Internationale Begegnung in Dachau

Junge Generation kämpft gegen das Vergessen an

800.000 Personen besuchen jährlich das ehemalige KZ Dachau. Die Besucherzahlen sind steigend, bestätigt Felizitas Raith vom Max-Mannheimer-Studienzentrum in Dachau.
Foto: Raluca Nelepcu

Sie stellen die Brücke zwischen Gegenwart und Zukunft dar: 16 Journalisten und Journalistinnen aus fünf Ländern Europas verbrachten die letzte Märzwoche in Dachau, Deutschland, und widmeten sich hier dem Erinnern und Gedenken an die Opfer des nationalsozialistischen Regimes. Das Besondere an dem Treffen war nicht nur die Besichtigung des Konzentrationslagers Dachau, sondern das waren vor allem die Gespräche mit den Zeitzeugen, die von ihrem Aufenthalt im KZ berichteten. Im Zeitalter des Web 2.0 haben die jungen Journalisten den Auftrag, die Erinnerung wach zu halten, damit sich die schrecklichen Ereignisse der Vergangenheit nie mehr wiederholen. Dies sei auch Sinn und Zweck der Aufklärungsarbeit, die die Zeitzeugen leisten. Das internationale Treffen wurde vom Maximilian-Kolbe-Werk, das den Überlebenden der Konzentrationslager und Ghettos Hilfe bietet, veranstaltet.

Deutschland, Weißrussland, die Ukraine, Polen und Rumänien: Aus diesen Ländern kamen die jungen Teilnehmer, die sich an dem Projekt des Maximilian-Kolbe-Werks beteiligten. Jedes dieser Länder hat einen anderen Bezug zum Zweiten Weltkrieg, sodass mit diesem Thema sehr unterschiedlich umgegangen wird. Wenn in Deutschland, zum Beispiel, dem Kampf gegen das Vergessen sehr viel Bedeutung beigemessen wird, so sind der Zweite Weltkrieg und der Holocaust in Rumänien so gut wie kein Thema. Die Auseinandersetzung mit der jüngsten Geschichte Europas, aber auch der Dialog zwischen den Teilnehmern und die Internationalität des Treffens seien bei solchen Veranstaltungen wichtig, sagte Wolfgang Gerstner, Geschäftsführer des Maximilian-Kolbe-Werks. Das erste Treffen innerhalb der sogenannten Internationalen Begegnungen fand im Januar im polnischen Oswiecim (Auschwitz) statt, wo sich die Journalisten auch an der Gedenkfeier anlässlich des 67. Jahrestags der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar beteiligten.

Bei sonnigem Frühlingswetter begaben sich die Teilnehmer am zweiten Tag ihres Dachau-Aufenthaltes in die Gedenkstätte. Am 22. März 1933 war das Konzentrationslager für politische Häftlinge in Dachau bei München errichtet worden. Es war die sogenannte „Mörderschule der SS“, denn hier wurde der nationalsozialistische Terror gelehrt und geübt. Die Zahl der Toten aus dem Konzentrationslager Dachau konnte bis heute nicht genau nachgewiesen werden. In den Dokumenten sind 32.000 Todesfälle registriert, es sollen jedoch vermutlich viel mehr gewesen sein. Wie in Auschwitz fanden auch im KZ Dachau pseudomedizinische Experimente an Häftlingen statt. Das Konzentrationslager Dachau wurde am 29. April 1945 von amerikanischen Truppen befreit.

„Es ist ein völlig anderes Gefühl als in Auschwitz, eine völlig andere Atmosphäre. Man bräuchte viel mehr Zeit, um sich hier in Dachau alles anzusehen“, sagt Katharina, die Ende Januar auch bei dem Treffen in Auschwitz dabei war. Die 24-Jährige besichtigte die Gedenkstätte Dachau vor Jahren mit ihrer Schulklasse, doch auf den Besuch waren die Jugendlichen damals gar nicht richtig vorbereitet. Auch heute kommen Schüler immer noch unvorbereitet in die Gedenkstätte. An dem Tag, an dem die Teilnehmer das ehemalige KZ besichtigten, war viel los. Schulgruppen drängten sich in die Ausstellungsräume, sodass es recht anstrengend war, sich in Ruhe alle Dokumente und Fotos anzusehen. „Wir haben bis zu 800.000 Besucher pro Jahr“, sagt Felizitas Raith, Leiterin des Max-Mannheimer-Studienzentrums in Dachau, die auch Führungen durch das KZ Dachau veranstaltet. Die Gedenkstätte in Dachau sei die zweitgrößte nach Auschwitz, berichtet sie. Sie erzählt auch, dass die Stadt Dachau zu Beginn nicht gerade glücklich war mit der Gründung einer Gedenkstätte, sondern am liebsten die Vergangenheit verdrängt hätte. Dies wurde jedoch schließlich verhindert. 1968 war die Umwandlung des Ortes in eine Gedenkstätte abgeschlossen und heute kommt Unterstützung für den Gedenkort sowohl von der Bayrischen Regierung, als auch von der Stadt Dachau.

Die Teilnehmer an den Internationalen Begegnungen 2012 hatten auch in Dachau die Möglichkeit, mit KZ-Überlebenden zu sprechen. Im Mittelpunkt der Gespräche stand vor allem das Thema Erinnerungskultur. Des wichtigen Auftrags, der künftig auf sie zukommen wird, waren sich zum Schluss des Treffens alle jungen Journalisten bewusst: Sie müssen nämlich das, was sie von den Zeitzeugen mitbekommen haben, an die nächste Generation weitergeben. Damit die Geschehnisse so lange wie möglich im Gedächtnis der Menschen bleiben.