Gehen beim FC Hermannstadt die Lichter aus?

Verein vor dem Abstieg / Spieler warten seit mehreren Monaten auf ihre Gehälter

Im kommenden Jahr soll das neue Fußballstadion am Erlenpark fertiggestellt werden. Doch hat Hermannstadt dann noch eine professionelle Mannschaft, die dieses dann auch nutzen kann? Bild: der Verfasser

Der FC Hermannstadt belegt in der ersten rumänischen Fußball-Liga zwei Spieltage vor dem Ende einen Abstiegsplatz. Der Klassenerhalt ist zwar noch möglich, dazu muss die Mannschaft allerdings auch auf Niederlagen der direkten Konkurrenten hoffen. Die Vereinsverantwortlichen scheinen an dieses „Wunder“ offenbar nicht mehr zu glauben, denn laut einem Bericht von „ProSport“ verweigern diese die Bezahlung der Spieler, da der Verein nach dem Abstieg aufgelöst werden soll. Das Online-Sportportal bezieht sich in seinem Bericht auf nicht namentlich genannte Spieler und Vereinsmitarbeiter.

„Die Spieler forderten von der Clubführung die Bezahlung. Zu einem unserer Treffen kam Radu Neguț (Sportdirektor) in die Umkleidekabine und erklärte uns, warum wir unsere Gehälter nicht erhalten. Er sagte: ‘In einer normalen Welt hättet ihr bezahlt werden sollen, aber leben wir in einer normalen Welt?’ In diesem Moment waren wir alle geschockt. Was sollten wir dazu noch sagen?“, zitiert „ProSport“ einen der Spieler. Es ist zumindest keine unübliche Praxis im rumänischen Sport, und vor einer ähnlichen Situation steht aktuell auch der Mediascher Fußball-Trainer Cristian Pustai beim Zweitligisten AFC Dunărea Călărași.

Der FC Hermannstadt erlebte in den vergangenen knapp sechs Jahren ein rasanten Aufstieg. Von der vierten Liga im Jahr 2016 marschierte der Club in die erste Liga (2018) und erreichte auf diesem Weg – als Zweitligist – sogar das Pokalfinale gegen CS Universitatea Craiova (0:2). Doch in der ersten Liga spielte die Mannschaft schon in den vergangenen beiden Spielzeit gegen den Abstieg, und den Club drücken seither finanzielle Schwierigkeiten. Bereits 2019 mussten die Spieler mehrere Monate lang auf ihre Gehälter warten. Außerdem spielte die Mannschaft aufgrund des Stadionumbaus die meiste Zeit nicht einmal in Hermannstadt.

Aktuell sollen die Spieler laut „Pro Sport“ seit fünf Monaten nicht mehr bezahlt worden sein. Bereits im Dezember hatten die Spieler aus diesem Grund zeitweise die Teilnahme am Training verweigert. Laut FIFA-Regeln kann ein Spieler seinen Vertrag einseitig kündigen, wenn sein Arbeitgeber mit der Zahlung mindestens 60 Tage im Verzug ist. Torwart Aleksander Mitrovic hat erst vor wenigen Wochen von dieser Regelung Gebrauch gemacht und seinen Kontrakt mit Dinamo Bukarest aufgelöst.

Doch der 17-Jährige hat Potenzial und wurde bereits von anderen Vereinen angefragt. Für durchschnittliche Erstligaspieler steht beim einem Auflehnen gegen die eigene Clubführung allerdings die Karriere auf dem Spiel. „Sie wissen doch auch, wie es im rumänischen Fußball läuft. Wenn wir gehen, dann können wir uns von unserer Karriere verabschieden. In der ersten Liga gibt es viele unzufriedene Spieler, aber sie können nicht sprechen. Warum? Wenn sie es tun, dann werden sie im rumänischen Fußball keine Zukunft haben. Alle Clubbesitzer meiden Spieler, die ihre Rechte einfordern“, heißt es von einem Spieler im Bericht von „ProSport“.

Bereits 2012 gab die internationale Spielergewerkschaft „FIFpro“ ein sogenanntes Schwarzbuch zu Osteuropa heraus, in welcher die unregelmäßigen Bezahlungen der Spieler thematisiert wurden. An diesem Umstand hat sich in den vergangenen Jahren rein gar nichts verbessert. Besonders betroffen sind Spieler der zweiten und dritten Liga, die wie viele andere Arbeitnehmer im Land keine Rücklagen bei ausbleibenden Gehaltszahlungen haben.

Der Hermannstädter Sportdirektor Radu Neguț bestätigte gegenüber „Pro Sport“ die ausstehenden Gehaltszahlungen. „Ich weiß nicht, ob der Club aufgelöst wird. Ich weiß allerdings, dass es meine Pflicht ist und auch derer im Verein, die Ihnen diese Informationen gegeben haben, dass wir in der ersten Liga bleiben. Ich bin auch unbezahlt, aber ich glaube nicht, dass es in Rumänien einen Verein gibt, der seine Gehälter pünktlich auszahlt.“ Der Club selbst veröffentlichte am Montag eine eigene Darstellung der Umstände. Laut dieser ist der FC Hermannstadt bei den Gehaltszahlungen nicht fünf, sondern „nur“ drei Monate im Verzug, weiterhin habe man am 26. April dieses Jahres Verbindlichkeiten in Höhe von 400.000 Euro beglichen, um die Lizenz für die nächste Saison zu erhalten. Schon am Ende der vergangenen Spielzeit hatte der Club aufgrund finanzieller Schwierigkeiten ähnliche Probleme.

Die Stadt selbst hat aus dem Fall Voința Sibiu – dem Fußball-Club erging es vor ziemlich genau zehn Jahren ähnlich – offenbar nichts gelernt und in den vergangenen Jahren mehrere Millionen Lei in das „schwarze Loch“ FC Hermannstadt versenkt.