Eine Fata Morgana

Die  Autobahn, die Bukarest mit Kronstadt/Braşov und somit mit Siebenbürgen verbinden soll, wird allgemein als Priorität betrachtet. Aber bis die rund 170 km auch wirklich mit dem Pkw nicht in über drei Stunden wie heute, sondern in 90 Minuten zurückgelegt werden können,  wird  es noch Jahre dauern. Die Teilstrecke Comarnic –  Kronstadt,  genauer Comarnic – Neustadt/Cristian, gilt verkehrstechnisch als schwierig. Deshalb ist ihr Bau auch teuer. Man spricht von rund 1,5 Milliarden Euro. Bekanntlich hatte das französisch-griechische Konsortium Vinci-Aktor eine Ausschreibung gewonnen, die Anfang des Vorjahres auch als großer Erfolg gefeiert wurde, weil es im rumänischen Autobahnbau der erste abgeschlossene Konzessionsvertrag war.

Aber einige Tage, bevor die 90-Tages-Frist ablief, nach der Entschädigungen fällig gewesen wären, stieg Vinci-Aktor aus dem Vertrag aus.War es die Wirtschaftskrise, welche die Finanzierung in Frage stellte? Waren es zusätzliche Forderungen des Konsortiums, die der rumänische Staat nicht erfüllen wollte oder konnte? Tatsache ist, dass seit April 2010 des Öfteren von einer Neuausschreibung gesprochen wurde, ohne dass sich jedoch etwas in dieser Richtung bewegte. Zuletzt hieß es aus Regierungskreisen, dass der Bauauftrag für diese Autobahnstecke mit der Teilstrecke Kronstadt – Fogarasch/Făgăraş der Transilvania-Autobahn gekoppelt werden könne.

Eine öffentlich-private Partnerschaft für eine solche Großinvestition wurde auch als Lösung erwähnt. Beim China-Besuch vor einigen Wochen schlug Premier Emil Boc chinesischen Konzernen vor,  sich bei solchen Großprojekten (unter anderem auch dem Bau dieser Autobahn-Teilstrecke) zu beteiligen. China hat Erfahrung in diesem Bereich. Die Gesamtlänge der chinesischen Autobahnen soll inzwischen schon bei 76.000 km liegen. Und die Chinesen bauen viel billiger als alle anderen. Aber das hat auch seine Nachteile. Denn in der Europäischen Union wäre man nicht gerade froh, wenn das Geld für Autobahnen nicht in der EU bliebe.

Der Bau der Transilvania-Autobahn (Borş – Kronstadt) wurde aber bekanntlich an den US-Konzern Bechtel vergeben. Einen Präzedenzfall gibt es also, auch wenn dieser leider kein Erfolg war, weil der Vertrag immer wieder infrage gestellt wird und die Arbeiten nicht richtig vorankommen. „Autostrada Zăpezii“ (die Schnee-Autobahn), wie die A3 noch genannt wird,  wirkt auf dem Papier, vor allem von Comarnic nach Kronstadt, spektakulär. Auf den 55 Kilometern sind zahlreiche Brücken und Viadukte vorgesehen, sowie 6 Tunnels. Diese sollten zum Beispiel unter Sinaia und Buşteni führen, weil eine Ortsumleitung vom Gelände her nicht möglich ist.

Ein weiterer Tunnel ist vor Predeal (mit 3,8 km der längste) vorgesehen.  Da schwenkt die Autobahn nämlich nach Nordwesten ins Râşnoavei-Tal und führt über Pârâul Rece nach Rosenau/Râşnov und Neustadt ins Burzenland. Bei allen Tunnels handelt es sich um Doppel-Tunnels (ein Tunnel für jede Fahrtrichtung). Fachleute sagen, dass einige der veranschlagten Kosten für den rumänischen Staat geringer ausfallen könnten. Die meisten der Wälder im Prahova-Tal, durch die die neue Autobahn führt, sind im Staatsbesitz, sodass die Entschädigungen für Enteignungen geringer als anderswo ausfallen werden. Trotzdem bleibt Geld  das Hauptproblem für die Erfüllung des Autobahn-Traumes bis nach Kronstadt.

Die Kronstädter müssen sich also mit einem Autobahnanschluss noch über vier bis fünf Jahre gedulden – die Mindestbauzeit, wenn morgen ein Bauvertrag zustande käme. Auch mit dem Flughafen bei Weidenbach/Ghimbav verzögern sich die Arbeiten. Die Stadt am Fuße der Zinne liegt zwar zentral und ist ein Knotenpunkt sowohl für den Eisenbahn- als auch den Straßenverkehr. Wann sich da die zwei Autobahnen kreuzen werden, weiß jedoch niemand. Die Berge um Kronstadt sind wohl nur für schwache Politiker eine gute Ausrede. Die Chinesen wären also willkommen, wenn wir die Autobahn tatsächlich noch bauen wollen.