„Es gibt ganz vieles,  das spannend und attraktiv ist an unserer Kirche“

Stefan Bichler im Gespräch mit ADZ-Redakteurin Veronika Zwing

Foto: privat

Holzmengen: Eines der Dörfer, in denen der Einfluss der „Sommersachsen“ deutlich spürbar ist Foto: Stefan Bichler

Stefan Bichler ist manchen Lesern und Leserinnen der ADZ in Zusammenhang mit der  Kirchenburgenlandschaft bekannt – er sorgt im Verborgenen aber auch dafür, dass jeden zweiten Freitag ein evangelisches „Wort zum Sonntag“ erscheinen kann: Schließlich ist er zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien (EKR), und damit auch Chefredakteur der Kirchlichen Blätter. Der seit über zwanzig Jahren in Hermannstadt/Sibiu lebende Österreicher studierte an der Universität Wien Politikwissenschaft und Geschichte, bevor es ihn 1997 zum ersten Mal nach Rumänien verschlug. Es folgte ein Praktikum bei der Hermannstädter Zeitung, der Auslandszivildienst in Großpold/Apoldu de Sus, und ein paar Jahre später machte sich Stefan Bichler in Hermannstadt selbständig – als Berater für Personen und Firmen, die in Rumänien geschäftlich Fuß fassen wollten. Seit 2013 ist er der erste Referent für Öffentlichkeitsarbeit in der Geschichte der EKR. 

Herr Bichler, wie sind Sie bei der Öffentlichkeitsarbeit für die Evangelische Kirche hier gelandet?

Einerseits aus Interesse – ich bin diesen und ähnlichen Berufen auch vorher nachgegangen. Andererseits aus Zufall: Ich war vorher selbstständig tätig, da hat sich meine Tätigkeit aber in die Richtung Beratung, Einschätzung von politischen Abläufen, Kontaktvermittlung und dergleichen entwickelt. Und am Ende dieser Periode hatte ich über drei, vier Jahre praktisch nur noch einen Kunden, dessen Ziel es war, an der Schwarzmeerküste einen Windpark zu entwickeln. 

Und genau in dieser Zeit hat die evangelische Kirche jemanden gesucht, der sich mit der Öffentlichkeitsarbeit beschäftigt. Das fand ich interessant und hab mich dort gemeldet – weil es ja auch besonders spannend ist, wenn man der erste ist, der so etwas macht. Ich meine, es wurde ja immer im weitesten Sinn Öffentlichkeitsarbeit betrieben, jede Predigt und jede Verkündigung des Evangeliums fällt darunter, und die Kirchlichen Blätter sind das älteste deutschsprachige Periodikum auf dem Boden des heutigen Rumänien. Aber es sind heute viele Kanäle dazugekommen – und dafür gabs davor eigentlich niemanden. 

Wie sieht Ihre Tätigkeit genau aus?

Abgesehen von den klassischen Dingen wie die Redaktion der Kirchenzeitung beinhaltet das den gesamten Internet-Auftritt der Landeskirche, im Notfall Hilfestellung bei anderen Einrichtungen der Kirche, soziale Medien – die in Rumänien in allererster Linie aus Facebook bestehen –, und die Organisation von Pressekonferenzen, Kontakt zu den relevanten Journalistinnen und Journalisten. Und natürlich die Konzeptionierung von Strategien auch in der Öffentlichkeitsarbeit. Und jetzt, im zweiten Schritt – ich hätte mir durchaus gewünscht dass wir das erheblich früher machen – möchte unsere Evangelische Kirche diese Öffentlichkeitsarbeit auch verstärkt auf Rumänisch machen.

Aus welchem Grund?

Die Kirche hat eine breit angelegte soziologische Untersuchung durchführen lassen, aus der sie ein Zukunftskonzept abgeleitet hat – und da war auch ein Ergebnis, dass ein Teil der rumänischsprachigen Bevölkerung uns grundsätzlich mit Neugier und Interesse gegenübersteht und sich genau das wünschen würde. 

Weil sie Interesse an der evangelischen Konfession haben, oder weil sie sich für die Kirche und deren Aktivitäten interessieren?

Wahrscheinlich sowohl als auch, aber sagen wir mal so: Es gibt ja ganz vieles, das spannend und attraktiv ist an unserer Kirche, und nicht für alle Menschen ist das dann immer automatisch gleich der spirituelle Zugang. Es kann zum Beispiel auch sein, dass ich für unsere Kirche aufgrund des baulichen Erbes Interesse habe. Die Kirchenburgenlandschaft in Siebenbürgen ist ja definitiv etwas absolut Außergewöhnliches und Einzigartiges, nicht nur in Rumänien sondern europa- wenn nicht weltweit, weil es nirgends anderswo auf der Welt eine solche Dichte an Kirchenburgen gibt wie hier. Dafür interessieren sich ja auch viele Leute, die nicht Deutsch sprechen.

Außerdem ist die Zweisprachigkeit im Alltag sowieso schon angekommen, weil die evangelische Kirche A.B. in Rumänien ja schon schon seit geraumer Zeit keine Volkskirche mehr ist, so wie das im 19. und noch im überwiegenden Teil des 20. Jahrhunderts der Fall war. Früher haben die Leute selten interethnisch geheiratet und Familien gegründet, heute ist das absolut an der Tagesordnung. Und dadurch hast du automatisch dann im kirchlichen Alltag immer wieder Taufen, Beerdigungen, Eheschließungen, bei denen viele nicht-deutschsprachige Familienmitglieder teilnehmen. Da ist es dann notwendig, dass man zumindest die Predigt auch auf Rumänisch hält.

Und es ist auch bei uns so: Es gab in der Geschichte unserer Kirche noch nie eine Zeit, in der so viele Leute aus dem rumänischen, grundsätzlich orthodox geprägten Umfeld zu uns „rüberkommen“. Das fällt natürlich jetzt besonders auch deswegen auf, weil wir selber so wenige sind. Die zweite lutherische Kirche in Rumänien, die ungarischsprachige, beobachtet dasselbe Phänomen. Wenn man jetzt sagen würde, wir wollen das nur auf Deutsch durchziehen und die Ungarn nur auf Ungarisch, dann müsste man eine dritte Kirche hier gründen, aber das kann ja nicht unser Wunsch oder Ziel sein, es gibt ja eh schon genug (lacht).

Stichwort „weil wir selbst so wenige sind“...

… Auch wenn es nur noch wenige Gläubige sind, gibt es ja trotzdem die Verpflichtung, diese Leute seelsorgerisch zu betreuen. Wir können ja nicht sagen: In dem Dorf leben nur noch drei Evangelische, da machen wir keinen Gottesdienst. Sondern: Wir tun alles, was wir mit unseren knapp vierzig Pfarrerinnen und Pfarrern rumänienweit können, um allen Mitgliedern jeden Sonntag einen Gottesdienst zu ermöglichen. Natürlich nicht immer vor der Haustür, aber indem man sie mit dem Mikrobus einsammelt und dann gemeinsam Gottesdienst feiert. Der Pfarrer oder die Pfarrerin ist ja nicht mehr wie im 19. Jahrhundert für ein Dorf zuständig, sondern meistens für mehrere. Also macht er oder sie an einem Wochenende vielleicht drei Gottesdienste, und in jedem sitzt eine kleine Gemeinde, die aus den umliegenden Dörfern zusammengekommen ist.

Die Leute kommen wohl auch nicht nur, weil sie besonders fromm wären, sondern das hat auch mit dem Gemeinschaftsgefühl zu tun. Das sind Menschen, die lange Zeit ihres Lebens eine deutschsprachige Dorfgemeinschaft erlebt haben, und die dann plötzlich einfach verschwunden ist – diesen Leuten wurde ja praktisch die Heimat weggenommen. 

Nicht durch Vertreibung, sondern durch Auswanderung. Ein Grund zum Dableiben war ja eben genau diese kulturelle Verbundenheit mit der Gemeinschaft und dem Dorf, aber das ist weggefallen, weil alle anderen gegangen sind. Auch wenn es nicht gewaltsam geschehen ist – für die betroffene Person ist das möglicherweise genauso dramatisch. Wo also heute eine deutschsprachige Dorfgemeinschaft zumindest in Ansätzen erlebbar ist, ist beim Gottesdienst – und beim Kaffeetrinken danach. 

Gibt es heute Verbindungen der EKR zu den Ausgewanderten?

Ja, da gabs natürlich auch in den 90er Jahren einen Durchhänger und eine wechselseitige Verstimmung. Von den einen hieß es – ihr habt uns verlassen, wie kann man das nur tun? Und auf der anderen Seite – wieso kommt denn ihr nicht auch her, dort ist doch alles vorbei!

Das hat ein paar Jahre gedauert, bis es sich beruhigt hat, und inzwischen haben wir sehr gute Verbindungen. Dazu kommt, dass die Kern-Auswanderergeneration von 1990, also die Menschen, die damals so um die 30 Jahre alt waren, jetzt in Deutschland in den Ruhestand gehen. Und so kommt es, dass ein hoher Anteil von denen jetzt wieder relativ viel Zeit hier verbringt – vorausgesetzt, sie haben ihr Haus nie verkauft. Das sind die sogenannten Sommer-sachsen. Die sind vorher wohl auch im Urlaub öfter hergekommen, aber als Rentner brauchst du keinen Urlaub mehr, viele kommen wirklich vor Ostern her und gehen erst wieder nach dem Reformationsfest am 31. Oktober. Für diese Menschen ist dann die Bezeichnung „Sommersachsen“ kaum noch zutreffend, weil sie die meiste Zeit hier verbringen. Die Evangelischen Kirchenbezirke müssen die Möglichkeit, „Zweit-“ oder „Sondermitglied“ zu werden, wieder viel stärker bewerben und die Anträge von Interessierten konsequenter bearbeiten.

Natürlich ist es keine Ansage an die Zukunft, aber es macht schon viel gut von dem, was in den 90er Jahren zerschlagen worden ist. In manchen Dörfern, wo es überhaupt keine Gottesdienste mehr gegeben hat, gibt es jetzt zumindest wieder im Sommer welche, und damit auch einen Grund, die Kirche mal wieder zu reinigen, zu schauen – aha, da ist ein Loch, muss man das vielleicht flicken?

Und selbstverständlich können die alle Rumänisch, das heißt, es gibt dann auch diesen Brückenschlag zu den rumänischen Nachbarn. Die Leute bringen sich dann auch oft in die Kirchengemeinde ein, richten ihr Haus her, bringen ihre Kinder mit… auch wenn die in Deutschland leben, haben sie dann doch einen anderen Bezug zu Siebenbürgen. Die überlegen sich vielleicht auch – wir haben da Immobilien, kann man das vielleicht touristisch nutzen? Dann wird ein bisschen investiert, und davon profitieren dann ja nicht nur zwei Rentner, sondern alle, die in dem Dorf leben. Und das verströmt einfach auch eine optimistische Stimmung, die es vor 20, 25 Jahren nicht gegeben hat – damals war diese Auswanderung noch so nah, dass die Leute wirklich alle sehr traurig waren.

War das nur die Zeit, die diese Änderung gebracht hat?

Dass die Zeit Wunden heilt, war natürlich entscheidend, aber auch: Rumänien ist der EU beigetreten, und – es gibt einfach sehr günstige Flüge inzwischen. Mit dem Auto fährt man vielleicht einmal im Jahr hierher, jetzt setzen sich die Leute ins Flugzeug und fliegen fünfmal im Jahr hin und her. Schlecht fürs Klima, aber es verbindet die Leute. 

Aber das ist natürlich in den Dörfern unterschiedlich – wo zum Beispiel fast alle ihr Eigentum verkauft haben, tut sich wenig, andere haben sich deutlich verändert. Holzmengen ist so ein Dorf – da haben relativ viele ihre Häuser nicht verkauft und kommen jetzt zurück. Nicht mit Hauptwohnsitz, aber immerhin. Durch manche solche Dörfer fährst du durch und hast einen absolut positiven Eindruck, auch wenn einige der schön hergerichteten Häuser viele Monate lang leer stehen. 

Gibt es auch Konflikte zwischen denen, die ausgewandert sind, und denen, die jetzt teils deren Häuser übernommen haben? 

Also, diese berühmte Geschichte, die in jeder Fernsehdoku der ARD über die Siebenbürger Sachsen erzählt wird, dass die Roma in deren Häusern leben – die ist nicht ganz falsch, nur: Es ist nicht so passiert, dass die sich einfach als Hausbesetzer hineingesetzt haben, sondern in erster Linie betrifft das Objekte, die noch vor der Wende den Eigentümer gewechselt haben. Weil: Wer vor der Wende auswandern wollte, musste sein Eigentum abgeben. Und wem musste man es abgegeben, für eine lächerliche Summe? Dem Bürgermeisteramt. Und das Bürgermeisteramt hat das dann betrieben wie eine Art Sozialwohnung, und dort wurden bedürftige Menschen für eine geringe Miete einquartiert. Rein formaljuristisch hatte das also schon alles seine Ordnung. 

Wie sieht es mit den Kirchengebäuden aus – die gehören alle der EKR?

Das ist eine heikle Sache. Oberflächlich gesehen ja, aber aufgrund unserer historischen Entwicklung leisten wir uns den „Luxus“, dass wir aus gut 300 Rechtspersonen bestehen, rumänienweit. Denn jede Kirchengemeinde ist eine eigene Rechtsperson. Das kommt daher, dass wir die presbyterial-synodale Grundordnung haben, der Bischof ist also primus inter pares. Man könnte es beinahe basisdemokratisch nennen, wie unsere Kirchenordnung funktioniert – das ist grundsätzlich sehr sympathisch, allerdings in einer Diaspora-Situation, wie wir sie jetzt haben, wo manche Gemeinden nur noch aus drei sehr alten Menschen bestehen, bringt das auch Probleme mit sich: Die überwiegende Mehrheit unserer Gemeinden, also dieser Rechtspersonen, kann keine Rechtsgeschäfte wahrnehmen, aus Personalmangel. Viele existieren wirklich nur noch auf dem Papier.

Wie ist das dann mit dem Besitz?

Die Rechtsperson existiert ja weiter. Nehmen wir z.B. eine Gegend, wo es tatsächlich eine Aussiedelung gegeben hat, die Bukowina – die Gegenden, wo die deutsche Bevölkerung schon aufgrund des Molotov-Ribbentrop-Abkommens „heim ins Reich“ geholt worden ist. Dort gibt es schon seit den 40er Jahren keine Mitglieder mehr in den evangelischen Kirchen. Die Rechtsperson existiert trotzdem – du kannst ja nicht eine Rechtsperson, die auch Eigentum besitzt, einfach auflösen. Du musst nur dafür sorgen, dass diese imstande ist, ihre Rechtsgeschäfte wahrzunehmen, und das erfolgt in unserem Fall dadurch, dass die Kirchengemeinden bzw. dass die Geschäftsführung dieser Rechtspersonen durch die übergeordnete Instanz zu treuen Händen, oder sozusagen per Prokura übernommen worden ist, und das sind die fünf Kirchenbezirke. Im Volksmund heißt es, „Die Kirchen gehören jetzt alle den Kirchenbezirken“ – das stimmt juristisch nicht, sie gehören weiterhin der Kirchengemeinde, der Kirchenbezirk verwaltet sie nur zu treuen Händen.

Könnte theoretisch jemand so eine Rechtsperson wieder übernehmen? 

Nach unserer Kirchenordnung ist das dann möglich, wenn ausreichend konfirmierte evangelische Christen dort leben, die gemeinsam ein Presbyterium bilden und als Presbyterium einen Kurator wählen können. Dann können sie beantragen, dass sie wieder selbstständig werden können. 

Das passiert ausgesprochen selten. Man reißt sich in aller Regel auch nicht sehr darum, weil das abgesehen von viel Ehre auch viel Bürde bedeutet. Man braucht zumindest eine Person, die viel über die Rechtssituation weiß, ein bisserl was von Buchhaltung versteht, und halt auch vom Baulichen… 

Und was wird mit den leerstehenden Gebäuden gemacht?

Es gibt meist Nebengebäude, die gut zu vermieten sind – eine Schule, das Pfarrhaus, der Gemeindesaal… oder etwa viele der Gebäude auf dem Marktplatz in Kronstadt, die gehören der Kirchengemeinde und sind natürlich Top-Immobilien, die man lukrativ vermieten kann, wenn sie in einem ansprechenden Zustand sind und man sich für diesen Weg entscheidet. Solche Objekte gibt es auch in anderen Städten – Bukarest, Hermannstadt, Mediasch, Schäßburg… Mühlbach und Bistritz vielleicht noch. Aber dann wirds schon schwierig, dann kommt man in Gebiete, wo man beim besten Willen nicht mehr gewinnbringend vermieten kann. 

Die Kirchengebäude selber sind eine andere Frage. Also, ein Kirchengebäude kann meiner Meinung nach niemals in irgendeiner Weise Gewinn abwerfen, nicht einmal der Kölner Dom kann das, und viel krasser ist das natürlich hier im flachen Land. Da ist es auch schon vorgekommen, dass Kirchen schweren Herzens veräußert wurden durch Überlassung an andere Glaubensgemeinschaften, sofern es aus evangelischer Sicht definitiv keine eigene Nutzungsperspektive mehr gab. 

In Nordsiebenbürgen hat man das bereits in den 70er-Jahren gemacht, Kirchengebäude an die orthodoxe Kirche abgegeben. Da gabs Gemeinden mit 90, 95 Prozent orthodoxem Anteil, die keine Kirche hatte – aber da stand eine evangelische Kirche, mit fünf Mitgliedern. Also hat man denen die überlassen, weshalb man uns da oft immer noch mit Sympathie begegnet. Und teilweise wurden die Kirchen dann auch gemeinsam genutzt: Es gab einen Fall, da hatten die Orthodoxen eine transportable Ikonostase, die sie nach ihrem Gottesdienst eben wieder weggetragen haben. 

Manche der Gebäude sind ja auch in eher schwierigem Zustand?

Da bin ich zuständig – immer, wenn etwas einstürzt, bin ich auf Pro-TV in den Hauptnachrichten. Aber ich sage den Leuten eigentlich immer dasselbe: Erstens, viele der schwachen Häuser, die hierzulande in den letzten 30 Jahren gebaut wurden, werden vielleicht nicht einmal 50 Jahre halten! Wenn ein Gebäude dann 500 Jahre lang steht, dann darf es auch einmal  marode werden. Oft geht es dann um Gründe – was hat dazu geführt? Das ist unterschiedlich. 

Das Berühmteste, was passiert ist, war ja der Kirchturm in Rotbach. Der war sehr imposant und ist dann einfach eines Tages beim Glockengeläut in sich zusammengestürzt. Drei Meter neben der Nationalstraße – und wie durch ein Wunder ist kein Mensch in irgendeiner Weise zu Schaden gekommen, da hätte es mehrere Tote geben können. Aber wie willst du jemanden verantwortlich machen für ein Gebäude, auf dessen mittelalterliche Basis für einen kleinen Turm nach einem Dorfbrand im 18. Jahrhundert quasi „unsachgemäß“ ein imposanter Turm gebaut wurde? 

Die Siebenbürger Sachsen damals waren ja nicht nur sehr fleißig, sondern auch sehr stolz und haben sich wohl gesagt – jetzt bauen wir einen Turm, der ist höher als der Kronstädter Kirchturm! Und es hat ja auch 300 Jahre lang funktioniert.  Aber plötzlich ist der gesamte Schwerverkehr drei Meter daneben vorbeigefahren – und dafür sind diese Türme nie gebaut worden, dass da minütlich ein Mini-Erdbeben ist. All das in Kombination kann dann natürlich zu so einem Einsturz führen. 

Und, was oft vergessen wird: Immer sind Sachen eingestürzt, das ist ja keine Erscheinung der letzten 30 Jahre, dazu gibt es Aufzeichnungen aus Jahrhunderten. 

Zuletzt – welche Zukunftsperspektiven sehen Sie für die EKR?

Es ist jeder Kirche, insbesondere der Geistlichkeit der Kirche, immer ein Anliegen, neue Mitglieder zu bekommen. Inwiefern das möglich ist oder nicht, wird davon abhängen, ob man sich in Rumänien einem globalen, oder sagen wir europäischen Trend widersetzen kann oder nicht: Dass nämlich die Kirche für viele Leute an Bedeutung verliert. 

Aber was uns auf jeden Fall gelingen kann und muss, und daran werde ich auf jeden Fall so lange es gewünscht ist mitarbeiten, ist, dass das Bild, das die rumänische Mehrheitsgesellschaft von uns hat, ein klareres wird, und damit auch positiver. Wir beschweren uns nicht, dass sie jetzt ein negatives hätten, aber viel zu viele Leute haben überhaupt keine Ahnung von uns, und wir arbeiten daran, dass sich das ändert. 

In ein, zwei Generationen werden wir entweder wirklich das haben, was viele sich wünschen – dass neue Leute der Kirche beitreten –, oder wir werden zumindest eine große Gruppe von Leuten haben, die zwar nicht uns angehören, die uns aber mit sehr viel Sympathie begegnen, und auch darüber würde ich mich freuen.

Vielen Dank für das Gespräch!