„Es ist, als wäre die Musik schon da, in einer anderen Dimension“

Interview mit der Sängerin, Musikproduzentin und Songwriterin Zeyla Tomlyn

Zeyla Tomlyn drückt in manchen ihrer Lieder die Lebensfreude aus. 2025 soll ein Musical von ihr in Dallas (USA) aufgeführt werden. | Foto: Orsolya Balint

Der neue Grafik-Stil der Sängerin: Grafik von Mky aka Andrea Stan

Seit ihrer Kindheit macht sie Musik, seit über zehn Jahren lebt sie davon. Sie hat im Kinder- und Jugendensemble „Canzonetta“ in Kronstadt/Brașov mitgewirkt, sich bei der „London Songwriting Academy“ (Londoner Akademie für Liedermacher) ausbilden lassen und war mit bekannten Musikern wie Bobby McFerrin oder Luiza Zan auf der Bühne. In Rumänien hat sie unter anderem bei Festivals wie Untold, Electric Castle oder Smida Jazz ihre Produktionen vor großes Publikum gebracht, Konzerte und Performances hatte sie auch in Europa und den USA. Während der Pandemie hat sie über 250 Lieder für Künstler und Kunden aus aller Welt geschrieben. Seit rund einem Jahr tritt die Siebenbürger Sächsin Petra Acker unter dem Namen Zeyla Tomlyn auf, seit dem Herbst lebt sie für eine Weile in Portugal, um Inspiration zu sammeln. Seither blüht sie auf, ihre Stimme und ihre Perspektive vom Leben haben sich geändert, auch die Art, Musik zu machen, ist anders. Über ihre Metamorphose und ihre Musik erzählte die gebürtige Kronstädterin ADZ-Redakteurin Laura Căpățână Juller.

Zeyla Tomlyn, woher kommt der neue Name?
Als Künstler verwandelt man sich ständig. Das war bei mir immer ein Thema. Ich habe immer nach Perspektiven gesucht und gefühlt, dass ich eine komplett neue Identität brauche, um dahin zu gehen, wohin ich hin gehen will. Ich hatte das starke Gefühl, jemanden zu vermissen, den ich nicht kannte und habe so lange gesucht, bis ich gefunden habe, wen ich suchte: Das war ich.
Wir schränken uns selbst ein, weil wir das in der Kindheit so gelernt haben. Die Eltern, Großeltern haben uns gesagt, wie wir uns zu benehmen haben, oder dass wir von Kunst oder dem, was uns gefällt, nicht leben können. Dadurch geben wir wichtige Teile von uns selbst auf und suchen sie in anderen. Wir erwarten, dass uns die Anderen erfüllen, wo doch die Antwort in uns selbst liegt. Sobald man das versteht, kann ein Heilungsprozess beginnen, eine Metamorphose. Man braucht nur etwas Mut und Vertrauen, um das zu machen, was einem gefällt.
Bei mir war es eine jahrelange Arbeit mit mir selbst. In dieser Zeit habe ich alle möglichen Therapien ausprobiert, die mich letztendlich zum Namen Zeyla Tomlyn brachten. Er ist harmonisch mit meiner Energie abgestimmt. Diese Veränderung brachte mir ein unerwartet weites Spektrum an positiven Effekten.

Welches sind diese Effekte?
Seit dieser tiefgründigen Veränderung fühle ich mich präsenter, ich finde mich mehr und mehr wieder, ich drücke meine Talente und Gaben sehr frei aus. Meine Lebensvision hat sich grundlegend sehr positiv verändert, ebenso meine Musik. Der Klang hat sich verfeinert, die Inspiration und die Performance fließen mit Leichtigkeit, das Gefühl auf der Bühne ist anders, selbst meine Stimme hat sich verändert. Die Ausdruckskraft ist um Vielfaches intensiver.

Hat sich auch das Schreiben verändert?
Ja, ich habe mehr Musik veröffentlicht als in meiner gesamten Laufbahn davor. Als Übung stelle ich den Wecker auf drei Minuten und schreibe, was immer mir einfällt, ohne nachzudenken. Der Ideenfluss wird befreit und es kommen immer bessere Ideen. Ich beurteile nichts von dem, was ich schaffe, ich lass die Musik einfach entstehen. Sie kommt von meinem Geist, von der Seele. Es ist, als wäre die Musik schon da, in einer anderen Dimension, und ich schreibe sie einfach auf, wie ein Transmitter. Das habe ich durch stetige Praxis der Meditation gelernt.

Worüber schreiben Sie? Was inspiriert Sie?
Diversität und Neues inspirieren mich und die Menschen. Ich schreibe über Gedanken, die sich Menschen machen. Eigentlich über tiefsinnige Sachen, die zur Veränderung, zur Heilung führen, die zum Loslassen und zur Entstehung einladen, die dazu einladen, du selbst zu sein. Ich übe das, denn wenn man ausreichend übt, ist es sehr leicht zu schaffen. Ich studiere andauernd, ich analysiere die Musik anderer im Detail: Intervalle, Töne, Rhythmen.
Ich arbeite jetzt an einem Song, der heißt „Wonderful“ (Wundervoll), er spricht darüber, wie schön die Welt sein kann, wenn man die richtige Perspektive dafür hat. Ich lade dazu ein, den Vorfahren dankbar zu sein, ihnen Ehre zu bringen, weil das die eigenen Wurzeln heilt. Außerdem ist Dankbarkeit eine Energie, die viel löst und öffnet.

Erst vor wenigen Tagen haben Sie das Lied „Beautiful Soul“ veröffentlicht. Worum geht es darin?
Der Song ist durch Spiel entstanden und handelt genau davon: Dass wir die Dinge manchmal viel zu ernst nehmen und vergessen, Spaß zu haben an allem, was wir tun.

Gibt es immer eine tiefsinnige Aussage in Ihren Liedern?
Die Musik, die ich mache, nenne ich „healing songs“, Lieder zur Heilung. Denn ich habe jetzt verstanden, dass die Musik heilig ist, das heißt energetisch sauber, und man sollte sie ehren und respektieren. Für mich bedeutet das, dass ich Musik in Zeremonie verwandle. Wenn ich singe, muss es den Leuten wirklich einen tieferen Sinn der Dinge näher bringen, ihnen gewisse Gedanken bringen, durch die sie neue Perspektiven erreichen. Das ist mein Wunsch, dass meine Musik etwas Tiefgründiges bewirkt, sei es auch nur für eine Person.

Kommen die Leute in Ihre Konzerte wie zu einem Heilungsprozess, zu einer Zeremonie?
Den ganzen Sommer hatte ich sehr, sehr viele Konzerte und die Leute, die da waren, haben meine Absicht gefühlt. Sie haben gefühlt, dass ich ihren Seelen Gutes tun möchte. Auch wenn die Gedanken das vielleicht nicht verstanden haben, die Seele hat es verstanden.

Wollten Sie immer schon Musik machen?
Ich habe immer Musik gemacht, es war immer Musik um mich herum, bei Canzonetta. Ich habe mir keine Fragen gestellt, es war einfach etwas, was passierte. Dieses Ensemble, das von meiner Mutter geleitet wurde, (Anm. d. Red. Ingeborg Acker), war eine richtig professionelle Schule für mich. Dafür bin ich sehr dankbar. Dort habe ich so viel gelernt, was ich wahrscheinlich in keiner anderen Schule hätte lernen können: Von Mehrstimmigkeit bis dahin, verschiedene Instrumente zu spielen, Rhythmus, Arrangement, Tonqualität usw. Unser Repertoire war riesengroß, von Bach, Beethoven, Scott Joplin über Musical, Reggae, Funk, Rock’n’Roll haben wir sehr viel „durchgespielt“. Dieser riesengroße musikalische Wortschatz hat mein Gedächtnis so ausgebildet, dass ich heute die Musik aus der ganzen Welt begreifen und mich davon inspirieren kann.

Sie dient als Inspiration auch für die Musik, die Sie im Rahmen des Projekts „Pantam Dance“ mit Arthur Pasecinic (Handpan) machen. Was für eine Musik ist das? 
Wir nennen die Musik, die wir machen, elektro-galaktische Musik. Es ist Weltmusik, das heißt Musik, die aus ganz verschiedenen Kulturen inspiriert ist, mit Unterklang von elektronischer Musik. Wir haben viel Inspiration aus dem Orient, Afrika, den Nordischen Ländern und anderen Orten der Welt.

Welche Musik hören Sie selbst?
Unter vielem anderen höre ich sehr viel Musik aus dem Amazonas-Gebiet. Es ist eine Musik, von der ich sehr viel lernen kann, auf die ich tanzen kann. Tanzen ist sehr wichtig für mich. Ich tanze auch sehr gerne alleine, es ist eine Ausdrucksweise, die ich sehr liebe.

Für Sie sind Musik und Tanz unzertrennlich…
Es ist so, dass wir den Körper haben, um etwas auszudrücken. Jedes Urvolk hat Rituale, in denen die Leute tanzen und singen. Wenn wir durch Bewegung oder Gesang innere Schwingungen auslösen, lösen wir alles, was alt ist. Tiefe Informationen, die in unseren Zellen und in unserem Energiefeld sind, werden durch Bewegung und Schwingung der Stimme einfach aufgelöst. Das ist interessant: Viele afrikanische Völker haben ein einziges Wort für Singen und Tanzen. Für sie ist es eine einzige Sache. 

Mal abweichend von der Musik: Sie haben eine Zeitlang als Redakteurin bei der ADZ gearbeitet. Wie war diese Erfahrung?
Ich habe etwa ein Jahr (2018/2019) bei der ADZ gearbeitet. Damals brauchte ich ein festes Programm, eine Routine, Disziplin. Es war nicht leicht, mich mit Politik zu befassen, aber die Arbeit bei der Zeitung hat mir sehr geholfen, sie war Gold wert.

Was sind die Pläne für dieses Jahr?
Ich habe ein Konzert in Wien im September und ein paar Festivals, die sich langsam zeigen. Aber alles, was ich mir wünsche, ist es, den größten Dienst, den ich leisten kann, zu leisten. Und zwar einen Dienst für die Mitmenschen, für das Gute, für das Universelle: Durch meine Musik etwas Tiefgründiges zu bringen. Ich wünsche mir, dass alle Menschen, die das auch möchten, ihren Seelenwunsch erfüllen und das machen, was ihnen Freude bereitet. Dass sie sämtliche innere Grenzen überwinden und sie selbst werden.

Herzlichen Dank für das Gespräch!