Für Weiterentwicklung und Internationalisierung der Universität gewirkt

Auszeichnung von Prof. Dr. Rudolf Gräf an der Babeş-Bolyai-Universität in Klausenburg

Botschafter Andreas von Mettenheim überreicht Prof. Dr. Rudolf Gräf die Urkunde und das Bundesverdienstkreuz I. Klasse
Foto: Loránt Mádly

Der Lehrer und sein Schüler: Der bekannte Industriehistoriker Dr. Volker Wollmann (links) war im heutigen Reschitzaer Diaconovici-Tietz-Lyzeum Geschichtslehrer von Rudolf Gräf.
Foto: Werner Kremm

Montag überreichte der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Bukarest, Andreas von Mettenheim, in der Babeş-Bólyai-Universität (UBB) in Klausenburg/Cluj-Napoca das Verdienstkreuzes I. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland an Professor Dr. Rudolf Gräf, Stellvertretender Rektor der UBB, Leiter der deutschen Studiengänge, der Promotionsstudien und verantwortlich für die Regionalkooperation, Direktor der an der UBB angesiedelten Österreich-Bibliothek und des Instituts für Deutschsprachige Lehre und Forschung. Mit Rudolf Gräf wurde „eine Persönlichkeit geehrt, die sich um Deutschland und die deutsch-rumänischen Beziehungen verdient gemacht hat“, sagte der Botschafter.

In seiner diplomatischen Karriere überreiche er erst zum zweiten Mal eine so hohe Auszeichnung der Bundesrepublik, erwähnte Botschafter Mettenheim. Er unterstrich die Sonderrolle der UBB „mit ihrem dreisprachigen Studienangebot“, welches die kulturelle Vielfalt der Stadt widerspiegle, „eigentlich des ganzen Landes“, denn das sei „etwas Besonderes“.

Verdienste um Kooperationsförderung

„Dass die UBB heute zahlreiche Kooperationen mit deutschen und anderen internationalen Universitäten unterhält“, sei auch ein Verdienst von Prof. Dr. Gräf, wobei die von ihm initiierten deutschsprachigen Doppel-Abschluss-Studiengänge in Kooperation mit deutschen Hochschulen „einzigartig in Rumänien“ seien. Zum Erfolg seiner Bemühungen zähle auch der deutschsprachige Studentenverein „Gutenberg“, der „in der Botschaft einen ausgezeichneten Eindruck hinterlassen“ habe.

Das 2010 von Bundeskanzlerin Angela Merkel eröffnete Institut für Deutschsprachige Lehre und Forschung (IDLF), eine Initiative von Prof. Gräf und Altrektor Andrei Marga, stelle „einen Meilenstein Ihrer sehr erfolgreichen Arbeit an der Weiterentwicklung und Internationalisierung der UBB dar“.

Auslösefaktor für die Verleihung des höchsten Verdienstordens der Bundesrepublik sei aber das Buch „Rumänien. Geschichte und Geographie“, gemeinsam mit Kurt Scharr von der Uni Innsbruck verfasst, das „im deutschsprachigen Raum und nicht zuletzt beim deutschen Botschafter selbst die Grundlage für ein realistisches Rumänienbild geschaffen“ habe. Das sei „nicht nur im rumänischen, sondern auch im deutschen Interesse“, ebenso wie der Einsatz von Prof. Dr. Gräf  „weit hinaus reicht“ über seinen „Einsatz für die Weiterentwicklung der deutsch-rumänischen Beziehungen und der Kulturpflege der Minderheit“, etwa im Vorstand der Rumänisch-Deutschen Kulturgesellschaft Klausenburg.

Geschichte machen und schreiben

In seiner Dankesrede ging Prof. Gräf von einem Eichendorff-Zitat aus: „Der eine macht Geschichte, der andere schreibt sie auf“. „Man kann sich gar nicht genügend ausmalen, was so ein kleines Buch hervorrufen kann, wie meine und Kurt Scharrs ‘Geschichte und Geographie Rumäniens’“, wo die Autoren „eine klare Sprache sprechen wollten“. Die Dinge hätten durch einen der Gastlehrer der UBB, Prof. Dr. Johannes Kneifel, „einen Lauf genommen, an den ich nie gedacht habe“. Prof. Kneifel habe Gräf nach der Lektüre des Buches dem Bundespräsidialamt 2011 zur Auszeichnung empfohlen.

Die deutschsprachigen Studiengänge, für die heute Prof. Dr. Gräf verantwortet, seien die „Fortsetzung einer kulturellen Tradition Siebenbürgens, bzw. ein Ausdruck der Förderung, neben der rumänischen und ungarischen Sprache, auch der deutschen als Traditionssprache Siebenbürgens“.

Zwar sei die angestrebte „multikulturelle Struktur“ der Universität „in klarem Widerspruch mit der nivellierenden und vereinheitlichenden Kulturpolitik der rumänischen Parteien und Regierungsorgane nach 1989“ gewesen, weshalb sie „nicht ohne Weiteres akzeptiert wurden“.

Dass „die Deutschen Siebenbürgens und des Banats nicht nur nicht mehr zahlenmäßig präsent“ gewesen seien, sei „einerseits ein Nachteil“, andrerseits ein „Vorteil“ gewesen, denn sie wurden zu „Partnern, die nicht mehr als Bedrohung staatspolitischer zentralistischer Bestrebungen“ empfunden wurden. Die Deutschen Rumäniens sozusagen als „Vorzeigebeispiel einer harmlosen und gut integrierten Minderheit“, was „die Übriggebliebenen auch tatsächlich waren und sich auch zu sein wünschten“.

Erneuerung universitärer Strukturen

Das Konzept der deutschsprachigen Studiengänge, ausgearbeitet von der damaligen Universitätsleitung, war eine Erneuerung der Universitätsstruktur, und die Professoren Wolfgang Breckner und Wilfried Schreiber, Gräfs Vorgänger in der Leitung der Studiengänge, haben Feinstrukturierungen vorgenommen. Heute, so gestand Prof. Gräf anschließend in kleinerem Kreis, sei eines seiner Ziele, dass die deutschen Studiengänge von Klausenburg in irgendeiner Form – „vielleicht vorerst mit Beobachterstatus“ – Zugang zur deutschen Rektorenkonferenz bekommen, ein „anderer Schritt in Richtung europäischer Einigungsprozess“.

Immerhin sei der deutsche Studiengang „erstmals in der 900-jährigen Geschichte der Deutschen in Rumänien die erste akademische Einrichtung, wo den Deutschen Rumäniens komplette Studienmöglichkeiten in deutscher Sprache in Rumänien angeboten werden“, was „einmalig in der südosteuropäischen Geschichte und in der gesamten Nachkriegsgeschichte dieses Raumes“ sei. Der Zugang sei „ungeachtet der ethnischen Herkunft der Studierenden möglich und biete einen „Leitfaden für das Zurechtkommen im deutschen Kulturraum“, aber auch „eine Bereicherung ihres kulturellen Profils“.

Vom Anständigsein

Die deutschen Studiengänge stellen „wenigstens formell das historische Gleichgewicht her zwischen den traditionellen rumänischen und ungarischen Kulturräumen Siebenbürgens, ohne diese zu bedrohen“. Nicht zuletzt werde „mittels ihrer Studierenden, Professoren und Dozenten und dank der deutschen Professoren, die hier unterrichten, Kontakte für die gesamte Universität geknüpft und genutzt“. Man erfülle so implizite jene Brückenfunktion, welche historisch die deutsche Minderheit Rumäniens immer zu erfüllen gewünscht hatte.

Zuletzt sprach Prof. Gräf, ausgehend von einem Zitat aus Hans Küng („Anständig wirtschaften. Warum Ökonomen Moral brauchen“), über den „anständigen Umgang mit Kollegen und Studenten, wodurch neu produzierte Werte sich selbst reproduzieren“ könnten, über die Aufgabe, „Freude an der Wahrheit und am Umgang mit demokratischen Werten zu vermitteln, den Studenten ein nicht verlogenes Weltbild zu vermitteln und sie zu unterstützen gegen Anfechtungen seitens der globalisierten Wirtschaft und gegen politische Vereinnahmung“, kurzum, den Studierenden zu helfen, „einen Weg zu gehen, auf dem das Wort `anständig` nicht fehlen darf“.

Gräf dankte abschließend der Klausenburger „multikulturellen Welt im Kleinen“, die ihn bei seinem Wirken unterstützt.

Prof. Dr. Rudolf Gräf ist nach Anton Breitenhofer (dessen 100. Geburtstag sich im April jährt) der zweite aus Reschitza kommende Rumäniendeutsche, der mit dem Bundesverdienstkreuz I. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland geehrt wird. Breitenhofer wurde die Verleihungsurkunde, gezeichnet von Bundespräsident Gustav Heinemann, am 17. Mai 1971 überreicht.