Geheimtipp Sărăţel – „Badekurort“ für Campingfreunde

Salzbad, Schlammpackungen und Wandern in traumhafter Natur

Ausblick von der Campinganlage in Richtung Bistritz

Hoch auf diesem Hügel liegt die Dakerfestung, darunter die Campinganlage.

Gepflegter Badesee in malerischer Lage. Fotos: George Dumitriu


Aus Richtung Regen/Reghin kommend passieren wir in Sărăţel die Abzweigung, die links nach Arcalia führt, fahren geradeaus weiter und nun heißt es höllisch aufpassen: noch vor dem Bahnübergang müssen wir in eine unasphaltierte Dorfstraße rechts abbiegen. Kein Schild weist den Weg zu unserem Ziel, kein Reiseführer hat wohl je über Sărățel als Badekurort berichtet und selbst Google gibt kaum mehr Information her, als dass es diesen Ort in Bistrița-Nasăud eben gibt. Ein echter Geheimtipp also, den nur die Einheimischen kennen! Halt, hier zwischen den Bauernhäusern müssen wir durch... Gemächlich schaukelt der Geländewagen an  beerenschwangeren Holundersträuchern vorbei, immer am Waldrand entlang. Nach etwa zwei  Kilometern erhebt sich zur Rechten ein bewaldeter Hügel, links schweifen unsere Blicke frei ins Land, verlieren sich in einer endlos scheinenden, lichtgrünen Ebene, nur am Horizont von Bergen gesäumt. Bistritz/Bistrița liegt nur 15 Kilometer entfernt, doch wir haben das Gefühl, am Ende der Welt angekommen zu sein.


Kleines Campingparadies

Sărățel ist der vermutlich unbekannteste und billigste „Badekurort“ Rumäniens – aber bestimmt einer der schönsten! An touristischer Infrastruktur gibt es nur den auf einer Salzmine angelegten Badesee und das idyllisch gelegene, gepflegte Campinggelände auf dem Hügel, mit über 15 winzigen Holzhäuschen. Des weiteren gibt es mehrere Heilschlammvorkommen in der Umgebung, sowie einen flachen „Salzsee“ als Ausbuchtung des Flusses [ieu, die  sich auf einer bis zur Oberfläche reichenden Salzmine gebildet hat. Hier baden vor allem die Einheimischen, doch in das schlammige Wasser kann man sich höchstens hineinsetzen, zum Schwimmen ist es viel zu flach.
Mit dem Auto erklimmen wir das Campinggelände, in dessen Zentrum sich ein Kiosk mit überdachter Terasse und rustikalen Sitzgelegenheiten befindet. Trotz Hochsaison und guter Belegung ist es hier erstaunlich ruhig. Wir dürfen uns selbst ein Plateau zum Aufbau unseres Zeltes aussuchen und klettern den Hügel bis zum Waldrand empor. Neben einem mit Wasserlinsen, Schilf und Seerosen bewachsenen Teich wollen wir unser Lager errichten. Von hier oben genießen wir einen atemberaubenden Panoramablick und fühlen uns allein auf weiter Flur! Doch auch die Holzhäuschen sind alle so günstig platziert, dass jeder Gast ausreichend Privatsphäre hat. Erfreulich die vielen Müllbehältnisse, die sich vor jedem Häuschen  befinden: nichts liegt rum, oder es wird regelmäßig aufgesammelt. Bevor wir uns in die Badekluft schmeißen, pflücken wir ausgiebig Schachtelhalm und Johanniskraut, grillen unsere mitgebrachten Forellen, machen Brotzeit auf einer hölzernen Sitzgruppe am Teich.

Im zentralen Pavillion kann man Snacks und Getränke erstehen oder beim Verwalter eine Sonderbestellung aufgeben, wenn eine Versorgungsfahrt nach Bistritz ansteht. Gruppen werden bei Voranmeldung (Tel. 0749/596/790) gerne bekocht, zum Beispiel mit Balmoș, über dem Feuer geschmortem Lammeintopf, gegrilltem Fisch oder Mici. Viele Reitergruppen machen hier Halt, erzählt die Pächterin der Anlage, Frau Dragoș. Die Individualtouristen versorgen sich meist selbst, deswegen gibt es neben jedem Häuschen einen schweren Eisengrill und einen Holztisch mit Bänken. Die Hüttchen mit winziger, überdachter Veranda kann man für 50 Lei pro Nacht mieten. Mit zwei Betten, einem Tischchen, zwei Wandboards und einer Glühbirne sind sie jedoch nur mit dem Allernötigsten ausgestattet. Wer mit Wohnwagen oder eigenem Zelt anrückt, zahlt 10 Lei Gebühr pro Tag. Der Eintritt in den Badebereich kostet 5 Lei wochentags und 7 Lei am Wochenende. Die Saison beginnt am ersten Mai und dauert je nach Wetter bis in den September.


Schwarzer Heilschlamm und salziges Badevergnügen

Der am Fuße des Hügels gelegene Badesee liegt auf einer bis an die Oberfläche reichenden Saline und wird von 13 bereits in der Antike bekannten Salzquellen gespeist. Wasser und Heilschlamm aus Sărățel wurden schon in der Römerzeit für therapeutische Zwecke verwendet und waren berühmt in den Thermen von Rom.  Neben einer Informationstafel zu den vielfältigen therapeutischen Wirkungen  – darunter vor allem gegen rheumatische Erkrankungen (Arthrose, Spondylose, Polyarthritis, posttraumatische Leiden, Kalzium-Magnesium Absorptionsstörungen, Bänderschwäche) und solche des Genitourinaltrakts – stapeln sich diskret hinter einem Busch die Plastikkisten, in denen der heilkräftige schwarze Schlamm aus der umliegenden Natur angekarrt wird. Man reibt sich damit entweder am ganzen Körper oder nur in bestimmten Zonen ein und läßt ihn in der prallen Sonne trocknen, bis er rissig wird und abzubröseln beginnt. Danach wird der Schlamm abgeduscht und man kann den Badesee betreten. Vor Infektionen braucht man sich nicht zu fürchten, denn das Salzwasser killt alle Keime. Ein Bad sollte nicht länger als eine halbe Stunde dauern, wobei man aufgrund des hohen Salzgehaltes auch als schlechter Schwimmer gemütlich auf dem Rücken dahindümpeln und die herrliche Aussicht genießen kann. Am Wochenende ist der See relativ gut besucht und wir staunen nicht schlecht, als plötzlich ein Mädchen mit einer prächtigen Ziege daherkommt, die sie zwischen den im Gras lagernden Badegästen hindurchführt, an einen Baum bindet und dann selbst ins Wasser springt.


Wanderung  zur Dakerfestung

Auch wer gerne wandert, kommt in dieser Umgebung auf seine Kosten. Zu Fuß kann man dem Fluß entlang die Natur erkunden. Auf dem Gipfel des Hügels, auf dem auch das Campinggelände liegt, finden sich Reste einer Festung aus der Zeit, als die Daker hier Salz abbauten.  Das aus dem Pleistozän stammende Salzmassiv, das aufgrund der Erosion freigelegt wurde, weist eine ovale Form in Flussrichtung des Șieu auf, mit fingerartigen Fortsätzen in Bistritz, Budac und [ieu. Vor allem bei niedrigem Wasserstand kann sich das ausgeschwemmte Salz an bestimmten Stellen im [ieu ansammeln. In der Umgebung sind daher oft natürliche Salzseen mit der typischen Vegetation anzutreffen, einer bodennahen, rötlichen Pflanze namens Salicorna Herbacea (rumänisch: brânca) mit fleischigen Blättern. Daker und Römer explorierten die Salzmine durch Graben von kegelförmigen Löchern. Auf dem Hügel F²get befindet sich noch ein solches Loch. Es beherbergt den Bobeica See,  der von Regenwasser gespeist wird und aufgrund einer eingerutschten Tonerdeschicht, die ihn von der Salzmine abschnitt, heute Süßwasser führt.


Einst ein strategisch  wichtiger Ort

Die Eingliederung der Dakerfestung von Sărățel in das Römische Imperium als Befestigung des Limes erlaubte den Römern die Einrichtung zweier Heiligtümer im nahegelegenen Strâmturii, wo die im Volksmund als „Idol des Schweigens“ bezeichnete dakische Statue gefunden wurde, die aus einem älteren kreisförmigen Sanktuarium entwendet worden war. Es stellt einen über zwei Meter hohen, eingewickelten Säugling dar.
Größer als das strategische Interesse der Römer war jedoch das an den dakischen Salzminen, zumal das römische Reich Mangel an Salzvorkommen verzeichnete und das kostbare Kristall als Tauschmittel währungsartigen Charakter genoß. Aus der Römerzeit stammt auch die Sitte, die Arbeiter mit Salz aus der Mine zu entlohnen. Der rumänische Begriff „salariu“ (Gehalt) ist ein Relikt dieses Brauchs und leitet sich vom lateinischen Wort „sal“ für Salz ab. Mehrere Funde aus der Römerzeit belegen den kommerziellen Abbau von Salz aus dem „Villa Pontificalis Salinae“ genannten Ort.  Zur Zeit von Marcus Aurelius soll hier ein Teil der berühmten zehnten „Fretensis“-Legion stationiert gewesen sein, die Soldaten aus der römischen Provinz Syrien rekrutierte und mit dem Beginn der Christianisierung von Siebenbürgen in Verbindung gebracht wird. „Obwohl die Legionäre hier schon gebadet haben?“, fragen wir uns und blicken aus dem Wasser in die weiten Berge...