Erste Versuche gegen die Auto-Abhängigkeit

In der Kronstädter Inneren Stadt könnten die Anrainer bevorzugt werden

Zusätzliche Parkplätze durch eine Parketage vor einer Kronstädter Bank
Foto: der Verfasser

Bei seiner ersten Jahresbilanz seit der Amtsübernahme sprach der Kronstädter Bürgermeister Allen Coliban von „Samen“, die gelegt werden, um in den nächsten Jahren heranzuwachsen. Diese „Samen“ sind Projekte für die Entwicklung Kronstadts zu einer umweltfreundlichen, touristisch attraktiven europäischen Stadt. In dieser „grünen“ Sprache erwähnt Coliban dann auch „Schädlinge“, „unfruchtbarer Boden“, „ungünstiges Wetter“ – also Faktoren, die diese Entwicklung erschweren, vielleicht sogar zu bremsen versuchen. Gleichzeitig wird ein Aufruf zur Geduld an die Bürgerinnen und Bürger gerichtet, weil es Zeit braucht, bis die ersten Ergebnisse vermelden werden, weil Umfragen und Studien notwendig sind, weil alles, wie im Wahlkampf versprochen, korrekt und transparent ablaufen muss.

Die vorgesehenen Änderungen dürften nicht ohne Gegenreaktionen bleiben. Denn es gibt verschiedene Interessengruppen mit unterschiedlichen Meinungen, was und für wen das Leben in Kronstadt zukünftig besser sein sollte.

Das Beispiel, das wahrscheinlich den meisten zuerst einfällt, ist der Stadtverkehr, genauer gesagt die Abhängigkeit vom Auto, also vom und zwar von dem individuellen motorisierten Verkehr. Bisher ging man davon aus, dass die Straßen in gutem Zustand sein sollten: Einwandfreier Asphaltbelag, gute Beleuchtung, richtige Verkehrszeichen, keine Hindernisse. In dieser Hinsicht wurde auch manches erreicht: Zusätzliche Fahrbahnen, mehr Einbahnverkehr, Kreisverkehr statt Ampeln, Abschaffung der Straßenbahn, die als Störfaktor für einen möglichst flüssigen Verkehr galt.

Nun kommt die neue Stadtverwaltung mit einem Konzept, das nicht die Autobesitzer in den Mittelpunkt stellt, sondern Fußgänger und Radfahrer verstärkt berücksichtigen will. So gesehen, könnten manche glauben, dass der Pkw nun eher als „Schädling“ gelten könnte. Letztendlich sind aber Pkw-Eigentümer eine Minderheit, selbst wenn die Zahl der Autos auch in Kronstadt in den letzten Jahrzehnten rasant gewachsen ist, und selbst wenn Familienmitglieder oder andere Mitfahrer zu dieser Minderheit gezählt werden sollten.

Vor allem in der Inneren Stadt und in der Oberen Vorstadt/[chei sind bereits die Grenzen eines problemlosen Verkehrs erreicht. Enge Gassen und ein chronischer Parkplatzmangel sind Gegebenheiten, mit denen man scheinbar leben muss. Im Laufe der Zeit wurden Reisebussen, aber auch Trolley- und Autobussen die Zufahrt in diese Stadtteile verwehrt. Seit Kurzem gilt ein 30 km/h-Tempolimit. 

Die Initiativen, große Tiefgaragen unter dem Titulescu-Zentralpark oder unter dem Sportplatz vor dem [aguna-Nationalkolleg einzurichten, wurden aufgegeben, weil mehr Parkplätze auch mehr Autos ins Stadtzentrum gebracht hätten. Es ist inzwischen offensichtlich, dass es für Kronstädter und Touristen im historischen Stadtzentrum nicht genügend Parkplätze gibt. Deshalb wird daran gedacht, Parkplätze und freie Zufahrt zunächst den Anrainern zu garantieren. Touristen sollten die Möglichkeit erhalten, ihre Pkw außerhalb des Stadtzentrums abzustellen. Zu einem Fahrverbot wird es wohl nicht kommen, aber zu teuren und knappen Parkplätzen schon, – so dass sich viele genau überlegen werden, ob eine Fahrt ins Stadtzentrum wirklich notwendig ist und ob sich damit verbundene hohe Parkgebühren lohnen.. Die Alternative wäre ein zuverlässiger, pünktlicher und bequemer Nahverkehr, selbstverständlich mit umweltfreundlichen Elektro-Bussen. Bei 30 km/h hätten auch die Radfahrer bessere Chancen, am Stadtverkehr teilzunehmen, selbst wenn sie sich die Fahrbahn mit den anderen Verkehrsteilnehmer teilen müssen weil es keinen Platz für Radwege gibt.

Ein Mangel an Parkplätzen herrscht auch in den Wohnblockvierteln. So lange nicht jeder Pkw-Eigentümer im Umfeld seines Wohnblockappartements einen Parkplatz findet (für den er die damit verbundenen Gebühren an die Stadt zu begleichen hat), bleibt das Problem bestehen. Zusätzliche Parkplätze sollen durch Parketagen, Parkpaletten oder Parklifts in den Stadtvierteln entstehen, so dass auf engem Raum  Pkw übereinander abgestellt werden können. Das sei technisch machbar und auch bezahlbar, meint Bürgermeister Coliban. Die ersten drei derartigen Parklifts sollten bis 2024 in Kronstadt fertig sein. Tiefgaragen sind am Bahnhofsplatz und im neuen Geschäfts- und Verwaltungszentrum (ehemaliger Hidromecanica-Platz und Umgebung) vorgesehen und sollten (für den Bahnhof)  2025 eröffnet werden. Bei der Kreuzung Carpa]ilor-Straße/Bukarester Straße soll ein oberirdisches Parkhaus gebaut werden, das ebenfalls in vier Jahren fertig sein sollte. Hinzu kommen die Park&Ride-Plätze bei den wichtigsten Endhaltestellen der städtischen Verkehrsregie RATBv am Stadtrand, wo vor allem Pendler ihre Pkw abstellen und auf die öffentlichen Verkehrsmittel umsteigen können. Die Busse sollten, was zur Zeit nur in geringem Maße geschehen ist, auf einer eigenen Fahrbahn schneller und sicherer verkehren.

Beim Bürgermeisteramt will man aus dem Vertrag mit der Firma P&P aussteigen und eine eigene Dienststelle zur Verwaltung und Nutzung der öffentlichen Parkplätze einrichten. Juristisch scheint das nicht so einfach zu sein wie erhofft, denn Colibans Vorgänger und seine Mittelsmänner hatten kurz vor den Lokalwahlen dafür gesorgt, dass P&P für die nächsten Jahre unter für diese Firma vorteilhaften Bedingungen sämtliche Parkplätze an den Straßenrändern pachten konnte. Von mafiösen Machenschaften wird gesprochen, also ein Beispiel eines „unfruchtbaren Bodens“, wo zunächst das Unkraut entfernt werden müsste, um überhaupt etwas zu säen.

Bereits vor Jahren hatten Experten gemahnt, in der Schulerau/Poiana Brașov, einem Luftkurort von nationaler Bedeutung (der verwaltungsmäßig als Kronstädter Stadtteil gilt), den Verkehr zu drosseln. Das ist nicht gelungen. Ein Parkhaus entstand zwar rund zwei Kilometer vor der Einfahrt in den oberen Teil der Schulerau, wobei RATBv-Kleinbusse den Transfer sichern sollten. So lange aber jeder weiterhin freie Fahrt praktisch bis zu den Skipisten hat und dort am Straßenrand seinen Wagen abstellt, bleibt dieses Angebot unattraktiv und wird nur dann genutzt, wenn die Schulerau bereits hoffnungslos mit Pkw überfüllt ist. Allgemeiner Stau und Abgase aus den Auspuffrohren verärgern dann alle, die dort frische Bergluft und schöne Spaziergänge erwartet hätten.