Einzigartiges Festival im Donaudelta

Das erste Öko-Konzert in Rumänien, Müllbeseitigung und kreative Wiederverwertung

Das erste Öko-Konzert in Rumänien wurde von der Band „Late Summer“ abgehalten.

Die Organisatoren Roxana Luca und Tudor Marin haben schon Ideen für eine längere, nächste Auflage des Festivals. Fotos: die Verfasserin

Das Team von „Let’s do it, Romania!“ und Volontäre sammelten am Samstag in Sfântu Gheorghe zahlreiche Müllsäcke voll. Foto: Cristina Mocanu

Freiheit, Unterhaltung, Lernen, Sport, Musik und Müllsammeln – so lässt sich die Atmosphäre vom Wochenende des 19. bis 21. Juli in Sfântu Gheorghe beschreiben, da, wo das Delta Music Fest stattfand.
Der ungewöhnliche Charakter des Festivals gibt sich schon am Veranstaltungsort zu erkennen: Die mehrstündige Hinfahrt auf der Donau lässt uns die Verbindung zur Natur wieder beleben und die städtische Hektik vergessen. Als wir in Sfântu Gheorghe ankamen, ahnten wir schon, dass das Festival eine wichtige Botschaft zu übermitteln hat.

Haushalt der Natur

Die Organisatoren, Tudor Marin und Roxana Luca von der Stiftung „Anonimul“, sprachen über das Festival und dessen Verbindung zur Stadt Sfântu Gheorghe. Konzeptuell ist das Delta Music Fest ein umweltfreundliches, nachhaltiges Projekt, das Sfântu Gheorghe für eine bestimmte Zielgruppe fördern soll. Angesprochen werden diejenigen, die Natur lieben und umweltbewusst denken. Hierfür möchte man aber auch nicht allzu viele Menschen versammeln, meint Tudor. Nach Sfântu Gheorghe zu gelangen, ist ein großer Aufwand. Daran könnte es auch liegen, dass der größte Teil des Publikums aus beruflich selbstständigen Menschen bestand.

Im diesem Jahr wurde erstmals der ökologische Aspekt der bereits dreimal in Sfântu Gheorghe stattgefundenen Musikveranstaltung hervorgehoben: Ziel war, das Publikum im Geiste des Ortes zu erziehen und zu engagieren. Die Natur in und um Sfântu Gheorghe soll bewahrt und die Touristen überzeugt werden, dabei zu helfen. Es geht nicht nur darum, dem umweltschädigenden Verhalten ein Ende zu setzen, sondern eine nachhaltige, positive Veränderung zu bewirken. Das Publikum soll dabei auch Eigeninitiative beweisen, zum Beispiel bei der kreativen Wiederverwertung von Altmaterialien. Es geht dabei um einfache Dinge, die man sofort und direkt verwirklichen kann. Das Gelernte kann man später zu Hause weiter pflegen.

Mit Volontäraktivitäten haben sich die Organisationen „Let’s do it, Romania!“, „incubator107“ und „Kitebike“ hervorgetan. „Let’s do it, Romania!“ räumte mit Freiwilligen den Müll im Rahmen des Festivals auf. Außerdem wurde in Zusammenarbeit mit „incubator107“ eine Werkstatt zur „kreativen Wiederaufbereitung“ organisiert.

Das erste Öko-Konzert in Rumänien: Late Summer

Für die Stromversorgung wurde ein System eingesetzt, welches Elektrizität bis zu 300 Watt für Konzerte generieren kann und speziell für das Music Delta Fest aufgebaut wurde. Es handelt sich um ein Fahrradtandem-Hybrid, das vollständig in Rumänien hergestellt wurde. Dieses Konzept ist im Ausland sehr bekannt, für unser Land hingegen eine Premiere. Im ökologischen Zelt traten die Mitglieder der Musikband „Late Summer“ während des Konzerts in die Pedale, um ihre Musikinstrumente elektrisch anzutreiben. Heuer wurde nur ein relativ kleines Zelt zur Verfügung gestellt, im nächstem Jahr soll das Öko-Konzert jedoch für eine große Bühne geplant werden. Die Werkstatt „Home Made Music“ fand vor dem Konzert statt: Rasseln wurden aus zusammengeklebten Plastikbechern und Reis gebastelt, damit das Publikum beim Öko-Konzert aktiv mitmachen konnte.

Nach dem Konzert wurde weiter auf dem Strand musiziert: Die Mitglieder der Band brachten ihre Instrumente ans Ufer des Schwarzen Meers und begeisterten die dort liegenden Sonnenbadenden. Die unkonventionelle Band „Late Summer“ entstand im Jahre 2011 und besteht aus drei ambitionierten Mitgliedern, die einen Ausflug durch Europa planen, um spontane Konzerte abzuhalten, bei denen die Zuhörer mitspielen können. Ihren Stil beschreiben sie als „indie-jazzy“. 

Kreative Wiederaufbereitung

Ein anderes neues Konzept für Rumänien ist „creative recycling“. Alina Blaga brachte den Schaulustigen bei, wie man kleine Vasen aus Glühbirnen bastelt, Ohrringe, Halsketten und Geldtaschen aus Papier sowie Aschenbecher aus Alu-Dosen. Ist man kreativ, kann man eigenhändig etwas Nützliches fertigen, so die Initiatorin der „D’Avent“ NGO. Sie hat sich mit dem Konzept der kreativen Wiederverwertung in Budapest vertraut gemacht und dieses auch in Rumänien eingeführt. Während des Festivals zeigte sie den Teilnehmern geduldig, wie man kreativ mit anscheinend nutzlosen Objekten umgehen kann. Den Anwesenden wurde beigebracht, wie Gegenstände intelligent verwertet werden können, sei es zu praktischen oder ästhetischen Zwecken. 

Gemeinsame Müllsammelaktion

Das Donaudelta ist eines der größten Deltas der Welt mit einzigartiger Pflanzen- und Tierwelt. Problematisch ist in der Gegend hingegen der Müll, da Menschen auf den Schiffen Flaschen und Verpackungen ins Wasser werfen, meint Tudor. Das Ökosystem aus dem Delta soll aber auf keinen Fall gestört werden. Dank der zwei Vertreterinnen von „Let’s do it, Romania!“ hatte man im Rahmen des Festivals eine Chance, Ökologie besser zu verstehen und sich praktisch dafür einzusetzen. Gleichgültigkeit gegenüber der Umweltverschmutzung wird durch ein proaktives Benehmen ersetzt. Die jungen Frauen erklärten die Richtlinien des Trainingsteams von „Let’s do it, Romania!“. Grundfrage ist, wie man „öko“ werden kann. Um korrekt mit Umweltproblemen umzugehen, gibt es leicht zugängliche Methoden. Das langfristige Ziel liegt darin, das Verhalten der Menschen nachhaltig zu verändern – zuallererst geht es jedoch darum, sie zu informieren und zu erziehen.

Am Samstag wurde die Säuberung des Strandes geplant. Hilfreich waren die Unterstützung der Organisatoren und die Begeisterung der Teilnehmer, besonders seitens der Kinder, die Offenheit und Neugier bewiesen. Das Team war am Ende des Festivals zufrieden, die Ergebnisse gleich ersichtlich: ein großer Haufen von Müllsäcken. Besonders wichtig ist es, dass auch Kinder mitgeholfen haben. Das Team von „Let’s do it, Romania!“ hat somit Menschen gefunden, die sich am Festival erfreut und gleichzeitig gelernt haben, umweltbewusst zu handeln. Das Team hofft, dass sich mit der Zeit immer mehr Leute der Umwelt bewusster werden und sich dafür einsetzen.

Sportliche Wettbewerbe, Spiele und Werkstätten

Spiele und sportliche Wettbewerbe haben nicht gefehlt. Petanque, ein berühmtes Spiel aus Frankreich, wurde am zweiten Tag des Festivals vorgestellt. Nachdem sich die Leute die Regeln des Spieles angeeignet hatten, wurde ein Wettbewerb organisiert. Aufsehenerregend war auch die Schatzsuche mit Fahrrädern. Eine Route wurde vorbereitet, der man mit dem Fahrrad folgen, nach Hinweisen suchen und am Ende eine Kiste mit dem Preis finden konnte. Die Teilnehmer wussten dabei nicht, wie lange die Suche dauern wird: eine Stunde oder sogar den ganzen Tag? Auf diese Weise hatte man Spaß und entdeckte zugleich das Delta. Wenn man sich allein nicht zurechtfand, musste man fragen – eine gute Methode, auch die Einheimischen kennenzulernen.

Außerdem wurde eine Vielfalt von Aktivitäten im Camping geboten, wo man etwas Neues lernen konnte: Jonglieren, Drachen basteln, Improvisationstheater oder sogar Massage. Morgens wurde neben den mit Schilfrohr bedeckten Häuschen akrobatisches Yoga für die Frühaufsteher organisiert. Untergebracht waren die Gäste im „Dolphin Camping“, am Ufer eines Kanals mit Seerosen.

Das Festival bot mehr als drei Tage Musik und führte dabei gleichzeitig in Veranstaltungskonzepte ein, die in Rumänien noch weitgehend unbekannt sind, im Ausland jedoch schon lange verbreitet. Das Zusammenspiel zwischen diesen neuen Ideen, Ökologie und Musik hat zu einer Stimmung geführt, die optimal zu Sfântu Gheorghe passt.