Ein Öko-Jahrmarkt mitten in Bukarest

„ECO Piazza“ des Goethe-Instituts: Lokale Akteure werben für Nachhaltigkeit

Die auf dem Vorplatz des Bukarester Goethe-Instituts organisierte „ECO Piazza“ war ein Riesenerfolg. | Foto: Patric Pavel

Ausschnitt aus einer mit Fahrrädern gemalten Karte Bukarests | Foto: Facebook Electric Movement Week

Für einen Nachmittag lang verwandelte sich der Platz vor dem Bukarester Goethe-Institut in der Calea Dorobanți Nr. 32 in einen bunten Jahrmarkt: Am 25. Juni konnten sich im Rahmen des Projekts „ECO Piazza“ umweltbewusste Menschen aller Altersgruppen mit dem Thema Nachhaltigkeit hautnah auseinandersetzen und auf den dortigen Ständen verschiedene NGOs und lokale Initiativen kennenlernen.

„BițaColor“

Gleich am Eingang des Öko-Marktes wurden die Besucher von begeisterten Mitarbeitern der Fahrradwerkstatt „BițaColor“ und einem ausgestellten, beson-ders hübschen Vintage-Fahrrad empfangen. 

„BițaColor“ wurde 2012 gegründet und bietet erstmalig in Rumänien Lackier- und Personalisierungsdienste für Fahrräder an. Im Laufe der Jahre hat sich „BițaColor“ dann mehr auf den Menschen konzentriert und versucht, die Gemeinschaft durch die Spendenaktion „Schenk ihnen ein Rad“ zum Ankauf von Rädern für benachteiligte Kinder oder die „Mechanikschule“ zu unterstützen. Aus Leidenschaft für klassische Fahrräder wurden außerdem zwei Ausgaben der „Bukarest Vintage Bicycle Show“ organisiert, bei der hunderte Begeisterte zusammenkamen. Auch von der „ECO Piazza“ fuhren einige auf individuell bemalten Rädern nach Hause, nachdem sie die Elektromusik und kühle Getränke vom Wander-Bar-Fahrrad genossen hatten.

„Electric Movement Week“

Ähnlich gesinnt zeigte sich der umweltbewusste Verband „Electric Movement Week“, der die städtische Elektromobilität und umweltfreundliche Transportmittel fördert. Die Vertreter des Verbandes glauben fest daran, dass sie Menschen davon überzeugen können, sich für schadstofffreie Transportmittel zu entscheiden. Ihr Motto lautet: „Ein elektrisches Fahrzeug für jeden Bürger!“ Als „Electric Movement Week“ wird nicht nur der Verein, sondern auch das von diesem organisierte Festival bezeichnet, das vom 11. bis 19. September stattfinden soll. Für eine Parade im Schweinwerferlicht werden  rund 1000 Teilnehmer mit Elektrofahrzeugen erwartet. Die Veranstalter hoffen, den Guiness-Rekord für die Parade mit den meisten Elektrofahrzeugen zu brechen.

Weil das Goethe-Institut auch Kultur pflegt, durfte ein Kunstwerk auf der ECO Piazza natürlich nicht fehlen: Drei farbenfrohe, vom Verein geschaffene Malereien wurden ausgestellt, die durch das wiederholte Überfahren mit dem Rad mit luftreinigenden Farben „gemalt“ wurden. Die Gemälde bilden zusammen die Karte Bukarests, die wichtigsten Boulevards sind durch weiße Streifen markiert.

„Earth SpeakR“

Kindern, die etwas für den Umweltschutz bewegen wollen, verleiht die App „Earth SpeakR“ eine Stimme. 7 bis 17-Jährige können eine Videoaufnahme mit ihrer Nachricht erstellen und dabei ihre Identität mithilfe von künstlicher Intelligenz schützen. Während die Kinder beim Sprechen gefilmt werden, legt die Software passend zur Nachricht den Avatar einer Pflanze, eines Flusses, eines Baums oder des Planeten über ihre Gesichtszüge, der die Mimik des Sprechers (auf ziemlich unheimliche Weise) nachahmt.

Earth SpeakR wurde vom dänisch-isländischen Künstler Olafur Eliasson in seinem Berliner Studio in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut, Kreativpartnern, Forschern, Experten und Kindern entwickelt und anlässlich der deutschen EU-Ratspräsidentschaft (2019-2020) durch das Auswärtige Amt gefördert. Alle 24 Amtssprachen der Europäischen Union sind in der App vertreten und diese ist weltweit zugänglich.

„eematico STEAM kits“

Kindern widmet sich auch der Verein „eematico“, der spielerische, innovative Bildungsprogramme entwickelt. Laut seines Credos ist das spielerische, erlebnisorientierte Lernen der grundlegende Lernprozess. Dieses Prinzip wird in allen Projekten angewandt. Die „eematico STEAM kits“ sind kreative Baukästen aus Holz für Kinder im Alter von vier bis sieben oder acht bis zwölf Jahren mit Lernspielzeug zum selbst Zusammenstellen. Jedes Kit setzt sich mit einem Thema aus  Wissenschaft, Technologie, Ingenieurwesen, Kunst und Mathematik oder anderen kreativen Bereichen auseinander.

Kleine Freuden

Für die Sensibilisierung der Erwachsenen für Umweltprobleme und die Entwicklung ihres Umweltbewusstseins setzt sich die NGO „Micile Bucurii” (Kleine Freuden) ein.

Mit „Klima Collage“, wird ein interaktives Spiel angeboten, das durch wissenschaftlich fundierte Informationen die katastrophalen Auswirkungen der Umweltverschmutzung und des Klimawandels selbst entdecken lässt. Darüber hinaus bietet die NGO auf ihrer Webseite Kurse zu Nachhaltigkeit, Mülltrennung, Minimalismus und Workshops für veganes Kochen, Gartenarbeit, Permakultur, Herstellung von natürlicher Seife, Keramik- und Deko-Gegenständen an. Die Kurse und Workshops richten sich an Unternehmen, die ihre Angestellten im Geist der Nachhaltigkeit und des Naturschutzes erziehen wollen.

„Zero Waste“

Wer keine Zeit für Öko-Workshops hat, kann umweltfreundliche Kosmetikprodukte, Seife, Wasch- und Spülmittel und aus natürlichen Rohstoffen handgefertigte Geschenke auch im Laden „Zero Waste“ in der Str. Buzești Nr. 20 kaufen. Das Konzept der Abfallfreiheit sieht vor, dass Kunden beim nächsten Besuch die leeren Behälter ihrer Produkte zur Reinigung und Wiederverwertung zurückzubringen, statt sie wegzuwerfen.

„Greenpeace“

Am Stand der bekannten NGO „Greenpeace“ wurden Unterschriften für eine Petition gesammelt, die die Behörden für die Desertifikation des Ackerlandes im Süden und Südosten Rumäniens sensibilisieren soll. 115.000 Unterschriften wurden bereits zusammengetragen. 
Die Aktion „Grüne Grenze“ hingegen sieht die Anpflanzung von Bäumen an den Grenzen der Felder zur Vorbeugung der Bildung von Wüstenlandschaft vor. Grundbesitzer sollen überzeugt werden, Greenpeace-Volontären einen Teil ihres Landes für die Anpflanzungsaktion zur Verfügung zu stellen, dafür soll ihnen ein  Ausgleich in Form von Zuschüssen von der Europäischen Union oder aus dem Staatshaushalt gewährt werden.

„Urban Cultor“

Die Zukunft liegt in der städtischen Landwirtschaft - daran glaubt zumindest eine Gruppe französisch-rumänischer Bürger, die während der Corona-Pandemie 2020 in Bukarest den Betrieb „Urban Cultor” gründeten. Dieser  bietet Lösungen für urbane Landwirtschaft, Gartenarbeit und Kompostierung im privaten und öffentlichen Bereich sowie Veranstaltungen und Einführungsworkshops an. Damit soll bei der Gestaltung und Pflege von städtischen Gärten unterstützt werden. 

Ob auf dem Balkon, auf Dächern von Gebäuden, in einem Hochschichtsystem oder auf vertikalen Gärten betrieben, die nachgewiesenen Vorteile der urbanen Landwirtschaft in europäischen Ländern sind unzählig.

„Ateliere Fără Frontiere“

„Ateliere Fără Frontiere“- Werkstätten ohne Grenzen - ist eine 2008 gegründete rumänische NGO, die sich für die berufliche und gesellschaftliche Integration schutzbedürftiger und benachteiligter Menschen einsetzt. Unter ihrer Schirmherrschaft gibt es weitere drei Initiativen: die EduClick-Werkstatt, die Remesh-Werkstatt und die Bio & Co-Farm, welche soziale und pädagogische Unterstützung, Integrationsberatung und Psychotherapie für die berufliche Qualifizierung von Menschen mit Mehrfacherkrankungen oder anderen Benachteiligungen wie Langzeitarbeitslosigkeit, Sucht, Behinderung, Schulabbruch, häusliche Gewalt, Opfer von Menschenhandel, Obdachlosigkeit usw. bieten. Die NGO sichert von der Gesellschaft und den Behörden vernachlässigten Menschen Arbeitsvertrag und Gehalt, den Zugang zu ihren Rechten, Sozial- und Krankenversicherung. Am Ende des sozial-beruflichen Förderkurses wird den Absolventen geholfen, auf dem konventionellen Arbeitsmarkt oder in geschützten Einrichtungen eine Anstellung zu finden.

Die sich im Kreis Dâmbovița befindliche Bio & Co-Farm unterstützt nachhaltige Entwicklung durch den Anbau von Bio-Gemüse, die Reduzierung von Abfall und Umweltverschmutzung, indem organische Abfälle gesammelt, kompostiert und zu Düngemitteln für die Bio-Landwirtschaft umgewandelt werden. Die Farm bietet einer begrenzten Anzahl von Kunden wöchentlich einen Korb mit verschiedenen saisonalen Gemüsen sowie andere Produkte zum Kauf an.

„EduClick“ ist ein Projekt, über das gebrauchte Computer für die digitale Bildung in Schulen, NGOs und Institutionen, die mit benachteiligten Gemeinschaften arbeiten, gesammelt und angepasst werden. Bisher wurden 17.000 gespendete Computer für Bildungsprojekte, Modernisierung von Computerlaboren, nicht formale Bildung und Aktivitäten zur Förderung der digitalen Kompetenz eingesetzt.

Die Remesh-Werkstatt ermöglicht benachteiligten Menschen, sich an der Umwandlung wiederverwertbarer Straßenwerbungsmaterialien in nützliche Haushaltsgegenständen und Taschen zu beteiligen. Die Nutznießer dieses Projekts sind meist Frauen oder Mütter mit mehreren Kindern und einer schwierigen Vergangenheit: Alleinerziehende, Opfer von häuslicher Gewalt oder Menschenhandel, Obdachlose, Süchtige oder Behinderte.

Die Tätigkeit aller Werkstätten stützt sich auf die Prinzipien der Nachhaltigkeit, Solidarität und Kreislaufwirtschaft sowie des fairen Handels. Weitere Informationen zu den genannten NGOs sind auf deren Internetseiten erhältlich. Nach dem sichtlichen Erfolg der „ECO Piazza“ sagte der Direktor des Goethe-Instituts Bukarest, Dr. Joachim Umlauf, bereits eine zweite Auflage des Events zu.