„Kraft, Trost, Gemeinschaft“

Das Deutsche Jahrbuch für Rumänien 2022 im Überblick

Das Umschlagbild zeigt dieses Jahr ein Detail aus der Kirchenburg von Klosdorf/Cloa{terf im Kreis Mieresch.
Foto: George Dumitriu

Elise Wilk berichtet von Vama Veche im Spätherbst.
Foto: Elise Wilk

Im Kalender finden sich Bilder von Glaubensstätten, hier die Treppe zur Kanzel der Kirche in Hamruden.
Foto: George Dumitriu

„Homo coronensis“, eine Zeichnung von Elisabeth Puchianu, zu ihrem Beitrag im Literaturteil.

300 Jahre Brukenthal: Thomas [indilariu berichtet von dessen Leben und Wirken.
Foto: Stefan Jammer

Erwin Wittstock hält eine Rede auf dem Honterusfest 1957: Von dessen Geschichte berichtet Wolfgang Wittstock.
Foto: privat

„Banater Heed“: Bilder begleiten die Texte in banat-schwäbischer Mundart.
Foto: Zoltan Pázmány

Arthur Glaser entdeckte die Weinkeller von Bildegg.
Foto: A. Glaser

Kraft, Trost, Gemeinschaft: Die drei Worte beziehen sich auf die Fotografien von evangelischen und katholischen Kirchen, mit denen George Dumitriu den Kalender des neuen Jahrbuchs illustriert – aber es sind auch passende Schlagworte für ein Jahrbuch, das wohl durch das dritte Pandemiejahr führen wird. Kraft und Trost kann gewonnen werden aus den Gedichten und literarischen Texten, aber auch aus den Beiträgen, die über Erfreuliches berichten – etwa von Menschen, die sich für ihre Mitmenschen, für das Kulturerbe oder die Umwelt einsetzen. Manche Kapitel des Jahrbuchs beleuchten dunklere Kapitel der Vergangenheit – aber zumindest sind diese überstanden, wir können heute vielleicht sogar daraus lernen. Und natürlich ist das Jahrbuch wieder ein Zeugnis der Gemeinschaft – viele Menschen haben einen Beitrag geleistet, um gemeinsam dieses Buch – und vieles, wovon darin berichtet wird – zustande zu bringen. 

Das diesjährige Jahrbuch beginnt wie üblich mit Geleitworten, vom Vorsitzenden des DFDR Paul Jürgen Porr, vom neuen Botschafter Deutschlands in Bukarest Dr. Peer Gebauer, und vom DFDR-Abgeordneten Ovidiu Gan], der auch in einem ausführlichen Interview zu Wort kommt. Zu ersterem hat außerdem Hannelore Baier ein ausführliches Portrait verfasst, mit letzterem hat sie ein Interview geführt.

Nicht fehlen darf in diesem Jahr eine Würdigung von Samuel von Brukenthal, denn im vergangenen Jahr wurde dessen 300. Geburtstag gefeiert. Thomas [indilariu erzählt von Leben, Wirken und Vermächtnis einer der bedeutendsten Persönlichkeiten der siebenbürgisch-sächsischen Geschichte, dessen Zeit laut Autor „komplex und teils verwirrend, ganz so wie unsere Gegenwart“ war. Im August wurde in Hermannstadt eine Statue des ehemaligen Gubernators eingeweiht – wer sonst noch in dieser Form im Stadtbild Hermannstadts verewigt ist, hat sich Michael Mundt in seinem Beitrag angesehen.

Vertriebene, Ausgewanderte

Maria Theresia, zu der Brukenthal eine enge Verbindung pflegte, begegnet uns wieder im Beitrag von Stephan Steiner zu einem wenig bekannten Kapitel der Banater Geschichte: Im Zuge der „Temeswarer Wasserschübe“ hatte die Monarchin über Jahrzehnte unerwünschte Angehörige der Bevölkerung ins Temeswarer Arbeitshaus deportieren lassen. Andere Umsiedlungen unter zweifelhaften Umständen thematisiert auch Werner Kremm in „Als Rumänien Deutschland Roma als Deutsche verkauft hat“, und Michael Mundt berichtet von der „Ausweisung der Armenier aus Bistritz anlässlich der Pest im Jahre 1712“. 

Eine aktuellere Migrationsgeschichte findet sich in Nina Mays Portrait der Schriftstellerin Karin Gündisch, und eine literarische Bearbeitung erhielt das Thema Migration in „Autobus Ultima Speranza“, einem Roman der österreichischen Autorin Verena Mermer, mit der Mariana-Virginia Lăzărescu ein ausführliches Interview führte. 

Im Gespräch

Auch mit anderen interessanten Persönlichkeiten gibt es Interviews: Etwa sprach Renate Zöller mit Unterstaatssekretär Thomas [indilariu, dessen Festbeitrag am Digitalen Heimattag 2021 ebenfalls im Jahrbuch nachgelesen werden kann; Dieter Drotleff traf den langjährigen Stadtpfarrer der Kronstädter Honterusgemeinde A.B., und Gabriela Rist den Vorsitzenden der Landsmannschaft der Sathmarer Schwaben und der Oberwischauer Zipser in Deutschland, Thomas Erös. 

Andreea Oance erhielt Einblicke über das Lehren und Lernen der deutschen Sprache in Rumänien von der ausgezeichneten Grundschullehrerin Andrada Mazilu, und Hochschullehrer Jörg Biber erzählt im Interview mit Raluca Nelepcu über den aufsehenerregenden und nun publizierten Nachlass seines Vaters, der während des Ersten Weltkriegs als Feinmechaniker auf dem Luftschiffhafen Szentandrás/Sanktandres im Banat tätig gewesen war. Der Autor Jan Cornelius erzählt Andreea Oance von seinem neuen Buch „Aventurile unui călător naiv / Intre Mișcare și izolare (Die Abenteuer eines naiven Reisenden / Zwischen Bewegung und Isolation), worin er die absurden Züge der Pandemie ausleuchtet. 

Gedichte und Geschichten

Überhaupt sind der Literatur im Jahrbuch viele Seiten eingeräumt – Arnold Schlachter berichtet von seinen Impressionen zu den 31. Deutschen Literaturtagen in Reschitza, Hans Fink lässt uns „Hinter die Kulissen des Märchens“ blicken, und Nina May wiederum blickt zurück auf die fünfzig Jahre seit der Gründung der Aktionsgruppe Banat. Manche Mitglieder der Gruppe, aber auch zahlreiche andere Autorinnen und Autoren, Dichter und Dichterinnen haben ihre Kurzgeschichten und Gedichte zur Verfügung gestellt – das Gedicht „periamportreport“ von Werner Kremm, verfasst im August 1974, findet sich im Literaturteil, neben Werken von unter anderem Dagmar Dusil, Johann Lippet, Carmen Elisabeth Puchianu, William Totok oder Joachim Wittstock, um nur eine Auswahl zu nennen. 

Ein eigenes Kapitel widmet sich den Gedichten und Texten von Niki Schmidt, Amalia Singer und Helen Alba, die in banat-schwäbischer Mundart verfasst sind.

„Schwowelied“: Mundart und anderes Kulturerbe

Über die Mundart der Sathmarer Schwaben, deren Gefährdung und den Kampf gegen ihr Aussterben hat Arthur Glaser einen eigenen Beitrag verfasst. Auch um Sprache geht es im Beitrag von Sigrid Haldenwang „Zu Auswirkungen der Reformation auf die nationale, konfessionelle und sprachliche Identität der Siebenbürger Sachsen“. Auch zu anderen Formen des Kulturerbes gibt es verschiedene Beiträge: Edith Singer etwa beschreibt die „Guttenbrunner Kirchweitracht“, und Johann Janzer das Osterfest in Sanktandres von den 1950er bis 80er Jahren. Wolfgang Wittstock beschreibt die 175jährige Geschichte des Honterusfestes – mit zahlreichen alten Fotografien. 

Um den Erhalt von Kulturerbe in Form von Architektur kümmert sich beispielsweise die Familie Trifan, deren Engagement in der Initiative „Acas² im Banat“ Andreea Oance beschreibt. Zum Erhalt des Kulturerbes der Schwarzen Kirche von Kronstadt kann man einfach beitragen, indem man „im schönsten Souvenirladen Kronstadts“ beim Projekt Inspiratio einkauft, das Elise Wilk beschreibt. Und Ursula Philippi berichtet „Von Orgeln und Menschen“ in verschiedenen Dörfern.

In die Ferne

Nach Leipzig hat sich Klaus Philippi begeben, um bei der 18. Auflage des Mittel- und Osteuropäischen Journalistenseminars mit anderen Medienschaffenden deren Rolle zu diskutieren. Und zum Schluss laden drei Reiseberichte ein, dem Wintergrau Urlaubspläne entgegenzusetzen: Ralf Sudrigian war „Abseits des Touristentroms“ in Halmagen, Elise Wilk findet Vama Veche im September „Nicht mehr so wie früher, aber trotzdem schön“, und [tefana Ciortea-Neam]iu hat den Nationalpark Semenik-Karasch-Schluchten besucht und berichtet von „Semenik, Wind und Heidelbeeren“. Sich die Zeit bis zu den ersten Beeren zu vertreiben, dazu laden die Kreuzwort- und anderen Rätsel im neuen Jahrbuch ein.