Interview der Woche: Klöster sind Oasen der Spiritualität

Der rumänische orthodoxe Erzbischof Teodosie von Tomis erklärt, wie es bis heute zu Klostergründungen in der orthodoxen Welt kommt

Erzbischof Teodosie Petrescu und Pfarrer Jürgen Henkel

Klosterkirche Hl. Dionysios, Frontseite. Bild: Jürgen Henkel

Der rumänische orthodoxe Hierarch Teodosie Petrescu, 64, ist seit 2001 Erzbischof am Schwarzen Meer. Sein Bischofssitz liegt in Konstanza im gleichnamigen Kreis im Südosten Rumäniens. Zu seiner Diözese gehören neben der pulsierenden Metropole und Hafenstadt Konstanza auch die im Sommer überfüllten Tourismusstädte an der Schwarzmeerküste sowie karge Landschaften zwischen der Donau und dem Küstenstreifen. Die Bischofsstadt bestand als von Griechen gegründete Hafenstadt „Tomis“ schon in der Antike. Der offizielle Titel der Diözese lautet daher „Erzbistum Tomis“. Es gab zahlreiche christliche Märtyrer in der Region aus der Zeit der Diokletianischen Christenverfolgungen. Nach über 40 Jahren kommunistischer Diktatur und Unterdrückung der Kirchen von 1944 bis 1989 ist das klösterliche Leben seit der Wende wieder aufgeblüht. Im Interview mit Jürgen Henkel erklärt Erzbischof Teodosie, wie es bis heute zu Klostergründungen in der orthodoxen Welt kommt.

Eminenz, welche Bedeutung haben die Klöster für die orthodoxe Frömmigkeit?
Klöster sind von Anfang an bis heute Oasen der Spiritualität, in denen die Beziehung zu Gott sehr intensiv gelebt wird. Die ins Kloster eintreten, weihen ihr Leben ganz Gott. Sie haben das Bewusstsein, an der Pforte zum Himmelreich und zur Ewigkeit zu leben. Dieses Motiv hat es in der Vergangenheit gegeben, dasselbe Motiv besteht auch heute. 

Was bringt so viele junge Menschen, aber auch Akademiker und im Beruf erfolgreiche Menschen in der Mitte ihres Lebens dazu, heute ins Kloster zu gehen und sich den strengen Kloster- und Fastenregeln unterzuordnen? 
Die Klöster haben die Mission, das religiöse Leben so intensiv wie möglich zu pflegen. Dort werden täglich Gottesdienste und die Tagzeitengebete gefeiert. Für die Mönche gehört das Gebet zum Leben wie das Atmen. In der heutigen Zeit kommen auch junge Menschen zum Mönchtum aus dem gleichen Motiv wie von je her: sie lieben Gott mehr als alles andere und finden den Sinn ihres Lebens in Gott. Die Askese ist dabei ein innerer Aufbruch der Liebe zu Gott. Dies wird umgesetzt im Fasten, im Gebet, im Gehorsam und in der Liebe, so dass die, die den Sinn ihres Lebens in Gott gefunden haben, alles hinter sich lassen, um im Mönchtum Gott zu finden und Gott näher zu sein auf einem sicheren Weg zur Erlösung. 

In ganz Rumänien sind seit 1990 viele neue orthodoxe Klöster entstanden. Wie wird ein neues Kloster gegründet? Was sind die konkreten Schritte?
Auch hier in der Dobrudscha sind in der Tat einige Klöster neu gegründet worden. Jedes Kloster wird gegründet auf der Basis der Existenz einiger Mönche, die dieses Kloster wollen. Sie teilen ihren Wunsch mit, eine Klostergemeinschaft zu gründen, in der die drei monastischen Gelübde erfüllt werden. Dies geschieht durch Mitteilung an den Ortsbischof, der durch den Verantwortlichen des Bistums für die Klöster die Erfüllung der notwendigen Bedingungen prüft und festhält. 
Dazu zählt das Vorhandensein des nötigen Grunds, der dem Bistum zu diesem Zweck gestiftet wird. Und diese Schenkungen sind freiwillige Akte – sei es als Spende von Gläubigen oder auch von Menschen, die nach einem erfüllten Familienleben etwas stiften wollen speziell für die Gründung eines neuen Klosters. Sie bringen ihre Stiftungen dem Bistum dar und dann wird eine Klostergemeinschaft gegründet. 
Zuerst wird vom Bischofsamt ein Skit eingerichtet (kleine Klosterfiliale, Anm. J.H.), bevor dann im Rahmen der Metropolitansy-node eine monastische Einheit offiziell gegründet wird mit eigener juristischer Person, mit einer eigenen Klostergemeinschaft und unter Einhaltung der spezifischen Mönchsregeln.

Was ist die besondere Botschaft der orthodoxen Spiritualität und des Mönchtums für die heutige Zeit?
In dieser säkularisierten Welt und unserer heutigen Konsum- und Profitgesellschaft ist die wesentliche Botschaft der Spiritualität und des orthodoxen Mönchtums heute sehr eindringlich: Die Seele ist wertvoller als der Leib, denn ein Leib ohne Seele ist tot, eine Seele ohne Leib aber bleibt lebendig, denn die geistlichen Dinge bleiben ewig, während alles Materielle vergänglich ist. So bleibt jenes Prinzip immerzu gültig, dass die Spiritualität über den materiellen Dingen steht beziehungsweise der Geist über der Materie. 
Denn das besagt die Lehre des orthodoxen Christentums: Gott ist Geist, die Materie ist von Gott geschaffen und deshalb findet alles von Gott Geschaffene nur in Gott zu seiner wahren Erfüllung. Von ihm sind wir ausgegangen, zu ihm kehren wir zurück. Mit Gott tritt alles in Harmonie in ihrem tiefsten Sinne. 

Vielen Dank für das Gespräch!