Gelungenes Erntedankfest in Großsanktnikolaus

Deutsches Forum passt Projekte an pandemiebedingte Einschränkungen an

Mit Maske, wie es sich gehört: Die Vorschüler der Lehrerin Adina Talpoș kamen festlich angezogen in die Schule. Ihre Lehrerin hatte ein paar Puppen mitgebracht, um den Kindern zu zeigen, wie die banatschwäbischen Trachten aussehen. Fotos: Deutsches Forum

Die Maispuppen waren einst ein beliebtes Spielzeug bei den Banater Schwaben – und nicht nur. Die Kinder des deutschen Kindergartens sahen beim Erntedankfest gespannt zu, wie diese angefertigt werden.

Diesmal gab es keinen Trachtenzug durch die Stadt, sondern einen aus Karton, der in der Schule und in der Kirche ausgestellt wurde. Gebastelt wurde er von den Schülern der deutschen Abteilung in Großsanktnikolaus.

Das Deutsche Forum in Großsanktnikolaus/Sânnicolau Mare ist eine der aktivsten Organisationen der Deutschen im Banat. Jahr für Jahr werden in der Stadt an der Aranka die traditionellen banatschwäbischen Feste veranstaltet, stets auch unter Einbezug der deutschen Kindergarten- und Schulabteilung. Auch in diesem Jahr war es trotz der von der Coronavirus-Pandemie bedingten Einschränkungen möglich, einige Aktivitäten abzuhalten, wie etwa das traditionelle Erntedankfest, das in der ersten Oktoberwoche über die Bühne ging. Auch sommersüber fanden Treffen statt, allesamt unter Einhaltung der von der Regierung auferlegten Hygiene- und Distanzierungsregeln. Die Veranstaltungen wurden rapide an die neuen Gegebenheiten angepasst, sodass Organisatoren und Teilnehmende trotz Corona-Krise mit viel Freude mitmachten und somit den Beweis lieferten, dass Traditionen angepasst und trotz schwierigen Zeiten weitergeführt werden können.

„Es war mal was anderes, aber trotzdem sehr gelungen“: Mit diesen Worten beschreibt Dietlinde Huhn, die Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen in Großsanktnikolaus, das Anfang Oktober abgehaltene Erntedankfest, das in den vergangenen etwa 25 Jahren von den Deutschen in der Stadt an der Aranka regelmäßig gefeiert worden ist. Wie gewohnt waren auch heuer die Hauptakteure des Festes die Schüler, Schülerinnen und Unterrichtenden an der deutschen Kindergarten- und Schulabteilung der „Nestor Oprean“-Allgemeinschule. Ungefähr 190  Schülerinnen und Schüler, vom Kindergarten bis zur achten Klasse, leisteten ihren Beitrag zum traditionellen Erntedankfest, das die „Traditionen von gestern und heute“ in Erinnerung brachte. Finanziert wurde das Forumsprojekt über das Departement für Interethnische Beziehungen der Regierung Rumäniens.

Es gab zwar heuer keinen Erntedank-Zug zu Blasmusik durch die Stadt, der einst alle Blicke auf sich zog, doch in den einzelnen Klassenräumen setzte man sich am Freitag, dem 2. Oktober, unter Einhaltung aller pandemiebedingten Vorsichtsmaßnahmen mit dem Thema „Erntedankfest“ auseinan-der. Im Kindergarten bastelten die ganz Kleinen Körbchen mit Obst aus Plastilin, auch fanden sie Gefallen an den Maispuppen, die einst die Kinderherzen so sehr erfreut hatten. Unterdessen spielte Erzieherin Monika Stan Akkordeon, während die Kinder deutsche Lieder sangen – ein Genuss für Auge und Ohr. Auch Erzieherin Corina Mala]cov sang und bastelte mit den Kindern.

Auch in der Schule war einiges los an jenem Tag. Einige Schüle-rinnen und Schüler bastelten kleine Püppchen aus Karton und Holz, die sie mit schwäbischen Trachten „anzogen“. Lehrerin Adina Talpo{ hatte zur Inspiration sechs in unterschiedliche schwäbische Trachten gekleidete Puppen aus dem Tschanader Heimatmuseum mitgebracht – diese wanderten durch alle Klassenzimmer, damit die Kinder sehen können, worauf es bei den einzelnen Elementen der Trachten ankommt. Schließlich entstand ein Mini-Erntedankzug aus den gebastelten Gestalten, der zusammen mit den anderen Erzeugnissen in der Schule ausgestellt wurde. Im Hintergrund lief in allen Klassen ein Film über das Erntedankfest in Großsanknikolaus, es wurden Marschmusik und Walzer aufgespielt und zwischen den Bänken wurden auch einige Tanzschritte geübt. Wie immer war die Grundschullehrerin und stellvertretende Schulleiterin Ramona Roosz-Suba bei der Veranstaltung des Erntedankfestes in der Schule stark engagiert.

„Man hat das Maximale aus dem herausgeholt, was für ein Pandemie-Erntedankfest möglich war“, sagt Dietlinde Huhn zufrieden. Am Sonntag, dem 4. Oktober, konnten die schönsten Ergebnisse des Basteltags in Kindergarten und Schule auch in der römisch-katholischen Ortskirche bewundert werden, wohin sie Grundschul- und Religionslehrerin Helen Comloșan getragen hatte. Im Forumshof hatte es Freitagnachmittag auch ein Treffen mit den Jugendlichen der deutschen Tanzgruppe und anderen Forumsmitgliedern gegeben, bei dem über weitere Projekte diskutiert wurde.

Das Deutsche Forum Großsanktnikolaus setzt auch in der Coronavirus-Pandemie verschiedene Projekte um. Nachdem im Sommer den Kindern der ehemaligen Russlandverschleppten und B²r²gan-Deportierten dabei geholfen wurde, die notwendigen Papiere zu sammeln und bei den zuständigen Behörden einzureichen, um die vom Staat gewährte Entschädigung zu bekommen, gab es im August einen Besuch einiger Vertreter des Banater Berglandforums in Großsanktnikolaus – diese unternahmen eine Banat-Rundreise auf den Spuren des Dichters Nikolaus Lenau. Anfang September begaben sich die Forumsmitglieder aus Großsanktnikolaus selbst auf die Suche nach deutschen Spuren in ihrer Heimatstadt. Sei es zu Fuß oder mit dem Fahrrad, die Forumsmitglieder und die deutschsprachigen Lehrkräfte dokumentierten fleißig die „deutschen Spuren“ und kamen anschließend zusammen, um diese zu besprechen. „Ausgangspunkt der Überlegung, solche Treffen zu veranstalten, war, dass in dieser Zeit eine ungeheure Anspannung, ein Stress bei vielen besteht und ich mir überlegt habe, dass man durch solche Aktionen vielleicht die Atmosphäre ein bisschen auflockern kann, denn das Leben muss ja weitergehen. Es ist auch ein Anlass, sich zu treffen, miteinander zu diskutieren, über seine Probleme zu sprechen und in dieser kleinen Gemeinschaft wieder aufzutanken“, erzählt Forumsvorsitzende Dietlinde Huhn.

Zwar könne man derzeit nicht auf Langzeit planen, denn wegen der Coronavirus-Verbreitung seien neue Einschränkungen jederzeit möglich, dennoch gäbe es einige Projekte, die die Zuständigen vom Ortsforum Großsanktnikolaus im Hinterkopf behalten und bei Möglichkeit umsetzen wollen. Das nächste Projekt ist eine Begegnung, bei der über Interferenzerscheinungen in der heutigen deutschen Sprache diskutiert werden soll. Das Seminar findet voraussichtlich am 23. Oktober statt. Angesprochen sind in erster Linie die deutschsprachigen Unterrichtenden und Absolventen der deutschen Schule in Großsanktnikolaus, die zurzeit Studierende sind.

Ende November soll eine „Pandemievariante“ des alljährlichen Koch- und Backprojekts des deutschen Forums organisiert werden. Einige Forumsmitglieder werden banatschwäbische Gerichte bei sich zu Hause zubereiten und die Erzeugnisse zur Verkostung ins Forumshaus bringen. Anschließend tauschen die Beteiligten Rezepte aus und versuchen, aus der Artikelfolge von Dr. Werner Niederkorn für Großsanktniklaus und die naheliegenden Ortschaften typisch banatschwäbische Essgewohnheiten in Erinnerung zu rufen. „Es gibt viele Rezepte, die eine eigene Geschichte haben – darüber wollen wir uns austauschen“, sagt Dietlinde Huhn. 

Anfang Dezember soll das Advents- und Nikolausfest über die Bühne gehen – teils im Forum, teils in der Schule. Damit kein Gedränge herrscht, sollen die Klassen einzeln ihre Geschenke vom Nikolaus empfangen. Weitere Projekte beziehen sich auf die Erstellung einer Broschüre für die deutsche Tanzgruppe, deren Proben derzeit pandemiebedingt eingestellt sind. In der Broschüre, zu der die Jugendlichen der Tanzgruppe beitragen werden, sollen – retrospektiv betrachtet – die Veranstaltungen, an denen sich die Tanzgruppe des Deutschen Forums beteiligt hat, dokumentiert werden. Die deutschsprachigen Jugendlichen sollen in einem weiteren Projekt eingebunden werden: Das Lokalfernsehen in Großsanktnikolaus arbeitet derzeit an einer Beitragsserie über die Trachten aus der Temescher Kleinstadt. Auch die deutsche Tracht soll im Rahmen dieser Serie vorgestellt werden.