„Es ist eine Vorbereitung fürs Leben“

Schüler des Goethe-Kollegs unter den Finalisten bei „Jugend debattiert“ und „Jugend präsentiert“ in Deutschland

Die drei Teilnehmerinnen des Goethe-Kollegs am Bundeswettbewerb „Jugendpräsentiert“ auf einer Rundfahrt auf der Spree vor Beginn des Wettbewerbs Fotos: privat

Ana Duguleanu (erste v.l.) in der Finale des Bundeswettbewerbs "Jugend debattiert"

Es ist das zweite Jahr, in dem Schüler des Bukarester Goethe-Kollegs an den Bundeswettbewerben „Jugend präsentiert“ und „Jugend debattiert“ teilnehmen - und mit tollen Erfahrungen und frischem Wind in den Segeln von den Bundesfinalen zurückkehren. Drei Zehntklässlerinnen haben sich im Juni zusammen mit anderen rund 8500 Bewerbern aus Deutschland und zahlreichen deutschen Auslandsschulen beim Wettbewerb „Jugend präsentiert“ vorgestellt und konnten bis ins Halbfinale kommen. Im September schaffte es die 12.-Klässlerin Ana Duguleanu sogar bis ins „Jugend debattiert“-Finalisten-Siegerteam. Die vier Jugendlichen haben sich bereit erklärt, für die jüngeren ADZ-Leser ihre Erfahrungen zu schildern, um sie vielleicht zu einer Teilnahme zu ermuntern.

Beim Debattierwettbewerb „Jugend debattiert“ treffen Schüler in zwei Teams aufeinander, um zu einem bestimmten Thema eine vorgegebene Pro- oder  Kontra-Einstellung einzunehmen, wobei sie im Erstgespräch, der sogenannten Eröffnungsrunde, acht Minuten zur Verfügung haben, um das Thema vorzustellen. Danach folgt eine 12-minütige Runde der freien Rede mit Argumenten zur eingenommenen Position zu diesem Thema. Am Ende erhält jeder Debattierer noch vier Minuten für seine Abschlussrede. 

Von den über 8500 Teilnehmenden haben sich die besten dieses Jahr in Berlin zwischen dem 25. und dem 29. September zum Finale getroffen. 

Ana Duguleanu, 12. Klasse, Finalistin bei „Jugend debattiert“

„Die Erfahrung der Teilnahme bei ´Jugend debattiert´ finde ich sehr gut, weil man über so verschiedene Themen diskutieren kann. Man muss sich für die Debatte informieren und Sachkenntnis erwerben. Das führt dann dazu, dass man einen Gesamtüberblick über ein Thema erwirbt. Zum Beispiel haben wir bei der Finaldebatte in Rumänien über ein Verbot von Kurzstreckenflügen diskutiert und da musste man schon sehen, wieviel CO2 ausgestoßen wird. Oder: Was bringt uns das Verbot von Kurzstreckenflügen? Man kriegt also ein Gesamtbild. Ich mochte es auch, dass die Themen so unterschiedlich waren. Es gab politische Themen, beispiels-weise hatten wir in Berlin das Thema, ob Politiker und Politikerinnen in Schulen auftreten sollen zu Wahlkampfzwecken. Oder aber ich hatte Themen wie: ob Produktionen von Lebensmitteln auf Insektenbasis staatlich gefördert werden sollten. Die Themen sind also sehr unterschiedlich. Man kriegt einen Überblick. Man muss sich informieren über die Gesetzgebung in Europa, was ich eigentlich ganz toll finde. Schwierig war die Vorbereitung auf die Debatten, denn alles kostet Zeit. 

Mir hat es sehr viel Spaß gemacht, hautpsächlich wegen der deutschen Sprache. Man hat so die Gelegenheit, mit Deutschen Deutsch zu sprechen, was super ist. Meine Eltern sprechen kein Deutsch und ich mag es, wenn ich die Gelegenheit habe, Deutsch auch außerhalb der Schule zu sprechen, mit anderen Leuten in die Diskussion zu kommen, ihre Meinungen zu verstehen. 

Es ist auch interessant, nach der Debatte weiterzudiskutieren und die eigentliche Meinung des anderen zu verstehen, denn bei der Debatte bekommt man ja die Position Pro oder Kontra vorgegeben. Vor der Debatte spricht man sich natürlich mit dem Partner ab, aber man muss spontan sein und reagieren können, manchmal Argumente bringen, über die man vorher nicht nachgedacht hat.

Beim Finale waren wir vier 11.-Klässler mit dabei. Platz 1 und 2 waren schwer zu unterscheiden. Mein Thema im Finale war, ob nationale Gesellschaftsräte zur Erreichung der Klimaneutralität in der EU einberufen werden sollen. Ich habe auch Studien eingebracht, die bezeugen, dass - obwohl wir so vieles diesbezüglich machen -, Juni und Juli 2021 die heißesten Monate seit Beginn der Aufzeichnungen waren. Wir haben auch die politische Situation diskutiert. Mein Argument war z.B., dass die eigene Meinung innerhalb einer Partei in der Parteimeinung verschwimmt und dass es dabei schwer ist, eine eigene Meinung vertreten zu können. Übrigens ist ja der Gesellschaftsrat ein Freund der Demokratie, dieser direkten Demokratie, wie sie in Athen angefangen hat. Von der Kontra-Seite wurde angeführt, dass wir bereits vieles dafür tun, um Klimawandel zu verlangsamen. Diese Einstellung könnte aber unser demokratisches System schwächen, da die Gesellschaftsräte nicht gewählt, sondern ausgelost werden. Andererseits werden Menschen einberufen, die vielleicht keine Experten sind, aber dennoch ihre eigene Meinung haben und hinzu noch von Experten beraten werden.“ 

Anas Empfehlung

„Ich würde natürlich die Teilnahme an Debattier-Wettbewerben weiterempfehlen. Es hilft auch beim Deutschlernen sehr viel. Es hilft aber auch, wenn man informiert sein möchte über gesetzliche, politische, soziale Situationen überall in Europa. Normalerweise sprechen wir Jugendlichen nicht unbedingt über Politik oder Gesellschaft. Und danach macht man diesen riesigen Sprung von der Schule auf die Uni, wo man diese Themen diskutieren muss. Man wird sozusagen erwachsen. Somit sind die Debatten eine gute Vorbereitung zum Erwachsenwerden. 

Man lernt dabei auch tolle Leute kennen. 

´Jugend debattiert´ stärkt das Ausdrucksvermögen und das ist auch sehr wichtig, wenn man beispielsweise in Deutschland studieren möchte. Insgesamt sehe ich das alles als eine Vorbereitung fürs Leben, nicht unbedingt nur als einen Wettbewerb. 

Die Vorbereitung kostet zwar Zeit, aber ich denke, man hat schon Zeit für vieles, wenn man es richtig plant: Vorbereitung für das Abi, mit Freunden spazierengehen, Lesen, Filme schauen.  

An unserer Schule nehmen alle Schüler der Spezialklassen teil und es ist die  Entscheidung eines jeden, ob er oder sie weiter gehen möchte oder nicht.“

Der Präsentierwettbewerb „Jugend präsentiert“ hingegen zielt nicht auf Gespräche ab, sondern auf Präsentation, wobei die Schüler bis zur 10. Klasse ein wissenschaftliches Thema entweder über einen Schulwettbewerb bearbeiten können oder direkt online einreichen können.

Maria-Zoe Mihai: Eindrücke zu „Jugend präsentiert“

„Die Schule hat uns von diesem Wettbewerb erzählt. Erstens hatten wir die Klassenphase, danach mit den anderen 10.-Klässlern, jedes Mal mit mit je sechs Präsentationen, danach kam das große Finale der Schule. 

Wir drei haben uns für das Halbfinale und das Finale in Deutschland qualifiziert, zusammen mit deutschen Schülern und anderen Auslandsschülern, zum Beispiel aus Portugal, Spanien oder Ecuador. 

Die Organisatoren haben uns in einer Präsentationsakademie Tipps gegeben und Tricks beigebracht, wie wir unsere Präsentation besser machen können. Nach den sechs Online-Sitzungen mit einem Coach von ´Jugend präsentiert´ haben wir unser Thema bekommen. In der ersten Phase konnten wir unser Thema, unsere ´Leitfrage´ frei wählen.  Meine Frage war, ob wir die Regisseure unserer Träume sein können. Suzanna und Erika haben sich im Team gefragt ´warum wir vergessen´. Die Präsentationen mussten wissenschaftliche Themen haben, das war die einzige Bedingung. Der Unterschied zu „Jugend debattiert“ ist, dass wir nur präsentieren müssen, aber Recherche müssen wir trotzdem machen. In der ersten Phase hatten wir für die Präsentation fünf Minuten Zeit, beim Länderfinale sechs Minuten und beim Bundesfinale acht bis zehn Minuten.  Mit jeder Phase verlängerte sich die Präsentationszeit. Es ist immer schwerer, länger zu sprechen, aber wenn man ein komplexeres Thema wählt – beispielsweise mein Thema beim Bundesfinale war, ob Synästhesie eine Superkraft der Künstler ist – hat man eigentlich wenig Zeit, alles zu erklären.“ 

Suzanna Maria Moarcăs und Erika Maria Rață zu „Jugend präsentiert“

„Am Anfang haben wir teilgenommen, weil uns unser Lehrer ermutigt hat. Auch die Gelegenheit, kostenlos nach Berlin zu fahren, schien uns nicht so schlecht. Es war ein Pluspunkt, um diesen Wettbewerb ernst zu nehmen. Zusätzlich lernt man dort sehr viele Leute kennen. Obwohl wir aus Rumänien und die meisten Teilnehmer aus Deutschland waren, haben wir uns sehr gut mit ihnen verstanden. Es ist auch eine sehr gute Gelegenheit, unseren Wortschatz und auch unsere Präsentationsfähigkeiten im Allgemeinen zu erweitern. Wir hatten beide sehr große Angst vor dem Publikum, aber mit jeder Etappe dieses Wettbewerbs wurden wir  selbstbewusster und sicherer. Nachdem wir in Berlin vor einer Jury aus vier Spezialisten gestanden haben, scheint alles viel leichter. Alles hat uns geholfen: die Tipps und Tricks der Präsentationsakademie und auch das häufige Üben.

Auch die Bedingungen unserer Unterkunft in Berlin waren sehr gut. Wir waren in einer tollen Jugendherberge und das Essen war sehr lecker. Unsere Betreuer waren überaus hilfsbereit und haben sich sehr viel um uns gekümmert.“

Max Goldbeck, Lehrer der Spezialklasse am Goethe-Kolleg

„Es gibt viele Schüler, die Interesse haben, an solchen Wettbewerben teilzunehmen und Interessen in bestimmten Bereiche zu verfolgen. Manche interessiert beispielsweise Mathe oder Informatik und sie meinen, sie hätten Lust, die extra Meile zu gehen. Wenn es aber um Fähigkeiten geht, die für die Schüler zukunftstragend sind, beispielsweise eine gute Präsentation zu halten, das schätzen viele Schüler als wichtig für ihren zukünftigen Job. Ebenso, multimediale Kompetenzen zu zeigen. Sich zu „streiten“ auf eine konstruktive Art und Weise. Es sind Sachen, bei denen die Schüler die Sinnhaftigkeit erkennen können und Lust haben, sich einzubringen. 

Natürlich gibt es auch das Interesse, nach Deutschland reisen zu können zum Finale oder zum Halbfinale. Da gibt es große Motivation. 

Außerdem kommt es auch auf die Elternhäuser an. Oftmals fragen die Eltern nach Wettbewerben. Es hat wahrscheinlich auch etwas mit dem Prestige zu tun, mit Förderungen, beispielsweise über Erasmus. Insgesamt habe ich bemerkt, dass sowohl Schüler als auch Eltern sehr viel Wert auf eine gute Bildung legen und dass derartige Angebote auch soziale Netzwerke und Kontakte bedeuten, vielleicht auch eine weiteres Plus im Zeugnis. Wir versuchen, vier bis fünf Sachen anzubieten, die wir gut managen können: Jugend präsentiert, Jugend debattiert, Mathe im Advent, der Bundeswettbewerb des Bundespräsidenten in Geschichte und die rumänischen Olympiaden, die aber von der rumänischen Seite organisiert werden.“