Erster rumänischer Roman für Kinder mit Lernschwierigkeiten

Alina Voinea schreibt alternative Schulbücher und Erzählungen für lernbehinderte Kinder

Am 18. Juni hat Alina Voinea auf der Terrasse des Bukarester Clubs Expirat ihren ersten „leicht geschriebenen“ Roman - wie sie ihn sogar untertitelt – „Pisicul din câmp“ (Der Kater vom Feld) im Rahmen des dritten Inklusionsevents „Nu stau acasă” (Ich bleibe nicht daheim) vorgestellt, wobei über 240 Personen teilgenommen haben, zahlreiche davon mit unterschiedliche Behinderungen. „Es ist wahrscheinlich eher eine längere Novelle, die leicht verständlich mit einem einfachen Wortschatz und kurzen Wörtern geschrieben ist“, meint die zur Schriftstellerin gewordene Webdesignerin, die bereits über 50 kürzere Bücher dieser Art veröffentlicht hat. „Normalerweise schreibe ich nur mit den am häufigsten benutzten Buchstaben des Alphabets und umschreibe immer in kurzen Wörtern, welche die Kinder auch lesen und verstehen können“, fügt sie noch hinzu. Sinn des kapp 120 Seiten langen Romans ist es, den Kindern am Anfang ihrer Leseerfahrung den Eindruck zu geben, mit Leichtigkeit „ein Buch  für Erwachsene“ gelesen zu haben. 

Die Buchstaben sind größer als in einem normalen Buch, die Blätter oftmals mit einer Grafik oder einem Bild geschmückt, ihre eigenen Kunstwerke – einerseits, weil sie kein Geld für einen Zeichner hatte, aber insbesondere, weil sie die Anforderungen der lernbehinderten Kinder versteht und ihnen somit am besten entgegenkommen konnte. Denn jede Zeichnung hat einen Grund, sie ist Teil einer Lernphase.

Vor vier Jahren musste Alina Voinea zusehen, wie ihre Tochter Andrada die vierte Klasse wiederholen musste, weil sie Lernschwierigkeiten hatte und nicht mit dem Standard des rumänischen Schulsystems mithalten konnte. Es gab damals keinerlei unterstützendes Material, auch keine vereinfachten oder angepassten Bücher für Kinder mit unterschiedlichen Lernschwierigkeiten, und somit musste Alina ihrer Tochter alleine helfen und die Schulbücher für sie vereinfachen: Mathe, Schreiben, Lesen, Geschichte, Englisch – aber auch themenbezogene Bücher, beispielsweise über den berühmten Bildhauer Constantin Brâncuși und seine Werke oder über die wilden Tiere Rumäniens. „Mein Ansatz ist irgendwie auch eine Verhöhnung des rumänischen Bildungssystems und der Entscheidungsträger“, erklärt sie, um „ihnen zu zeigen, dass eine einzige steuerzahlende Person all das schaffen kann, was deren Steuern über das Bildungsministerium seit Jahren hätten bewirken müssen“. 

Nicht nur, dass sie die Information der Schulbücher gefiltert hat – sie hat sie auch in verständlichen und kürzeren Wörtern umgeschrieben, wobei die Silben längerer Wörter zur Unterstützung immer mit unterschiedlichen Farben geschrieben sind. Alle Schulmaterialien stellt sie auch online zur Verfügung – immer kostenlos, damit sie bedürftigen Kindern helfen kann. 

Somit wurden ihre Bücher und ihr Name in kurzer Zeit landesweit bekannt. Ihr Verein „S.U.P.R.A“ betreibt mittlerweile Zusammenarbeiten im Bereich der Lernschwierigkeiten in mehr als der Hälfte der Landeskreise. Und weil zahlreiche Schulen im ländlichen Bereich keine Mittel zum Drucken der Materialien hatten, musste Alina Voinea auch auf Sponsorensuche gehen, um ihre alternativen Schulbücher im physischen Format den Kindern zur Verfügung stellen zu können. Zusätzlich dazu bietet die Webseite des Vereins die Möglichkeit, unzählige Arbeitsblätter zu erstellen, um Kindern ein einfacheres Lernen zu ermöglichen.

Während des Lehrerstreiks waren Alina und die Mitglieder ihres Vereins zusammen mit anderen Partnerorganisationen Seite an Seite mit den Lehrern auf den Barrikaden, nicht nur, um die Arbeitsbedingungen der Lehrer zu verbessern, sondern um den Status der Kinder mit Lernschwierigkeiten auf einem ihr als „normal“ erscheinenden Niveau zu behalten. Und sie ist froh, dass der ursprüngliche Text des neuen Schulgesetzes abgeändert wurde und dass Kinder mit Lernschwierigkeiten weiterhin im „normalen“ Schulsystem lernen können, nicht in Schulen für behinderte Kinder. Der nächste Schritt für sie ist die weitere Unterstützung dieser Kinder mit angepassten Schulbüchern für jeden Jahrgang und jede Materie. Derzeit arbeitet sie an der Anpassung der Schulbücher für die vierte Klasse für Geographie und Biologie, die ihr seit Monaten schlaflose Nächte bereiten.

Ihren Roman „Pisicul din câmp“ hat Alina in knapp vier Tagen geschrieben – es dauerte aber über zwei Monate bis zur druckreifen Version. Leider ließ auch diese länger auf sich warten, denn zuerst waren rund 2000 Euro aufzubringen für die 2000 Exemplare. Mit Unterstützung zahlreicher Kleinsponsoren aber auch einiger Unternehmen, hat sie es letzten Endes geschafft, den Roman zu veröffentlichen und an ihre Partnerorganisationen zu senden, immer zusammen mit einigen der anderen alternativen Bücher und immer noch kostenlos. Erst eine Woche nach Veröffentlichung hat sie nur noch knapp 350 Exemplare im Schrank. „Natürlich freue ich mich über Sponsoren“, meint Alina Voinea, „aber mehr noch freue ich mich über die Kinder, denen meine Bücher zeigen, dass Lesen und Lernen auch Spaß machen kann!“


Der Verein „Asociația SUPRA“ stellt für jede Spende ein Diplom aus:
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