindrücken und Training bei allen Arten von Wetter. Alles, um die Geschichte treffend und möglichst lebendig wiederzugeben. Die Entdeckungsreisen der Schülerin aus Diemrich gehen weiter. Ende des vergangenen Jahres schaffte sie es, zusammen mit ihrem Vater den Mount Giluwe in Papua-Neuguinea zu besteigen – der höchste Vulkan in Australien und Ozeanien. Dann stehen noch zwei andere Gipfel auf dem Plan: der Ojos del Salado in den Anden und der Sidley in der Antarktis. Wenn sie all das geschafft hat, verspricht Daria Alexandra, einen weiterer Film über sie zu drehen.

Phantasiewelt auf der Webseite

Im Zimmer in ihrem Elternhaus am Rande von Dumbrăviţa/Ujszentés, eine Ortschaft unmittelbar nördlich von Temeswar, mischen sich mehrere Welten: Aus einem Regal blicken große runde Augen einiger Fimo-Figuren herab. Plüschtiere und Poster mit Musik- und Moviestars, aber auch selbst gezeichnete Zeichentrickfiguren beleben die Wände des Zimmers. All das bestimmt das phantasievolle Leben der 18-jährigen Daria Hupov.

Sie lächelt ständig und ihre Augen blicken schelmisch hinter dem dünnen Rahmen der Brille hervor. Sie habe viele Leidenschaften, lässt sie stolz wissen: ein wahrer Kampf zwischen Film, Fotografie, Literatur und Theater. Alle ihre Hobbys wetteifern darum, den ersten Platz zu belegen, was ihre Aufmerksamkeit angeht. Dazu kommt noch Science Fiction. „Wenn die Zeit bloß für alles reichen würde“, stöhnt das Mädchen ergeben. Doch die vielen Interessen machen Daria Hupov nur noch lebendiger: „Ich bin sehr kindisch – aber ich liebe es so zu sein!“

Sie schaut sich im Zimmer um und versucht zu erklären, was da alles zu sehen ist. In einer Mappe im Regal bewahrt sie alle ihre Diplome auf. „Ich habe an so vielen Wettbewerben teilgenommen, dass ich sogar vergessen habe, dass ich dabei war und sogar, dass ich bei vielen ausgezeichnet wurde“, sagt sie lächelnd, als sie gerade ein vergessenes Diplom aus der Mappe zieht. Gleich nebenan im Regal steht ein Büchlein mit zerknitterten Seiten. Darin schreibt Daria immer wieder interessante Zitate auf, die sie als Mottos verwenden könnte. Doch nicht nur in diesem Büchlein notiert sie ihre Lieblingssprüche, sondern überall – in Heften, auf Büchern, auf ihrer Facebook-Seite – und möchte dabei sich selbst und ihre Freunde motivieren. „I am and always will be the optimist, the hoper of far-flung hopes and the dreamer of improbable dreams”. Das heißt auf gut Deutsch „Ich bin und bleibe Optimist, der Hoffende von weit entfernten Hoffnungen und der Träumer von unwahrscheinlichen Träumen“. Dieses Zitat aus „Doctor Who“, der britischen Science-Fiction-Fernsehserie, die seit 1963 produziert wird, beschreibt ihren Charakter am besten. Zu ihrer Leidenschaft für Zitate passt auch die Aufgabe für den Abschluss ihres Fotografiekurses an der Temeswarer Kunstvolksschule. Welche Zitate sie symbolisch durch ihre Fotografien ausdrücken möchte, verrät sie jedoch noch nicht.

In einem anderen Heftchen schreibt Daria immer wieder Vorschläge und Ideen für künftige Drehbücher und Filme nieder. Derzeit arbeitet sie an einem Theaterstück. „Das Spiel ist modern. Auch wenn ich mehr Regie für Filme machen möchte, habe ich diese Idee, die eben nur durch ein Theaterstück ausgedrückt werden kann“, erklärt Daria, die jedoch nicht mehr verraten möchte. Auch da möchte sie weiterhin geheimnisvoll wirken.

Was sie bereits mit der Welt teilen kann, hat sie ohnehin auf ihrer Webseite gepostet. Filme, Fotos und viele ihrer Schöpfungen können auf www.dariahupov.com  gesehen werden.

Als Schülerin der elften Klasse in der Theaterabteilung der Ion-Vidu-Musikschule weiß sie genau: „Ich will auf jeden Fall Regie machen. Ich liebe es, mit Leuten zusammenarbeiten zu können“, sagt sie. Dafür muss sie Regie studieren – und ihr  ist auch schon klar, wo: „Ich wünsche mir, in Edinburgh, Schottland, zu studieren – diese Universität hat einen guten Platz im Ranking der 20 besten Unis der Welt“. Bis dahin büffelt sie weiterhin allein im Internet in den Online Kursen und Vorlesungen des US-amerikanischen Unternehmens „Coursera“.