Heimattag in Dinkelsbühl  mit starker Beteiligung aus Siebenbürgen

DFDR-Vorsitzender Dr. Paul Jürgen Porr mit Ehrenstern der Föderation der Siebenbürger Sachsen ausgezeichnet

Paul Jürgen Porr freut sich über den Ehrenstern der Föderation, links neben ihm sein Laudator Dr. Bernd Fabritius; ferner die Vertreter der Mitgliedsverbände der Föderation, von links: Radu Nebert (Siebenbürgen), Denise Crawford (USA), Rebecca Horeth (Kanada), Manfred Schuller (Österreich) und Rainer Lehni (Deutschland). Foto: Christian Schoger

Der 73. Heimattag der Siebenbürger Sachsen fand vom 26. bis 29. Mai in Dinkelsbühl unter dem Motto „Miteinander schafft Heimat“ statt und setzte starke Zeichen des Zusammenhalts, der Integration in Deutschland und des Brückenschlags zur alten Heimat Siebenbürgen. Nach zweijähriger Pause hatten sich die Siebenbürger Sachsen schon 2022 über das Wiedersehen gefreut, etwas getrübt durch den Regen. In diesem Jahr war das Miteinander bei schönstem Wetter noch inniger und intensiver. Laut Schätzungen des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland feierten über 20.000 Besucher gemeinsam das Pfingstfest in der mittelfränkischen Altstadt. Am prachtvollen Festumzug nahmen 2700 Trachtenträger teil.

Ein politischer Höhepunkt des Heimattages war die Festrede des bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder bei der Eröffnungsveranstaltung am 27. Mai. Der CSU-Vorsitzende würdigte die Siebenbürger Sachsen für ihre Aufbauarbeit und Lebensart als große Bereicherung für den Freistaat Bayern. Ebenso wie die anderen Heimatvertriebenen und Aussiedler hätten sie auf revanchistische Gefühle verzichtet und als großartige Brückenbauer als „Erste den Friedensnobelpreis“ verdient, betonte der Ministerpräsident. Er zeigte sich offen für neue Ideen zum Ausbau des Kulturwerks der Siebenbürger Sachsen in München, das seit drei Jahren aus Mitteln des bayerischen Freistaates sehr gut funktioniert. Zudem forderte Söder gerechte Renten für die Aussiedler ein und sicherte ihnen „ein stets offenes Ohr und eine offene Tür“ zu. Bundesvorsitzender Rainer Lehni dankte Markus Söder für die „segensreiche“ Kulturförderung durch den Freistaat Bayern und überreichte ihm eine Dankurkunde für seine 29-jährige Mitgliedschaft im Verband der Siebenbürger Sachsen, eine in der landsmannschaftlichen Geschichte einmalige Auszeichnung für einen bayerischen Ministerpräsidenten.

Lehni dankte in seiner Ansprache bei der Festkundgebung am Pfingstsonntag Bund, Ländern und Kommunen dafür, dass sie die Beheimatung der Siebenbürger an den neuen Wohnorten ermöglicht haben, kritisierte aber auch die Bundesregierung für den Härtefallfonds, der fast alle Siebenbürger Sachsen ausschließe, und forderte die Beseitigung der Rentenungerechtigkeit, da vielen Aussiedlern und Spätaussiedlern trotz lebenslanger Arbeit die Altersarmut drohe.

Die Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Natalie Pawlik, sicherte zu, sich für die Anliegen der Aussiedler einzusetzen, auch in der von Lehni angesprochenen Frage. 

Wirtschaftliche und kulturelle Bereicherung

In ihrer Festrede lobte Gerda Hasselfeldt, Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), die Siebenbürger Sachsen für ihre Leistung, „dass Sie sich so hervorragend integriert haben“. Sie hätten zu einer wirtschaftlichen und kulturellen Bereicherung Deutschlands beigetragen. Hasselfeldt wurde mit dem Großen Ehrenwappen des Verbandes der Siebenbürger Sachsen ausgezeichnet. Wie Bundesvorsitzender Rainer Lehni betonte, habe der Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes Tausenden Siebenbürger Sachsen geholfen, die nötigen Nachweise über die Russlanddeportation zu erbringen, um als Kinder von politischen Opfern Entschädigungsanträge in Rumänien stellen zu können. 

Dr. Bernd Fabritius, Präsident des Bundes der Vertriebenen und Ehrenvorsitzender des Verbands der Siebenbürger Sachsen, betonte, dass die Teilnahme des bayerischen Ministerpräsidenten am Heimattag verdeutliche, dass die Siebenbürger Sachsen in die Mitte der Gesellschaft gehören und kein Ballast für die Gesellschaft seien, wie manche sagen, erst recht seien sie kein Ballast für den Arbeitsmarkt oder die sozialen Systeme, sondern eine Bereicherung für das Land. Sehr gut war Rumänien beim Heimattag vertreten. Die Botschafterin von Rumänien in Berlin, Adriana St²nescu, zitierte in ihrem Grußwort Klaus Johannis, den Staatspräsidenten von Rumänien, wonach die deutsch-rumänischen Beziehungen „einen Höhepunkt ihrer Entwicklung erreicht“ hätten. Kurz zuvor hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Rumänien einen Staatsbesuch abgestattet; die beiden Länder pflegen eine sehr gute Zusammenarbeit und enge Partnerschaft in EU und NATO, ebenso unterstützen sie gemeinsam die Ukraine. Sergiu Nistor, Präsidialberater von Klaus Johannis, würdigte die Siebenbürger Sachsen und die rumänische Diaspora in Deutschland als „wesentliches Bindeglied“ zwischen den beiden Ländern.

Die Vorhaben der deutschen Minderheit werden aufgrund des 1992 abgeschlossenen Freundschaftsvertrags jährlich in der Deutsch-Rumänischen Regierungskommission erörtert. Die praktische Umsetzung erfolgt auch über das Departement für Interethnische Beziehungen in der Regierung Rumäniens, dessen Unterstaatssekretär Thomas [indilariu bei der Eröffnung des Heimattages sprach. 

Er erinnerte an die Wiedereinweihung der Bistritzer Stadtpfarrkirche vor zwei Wochen: „Nach dem entsetzlichen Brand von 2008 haben sich alle Bistritzer von nah und fern, und gleich welcher ethnischen oder religiösen Angehörigkeit sie sind, durch die gemeinsame Renovierung ein Stück neue Heimat geschaffen.“

In Siebenbürgen aktiv geworden ist Stefan Rößle, Landrat von Donau-Ries, einem benachbarten Landkreis von Dinkelsbühl. Er besuchte im Januar 2023 erstmals Hermannstadt/Sibiu im Rahmen des Projektes „Tausend Schulen für unsere Welt“, das sich seit letztem Jahr für ukrainische Flüchtlingskinder in Hermannstadt engagiert. Stefan Rößle war tief beeindruckt von der Wirtschaftsleistung deutscher Unternehmen in Siebenbürgen. „Für deutsche Unternehmen, die international tätig sind und expandieren, macht es Sinn, in Siebenbürgen zu investieren, einem Gebiet mit deutschen Wurzeln, in einem Land, das fest in Europa verankert ist. Das ist sinnvoller und nachhaltiger als Engagements auf anderen Kontinenten“, betonte Rößle.

Grüße aus Kanada

Aus der Föderation der Siebenbürger Sachsen kamen drei Vertreter zu Wort, die erstmals am Heimattag teilnahmen. So lud Radu Nebert, stellvertretender Vorsitzender des Siebenbürgenforums, zum Sachsentreffen von 29.bis 30. September 2023 nach Keisd/Saschiz und zum Großen Sachsentreffen vom 2. bis 4. August 2024 nach Hermannstadt ein.
Die Präsidentin der Alliance of Transylvanian Saxons (ATS), Denise Crawford, berichtete über die Aktivitäten des ATS, der sich vor 121 Jahren als Versicherungsgesellschaft in den USA konstituiert hatte und sich sozial und für das kulturelle Erbe der Siebenbürger Sachsen einsetzt. Sie lud für den 7. bis 8. Juli 2023 zum Heimattag nach Newcastle, Pennsylvania, in den USA ein.

Für die siebenbürgisch-sächsische Kultur begeistert sich auch Kate Pfingstgraef, ehemalige Jugendreferentin der Saxonia Hall in Aylmer, Ontario, die ein Grußwort seitens der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Kanada übermittelte. Trachten und Tanzgruppe waren immer ein Teil ihres Lebens, und seit letztem Jahr lernt sie auch Deutsch an der Hochschule, um ihre Wurzeln zu ergründen und leichter mit ihren Landsleuten zu kommunizieren. Bundesobmann Konsulent Manfred Schuller überbrachte Grüße des Bundesverbandes der Siebenbürger Sachsen in Österreich und lud für Ende September 2024 zu einem Heimattag nach Wels ein, dem ersten nach 2012.

Zum niveauvollen Programm des Heimattages gehörten Ausstellungen, Vorträge, Konzerte, Film- und Hörspielvorführung, Tanzveranstaltungen, die Rede an der Gedenkstätte der Siebenbürger Sachsen und – als kultureller Höhepunkt – die Preisverleihungen in der St. Pauls-Kirche. Den Ehrenstern der Föderation der Siebenbürger Sachsen erhielt Dr. Paul Jürgen Porr, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien. Sein unermüdlicher Einsatz und seine Leidenschaft für die Bewahrung und Weitergabe der siebenbürgisch-sächsischen Existenz haben ihn zu einem „wahren Vorbild“ gemacht, betonte Bernd Fabritius in der Laudatio. Mit einer „beeindruckenden Lebensleistung“ habe Porr auf vielfältige Weise das Erbe der Siebenbürger Sachsen bewahrt und gefördert.

Der Siebenbürgisch-Sächsische Kulturpreis 2023 ging an die Fotografen Konrad Klein und Martin Eichler.

Starke Präsenz aus Siebenbürgen

Der 73. Heimattag stand im Zeichen eines besonderen Jubiläums: 40 Jahre Föderation der Siebenbürger Sachsen. Der Dachverband wurde 1983 in Elixhausen in der Nähe von Salzburg gegründet, um den weltweiten Zusammenhalt zu stärken und ihre gemeinsamen Interessen insbesondere auf humanitärem, heimatpolitischem und kulturellem Gebiet durchzusetzen. Seit genau 30 Jahren gehört auch das Siebenbürgenforum dazu. Vertreter aller fünf Mitgliedsverbände der Föderation waren aus den USA, Kanada, Österreich, Rumänien und natürlich auch aus Deutschland angereist. Dem Jubiläum war die Podiumsdiskussion am Pfingstmontag gewidmet, die von Christel Ungar-}opescu moderiert wurde. Das Demokratische Forum war durch den Vorsitzenden des Landesforums Dr. Paul Jürgen Porr vertreten. Christel Ungar-}opescu war, zusammen mit Tiberiu Stoichici und Arno Ungar, nicht nur als Fernsehjounalistin der deutschen „Akzente“-Sendung des Rumänischen Fernsehens TVR in Dinkelsbühl aktiv, sondern zeigte auch eine Filmbiografie über den ehemaligen Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien (EKR) D. Dr. Christoph Klein mit dem Titel „Kinderspiel und Berufung“.

Unterstaatssekretär Thomas [indilariu präsentierte das Ausstellungs- und Buchprojekt „Pandemien und Epidemien der Vergangenheit. Herausforderungen der mehrsprachigen Kommunikation“, das vom Departement für Interethnische Beziehungen im Generalsekretariat der Regierung Rumäniens zusammen mit dem Nationalarchiv Rumäniens, dem Nationalen Brukenthal-Museum und der Zentralen Universitätsbibliothek „Lucian Blaga“ in Hermannstadt realisiert wurde.

Beim Trachtenzug am Sonntag war Siebenbürgen mit drei Gruppen besonders stark vertreten: Durch die Tanzgruppe „Vergissmeinnicht“ aus Bistritz, die Jugendtanzgruppe des Deutschen Forums Schäßburg unter Andrea Rost, stellvertretende Vorsitzende des Siebenbürgenforums, und den Posaunenchor Schäßburg unter der Leitung von Theo Halmen. 
Die Vertreter aus Siebenbürgen haben damit maßgeblich zum Gelingen des Heimattages beigetragen. Für den Dinkelsbühler Oberbürgermeister der Stadt, Dr. Christoph Hammer, war es der beste Heimattag, den er in seiner zwanzigjährigen Amtszeit erlebt hat. Es war ein erfolgreiches Pfingstfest, das die Tausenden Besucher durch die persönlichen Begegnungen, durch die Pflege ihrer Identität und das unbeschwerte Beisammensein in vielfacher Hinsicht bereichert hat.