„Karpaten Weine“ – eine deutsch-rumänische Liebesbeziehung

Gespräch mit Ana-Cristina Trukhman über den Handel mit rumänischen Weinen

Ana-Cristina und Sergey Trukhman auf dem Weingut Budureasca
Foto: Karpaten Weine

Das Ehepaar Sergey und Ana-Cristina Trukhman mit deutschen und rumänischen Wurzeln entdeckte vor vier Jahren seine Liebe zu rumänischen Weinen. Kurz darauf entschlossen sie sich, einen Online-Weinhandel in Deutschland zu gründen, der die Weine aus der Region der Karpaten nach Deutschland liefert. Frau Trukhman erzählt in einem Gespräch mit Janin Volkmann vom Ursprung der Idee und dem abenteuerlichen und spannenden Weg bis hin zum neuen Geschäft.

Sie und Ihr Mann betreiben einen Online-Weinhandel, der rumänische Weine unter anderem nach Deutschland liefert. Wann und wie entstand diese Idee und warum gerade mit rumänischen Weinen?

Den ersten Gedanken, einen Weinhandel mit rumänischen Weinen zu eröffnen, hatten wir vor vier Jahren. Wir sind beide Weinliebhaber und ich als gebürtige Rumänin biete meinen Gästen auch sehr gern rumänische Premium-Weine zu verschiedenen Anlässen an. Leider war die Auswahl an Premium-Weinen aus Rumänien in Deutschland sehr klein und manchmal gar nicht vorhanden. Ich musste jedes Mal, wenn ich zu Hause in Rumänien war, im Koffer ein paar Flaschen mit nach Deutschland nehmen, um sicher zu sein, dass ich für manche Anlässe besondere Weine im Haus habe. Wir haben uns dann auch gedacht, dass wir sicher nicht die einzigen sind, die gerne ihren Gästen hochwertige Qualitätsweine anbieten wollen. Da Rumänien schon immer ein Weinland mit langer Weintradition war und ist, fand ich es sehr schade, dass es nicht möglich war, zum Beispiel eine gute Flasche Fetească Neagră hier in Deutschland zu kaufen.

Auch musste ich feststellen, dass man gar nicht wusste, dass Rumänien ein Weinland ist. Jedes Mal, wenn ich meinen Geburtstag groß feierte und Weine aus Rumänien angeboten habe, war die Überraschung groß, dass in Rumänien Wein gekeltert wird und außerdem so schmackhaft ist.

Ich kann mich noch erinnern, dass wir Wein vom Weingut Budureasca zu meinem Geburtstag angeboten haben und die Gäste von der Fetească Neagră (Schwarze Mädchentraube, trocken gekeltert) einfach begeistert waren, sodass sie gefragt haben, wo man den Wein kaufen kann. Mein Mann, der mit mir durch Rumänien gereist ist, ist selbst sehr schnell auf den Geschmack der rumänischen Weine gekommen. So wurde schon die Idee geboren.

Und wie entstanden die Kontakte zu den Weinanbaugebieten und den Winzern? Sind Sie einfach durch Rumänien gefahren und haben an die Türen geklopft?

Bevor wir die ersten Kontakte aufgebaut haben, fingen wir an, uns akribisch mit dem Thema zu beschäftigen. Wir sind beide in der Agrarbranche tätig, ich als Dipl. Agrar-Ingenieur und mein Mann als studierter Lebensmitteltechnologe – somit lag uns das Thema Weinbau nicht nur als Weinbegeisterte, sondern auch von der beruflichen Ausrichtung her sehr nah. Wir sind seit mehr als zehn Jahren im Vertrieb von anderen Agarprodukten tätig und das Studium war schon eine Weile her. So mussten wir uns erst einmal mit der Fachliteratur vertraut machen, was genau den Weinbau ausmacht. Wir lasen alles über das Weinkeltern, machten professionelle Weinproben und gingen auf Weinmessen. Erst nachdem wir eine gesunde theoretische Basis für den Start aufgebaut und viel Information gesammelt hatten, haben wir verschiedene Weingüter kontaktiert, die in unser Konzept passten. Wir wollten gezielt mit bestimmten Weingütern zusammenarbeiten. Eine besondere Rolle spielten dabei die Qualität der Weine, die Keltermethoden sowie die Umweltfreundlichkeit. Wir haben zudem die Weinregion für den Start eingegrenzt, damit wir uns am Anfang nicht verzetteln. Unsere Wahl fiel erst einmal nur auf das Dealu-Mare-Gebiet in Muntenien – die sogenannte Toskana oder das Bordeaux der Rotweine aus Rumänien. Wir haben dann die Weingüter, für die wir uns interessierten, kontaktiert und gleich Termine für Weinproben vor Ort vereinbart. Es war für uns sehr wichtig, die Menschen vor Ort persönlich kennenzulernen und natürlich die Weine selber zu verkosten. Also sind wir ins Flugzeug gestiegen und somit begann unser Abenteuer.

Wir wollten unbedingt im Frühjahr die Weingüter zum ersten Mal besichtigen, wenn die „grüne Arbeit“ auf den Weinbergen anfängt, um genau zu sehen, welche Wein-Philosophie das Weingut betreibt. Gleichzeitig wollten wir uns die Produktionstechnik und die Barriquekeller ansehen, um ein genaues Bild von jedem Weingut zu bekommen. Kurz gefasst: Wir wollten für unseren zukünftigen Endverbraucher einfach ein top Preis-Leistungs-Verhältnis für unsere Weine aus Rumänien anbieten. Wir haben uns ein paar Wochen Zeit genommen, sind durch Dealu Mare getourt und haben verschiedene Weingüter besichtigt und begutachtet.

Wir waren sehr überrascht, was für eine tolle Branche sich in der Region entwickelt hat. Auch wie international und vielfältig sie bereits geworden ist, auch wenn ein Weingut nur ein kleines Kernteam hat, ist dieses meistens so international belegt, dass man staunt. Das heißt, wir mussten uns auch vor Ort in Rumänien mit Fachwissen beweisen. Nach dieser Reise in Rumänien waren wir mehr als überzeugt, dass unser geplanter Online-Weinhandel großes Potenzial hat und wir damit starten sollten. Es waren so viele positive Erlebnisse, dass wir keinerlei Zweifel mehr hatten, unsere Idee zu verwirklichen.

Mit wie vielen Weingütern arbeiten Sie derzeit zusammen?

Vor Ort waren wir von vielen Weingütern angetan und die Auswahl fiel uns überhaupt nicht leicht. Aber wir haben uns zu diesem Zeitpunkt für drei Weingüter entschieden, die sehr unterschiedlich sind. Die Mehrzahl der Weingüter haben sehr positiv mit einer Prise Skepsis auf unsere Anfrage reagiert. Deutschland ist für rumänische Weingüter Neuland gewesen. Obwohl alle Weingüter, mit denen wir zusammenarbeiten, bereits sehr erfolgreich in Benelux, der Schweiz und Großbritannien vertreten sind, ist der Markt für Premium-Weine in Deutschland noch unberührt. Die drei ausgewählten Weingüter arbeiten, wie schon gesagt, mit verschiedenen Weinbaukonzepten.

Das Weingut Budureasca beispielsweise, mit Stephen Donnelly aus England als Kellermeister, legt sehr viel Wert auf moderne Keltertechniken. Es hat uns auch beeindruckt, dass Weine dieses Weinguts mit „Grand Gold“ ausgezeichnet wurden – die höchste Bewertung bei Mondial du Bruxelles (The United Nations Of Fine Wines). Es gibt weltweit nicht viele Weingüter, die eine solche Medaillen-Sammlung vorweisen können. So etwas kann nur durch dauerhaft hohe Qualität der Weine erzeugt werden.

Beim Weingut Vitis Metamorfosis hat uns die Leidenschaft des italienischen Winzers und Kellermeisters Fiorenzo Rista beeindruckt. Er hat sich, obwohl er aus Italien zugewandert ist, bewusst für den Erhalt der autochthonen Rebsorte Negru de Drăgăşani vor Ort entschieden und betreibt die ca. ein Hektar große Parzelle biologisch und nachhaltig. Das fanden wir schon besonders. Das Weingut vereint italienische Leidenschaft mit rumänischer Weintradition, das zeigt sich sogar im Raum für die Weinproben – hier treffen rumänische und italienische Elemente bei der Innengestaltung aufeinander.

Die Weine von Aurelia Vişinescu kannten wir bereits, ihr Red Artisan und Tămâioasa Românească sind großartige rumänische Weine. Bei dem Besuch sahen wir, dass die Winzerin Aurelia Vişinescu ihr Leben dem Weinberg und den Weinkellern gewidmet hat – sie ist eine Winzerin durch und durch. Besonders fanden wir auch, dass es eine Winzerin ist, die ihren Weinkompositionen sehr viel Zeit widmet. Ihre Premium-Weine sind so wenig wie möglich technologisch verarbeitet.

Wir haben auch andere Weingüter besichtigt, die uns ebenfalls gefielen, unsere Wahl fiel letztendlich aber auf diese drei.  Im November 2017 starteten wir die Zusammenarbeit mit einem weiteren Weingut – dieses Mal aus der Weinregion Drăgăşani.

Wenn Sie auf den Anfang zurückblicken – was war bisher Ihre größte Herausforderung, der Sie sich stellen mussten?

Es gab sehr viele Herausforderungen! Gerade weil wir uns für diese Pionierarbeit entschieden haben, ist jeder Tag für uns ist eine Herausforderung, das macht es aber auch spannend und vielseitig. Wir lernen jeden Tag dazu, sowohl über das Geschäftliche als auch über den Markt von Premium-Weinen aus Rumänien in Deutschland. Nach jeder erfolgreichen Etappe kommt eine neue Herausforderung auf uns zu, mit der wir überhaupt nicht gerechnet haben. Hinzu kommt, dass jeder Wein immer anders ist, jeder Jahrgang unterscheidet sich vom Jahrgang zuvor. Das kommt daher, weil wir Premium-Weine anbieten, die sich als Naturprodukt entwickeln und dadurch immer unterschiedlich schmecken.

Außerdem sind auch die Geschmäcker der Weinliebhaber unterschiedlich, sodass eine Vielfalt von Weinen auch von Vorteil ist. Manche Kunden bevorzugen sehr kraftvolle Weine, manche bevorzugen frische und fruchtige Weine. Weingourmets haben genaue Vorstellungen, was sie von einem Wein erwarten. Unsere Weinauswahl kommt bisher sehr gut an. Bei den Weinproben in den Weinfachgeschäften, mit denen wir zusammenarbeiten, sind die positiven Rückmeldungen der Kunden eine tolle Bestätigung. Das gibt uns viel Kraft und Motivation weiterzumachen.

Trotzdem bleibt es eine große Herausforderung, die rumänischen Premium-Weine und die rumänischen autochthonen Rebsorten bekannt zu machen. Unser Ziel ist es, Rotweine aus Negru de Drăgăşani oder Fetească Neagră sowie Weißweine wie Fetească Alba und Crâmpoşie so bekannt wie möglich zu machen – und dass es selbstverständlich wird, in einer Restaurant-Weinkarte einen rumänischen Wein zu finden.

Gibt es ein Ereignis während der Unternehmensgründung, welches Sie nie vergessen werden?“

Ja, als letztes Jahr (2016) zwei Wochen vor Weihnachten, obwohl es überhaupt nicht danach aussah, die Fetească Neagră-Weine ausverkauft waren. Damit haben wir nicht gerechnet und wir waren darauf auch überhaupt nicht vorbereitet. Es war Freude und Stress zugleich, sowohl für uns als auch für die Weingüter. Nachlieferungen könnten im Winter in Rumänien zudem einfrieren. Wein gefriert ab Temperaturen von -3° bis - 4° Celsius. Zudem muss der Wein in der Flasche eine Weile ruhen nach dem Abfüllen, das konnte nicht so schnell organisiert werden. Das Telefon klingelte ununterbrochen und wir mussten in der Tat viele der neu gewonnenen und der treuen Kunden vertrösten, was uns sehr, sehr schwer gefallen ist.

Dieses Ereignis hat uns sehr getroffen und wir versuchen jetzt, so schnell wie möglich auf Engpässe reagieren zu können.

Wie genau kann man sich Ihre Arbeit vorstellen? Pendeln Sie zwischen Deutschland und Rumänien hin und her?

Wir stehen ständig mit den Weingütern in Kontakt. Nach Rumänien reisen wir so oft wie möglich. Nämlich dann, wenn wir zum Beispiel neue Jahrgänge probieren müssen, wenn wir uns zusammen mit dem Weingut ein Weinprogramm für den deutschen Markt überlegen oder wenn wir an einem Event vor Ort teilnehmen, wie beispielsweise Weinmessen. Schließlich wollen wir immer auf dem neuesten Stand bleiben. Zudem gibt es eine Vielzahl an Weingütern, die uns vom Angebot her ansprechen und wir überlegen, ob wir sie in unser Programm mit aufnehmen.

Trotzdem müssen wir in Deutschland vor Ort sein. Hier kümmern wir uns um unser Kerngeschäft. Die Kunden erwarten, wenn sie ihre Weine online bestellen, dass die Weinpakete innerhalb von ein bis drei Arbeitstagen verlässlich geliefert werden. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, muss alles hier vor Ort optimal organisiert und ständig optimiert werden. Wir müssen auch telefonisch vor Ort leicht erreichbar sein. Viele Kunden haben besondere Fragen zu den Premium-Weinen aus Rumänien und erwarten qualifizierte Beratung in Bezug auf die Weine, die sie für besondere Veranstaltungen oder als Geschenk bestellen. Gleichzeit organisieren wir Weinproben in Zusammenarbeit mit Weinfachgeschäften und -schulen, deren Mitarbeiter – besonders in Bezug auf die Weinkelterung der rumänischen autochthonen Rebsorten. Eine solche Infrastruktur kann nur dann funktionieren, wenn wir in Deutschland vor Ort die Kunden bedienen und wenn wir den Weinmarkt beobachten, um diesen noch besser zu verstehen.

Haben Sie schon einmal überlegt, ganz nach Rumänien zu ziehen?

Ja, den Gedanken hatten wir schon öfter, gerade wenn man mit einer solchen innovativen und beweglichen Branche zu tun hat und weil das Leben in Rumänien doch ein bisschen familiärer ist. Mein Mann ist von Rumänien sehr angetan und er würde jederzeit nach Rumänien auswandern. Bukarest und Klausenburg sagen ihm besonders zu. Wir schätzen jedoch sowohl Deutschland als auch Rumänien, wir versuchen, soweit es geht, die beiden Heimaten zu vereinen. “Nun haben wir derzeit unser Standbein in Deutschland aufgebaut und es entwickelt sich alles positiv und wir haben uns zur Aufgabe gemacht www.Karpaten-Weine.de als Marke für Premium-Weine aus Rumänien zu etablieren. Und wir bleiben dabei.

Haben Sie einen Lieblingswein aus Ihrem Angebot?

Ich habe mehrere Lieblingsweine aus unserem Angebot. Es hängt immer von der Stimmung oder dem Anlass ab. Bei einem geselligen Abend bevorzuge ich den „Red Artisan“, für einen Abend zu zweit mit meinen Ehemann, wenn wir strategische Gespräche haben, dann bin ich eher für einen Meditationswein (zumeist schwer und kraftvoll) oder einen Anima Merlot. Wenn ich rumänisch deftig koche, dann begleitet das Essen ein Premium Fetească Neagră von Budureasca.

Mein Mann hat sich in den Negru de Drăgăşani von Vitis Metamorfosis verliebt. Er sammelt seitdem die Jahrgänge, um in 10 Jahren eine Weinvertikale von diesem Wein zu veranstalten.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg für die Zukunft.