Jahrestagung des Germanistik Departments Bukarest

Erstmalig unter dem Motto der Translatologie organisiert

Gabriel H. Decuble im Gespräch mit dem renommierten Übersetzer Alexandru Al. Șahighian. Foto: Mihai Draganovici

Bukarest – Am Wochenende hat die Germanistikabteilung der Bukarester Fremdsprachenfakultät zum siebenten Mal deren wissenschaftliche Jahrestagung organisiert, heuer erstmalig von Seiten der Übersetzer und Dolmetscher. Unter dem Motto „Translation und Rezeption. Translatologische, linguistische und literarische Streifzüge“ haben sich zahlreiche Germanisten aus Bukarest und Rumänien sowie einige Gäste aus dem Ausland zu Wort gemeldet und zu überaus interessanten Gesprächen geführt. 

Die am meisten erwarteten Beiträge waren diejenigen von Prof. Dr. Radegundis Stolze aus Deutschland, eine der bekanntesten Namen der Translatologie, die in ihrem Eröffnungsbeitrag die Bewertungskriterien einer guten Übersetzung vermittelt hat. Abgesehen von den fünf Analysekriterien einer Übersetzung, bzw. Orthografie, Syntax, Semantik, Stilistik und Kohärenz unterstrich Frau Stolze auch die Wichtigkeit der „Abweichungen von der Wörtlichkeit“ die, absichtlich oder auch nicht, einen bestimmten Zweck haben könnte, z. B. funktionell, Einbringung politischer Ideologien, zeitgebundene Interpretationen, formelle Assoziationen oder künstlerische Interpretationen des Quelltexts. 

Das zweite Highlight der Tagung war das tiefgründige Gespräche zwischen dem ehemaligen Leiter der Bukarester Germanistikabteilung Gabriel H. Decuble und dem berühmten Übersetzer Alexandru Al. Șahighian zur Herausforderung „Ist der Literaturübersetzer ein idealer Leser oder (nur) der primäre Literaturkritiker?“. Dabei wurden zahlreichen Probleme erörtert, mit denen sich der Literaturübersetzer in seiner Tätigkeit konfrontiert, sowohl zur Übersetzung und Interpretation des Quelltextes selbst, soweit es ja keine Idealübersetzung geben kann, bis hin zu den Bearbeitungsfristen, der Entlohnung und der fehlenden Kohärenz der Verlage.

Die weiteren Beiträge der Tagung haben zahlreiche Aspekte der Übersetzertätigkeit in unterschiedlichen Bereichen abgedeckt. Daniela Lange und Ioana Diaconu haben versucht, das allgemeine Metier des Übersetzers darzustellen. Literaturübersetzungen wurden von Ana Karlstedt, Bogdan Burghelea, Alexandra Nicolaescu, Nina Nowara-Matusik, Lucia Bentes, Ileana-Maria Ratcu anhand praktischer Beispiele theoretisiert, wobei auch Kinder- und Jugendliteratur nicht übersehen wurde. Diesbezüglich haben Farhad Akbary, Ksenia Kuzminykh, Cristina Dogaru vorgetragen, wobei Evemarie Draganovicis Beitrag eine die interessante Übersetzungsproblematik der Geschichten von Păcală und Tândală ins Deutsche aber auch diejenige der Donald-Comicbücher problematisierte. Des weiteren wurde auch über Poetik in der Übersetzung gesprochen (Ruxandra Cosma), aber auch über die Übersetzung von Fernsehwerbungen (Miruna Ivanov), Filmtitel (Ana-Andreea Dovgan) und sogar von Predigten (Mihai Draganovici). Elisa Moczygemba und Caroline Eschemann haben die Problematik der Künstlichen Intelligenz in der Translatologie eingearbeitet. Die pädagogische Seite der übersetzten Texte wurde von Hermine Fierbin]eanu anhand Beispielen aus dem DaF-Unterricht (Deutsch als Fremdsprache) angesprochen, wobei Oana Cusin die Übersetzungen der Anforderungen in Matheschulbüchern bearbeitet hat. Leider konnte Nicoleta Gheorghe mit ihren „Augmentativa in den Titelnamen und deren Übersetzbarkeit ins Rumänische“ nicht teilnehmen.

„Durch die Verflechtung von Theorie und Praxis war die Tagung nicht nur eine Bereicherung für alle Teilnehmenden, sondern auch ein willkommener Anlass zum Ideenaustausch“, erklärte die derzeitige Lehrstuhlleiterin Ileana Ratcu und kündigte dabei bereits das Thema der nächstjährigen Tagung an, zu Gedenken an den im Jahr 1924 verstorbenen Prager Schriftsteller Franz Kafka.