Kronstädter Fußball entzweit USR und PNL

Es geht um die Gründung des „neuen FC Braşov“

Der FC Braşov gegen Gaz Metan Medias, 2009 im Tineretului-Stadion Bild: Andrei Stroe/Wikimedia

C-Liga ist gar nicht gut genug

Kronstadt ist im Fußball nur drittklassig. Das tut allen Fußballfans aus der Stadt am Fuße der Zinne weh. Denn da gab es einst „Steagul Roşu“ (Rote Fahne) – die Mannschaft des Großwerkes, das Lkws desselben Namens baute, also das Team, das 1961 mit Silviu Ploieşteanu als Trainer die erste internationale Trophäe für einen rumänischen Fußballverein (den Balkan-Pokal) gewinnen konnte. Später wurde der Verein in FC Braşov/FC Kronstadt umgetauft, wobei im Namen anfangs auch ein „M“ hinzukam, das zunächst für „Muncitoresc“ (der Arbeiter) dann für „Municipal“ (des Munizipiums) stand. 2015 war das letzte Jahr, in dem der FC Braşov in der A-Liga auftrat. Zwei Jahre später wird die Mannschaft aufgelöst, weil sie bankrott erklärt wurde.

Für kurze Zeit tauchte auch ein neuer Kronstädter Verein namens „Corona“ auf, der es 2013, nach einem sensationellen Durchmarsch durch alle untersten Ligen, bis in die erste Liga schaffte. Der Lokalrivale des FC Braşov wurde vom Bürgermeisteramt Kronstadt finanziert, erlitt aber in seinem ersten und einzigen A-Liga-Auftritt eine totale Blamage: Nur zwei Siege aus 34 Spielen. Kurz nach dem Abstieg wurde der Verein aufgelöst.

2019, noch unter Bürgermeister George Scripcaru, wurde der Verein wiedergegründet und schaffte auf Anhieb den Aufstieg in die dritte Liga, Serie fünf. Dort trifft er auf zwei weitere Kronstädter Teams: ACS Kids Tâmpa (ein Privatverein, der hauptsächlich junge Talente entdecken und fördern will) und ACS SR Braşov. Das „SR“ steht für „Steagul Roşu“, weil dieser 2017 von den Fans gegründete Verein die Tradition des ehemaligen Arbeiterklubs fortsetzen möchte und sich als dessen Nachfolger betrachtet. Anders als Corona kann ACS SR nicht auf öffentliche Gelder zurückgreifen. Die Hoffnung, über den Unternehmer Simon Maurer und dessen Firma „Avantgarden“ finanzielle Sicherheit zu erlangen, erwies sich als Illusion, denn 2018 zog sich „Avantgarden“ aus diesem Projekt zurück.

Corona führt in ihrer Dritte-Liga-Gruppe mit Abstand und gilt als sicherer Favorit, um, nach zwei Stichkämpfen, in die zweite Liga aufzusteigen. Weniger sicher ist der Aufstieg von ACS SR (gegenwärtig auf Platz drei). Theoretisch könnte es zu einem alles entscheidenden Aufstieg-Stichkampf zwischen den beiden Kronstädter Mannschaften kommen.
Coliban verliert,

Corona überlebt

In diesem Fußballvergleich geht es aber auch um vieles andere: Politik, Geld, Image und persönliche Ambitionen. Denn Corona wird aus dem Stadthaushalt finanziert und, nach wie vor, von Ex-Bürgermeister Scripcaru und der PNL unterstützt. Rund eine Million Lei wird Corona bis zum Sommer noch erhalten. Das wollte Bürgermeister Allen Coliban (USR) verhindern, indem er auf einer Sofortsitzung des Stadtrates einen Antrag zur Auflösung der Corona-Fußballmannschaft stellte. Seine Unterstützung für den Fanverein ACS SR ist nichts Neues: Bereits im Wahlkampf für das Bürgermeistermandat trat er mit gelb-schwarzem Schal (die Vereinsfarben von Steagul und dessen Nachfolger) bei ACS-Spielen auf, was ihm sicher auch Wählerstimmen eingebracht hatte. Überraschend war der Zeitpunkt, an dem Coliban seine Attacke plante: Einige Stunden vor dem Beginn der Rückrunde und des Corona-Heimspiels gegen CS Blejoi. Der Antrag scheiterte, weil die vier PSD-Stadträte gemeinsam mit den PNL-Stadträten das Corona-Überleben sicherten.

Die Diskussionen um Für oder Gegen Corona wurden in Hinblick auf die Zukunft des Kronstädter Fußballs geführt. Denn laut der von allen Seiten geäußerten Meinung, müssen in Kronstadt alle fußballerischen Ressourcen gebündelt werden, um eine starke Mannschaft aufzubauen, auf die die Stadt stolz sein kann – also ein Team, das den Geist der „Stegari“ fortführt und das ebenfalls auf viele Fans zählen kann.

Die Mannschaft soll FC Braşov heißen – eine Traditionsmarke, die das Bürgermeisteramt unlängst erstanden hatte. Coliban wünscht sich, dass die Stadtverwaltung dem besten noch auszuarbeitendem Projekt diesen Markennamen verleiht und den neuen Verein im gesetzlich geregelten Rahmen fördert. Ausschlaggebend sei, dass der FC Braşov von den Fans akzeptiert und als „ihre Mannschaft“ gelten soll. Die einzige Kronstädter Mannschaft, die sich einer solchen breiten Unterstützung freue, sei eben ACS SR. Damit hat Coliban Recht. Die Fans dieser Mannschaft dürfen wegen …. Corona (gemeint ist die Pandemie, nicht die Rivalen) nicht ins Stadion, kaufen aber virtuelle Match-Tickets. Mit diesen Einnahmen soll ihr Verein über Wasser gehalten werden.

Steagu-Fans wollen nichts von Corona hören

Die seitens Corona unternommenen Annäherungsversuche zu den Steagul-Fans stießen auf eine klare Absage. Bereits als beide Teams noch in der A-Liga spielten, wurde Corona von den meisten Kronstädter Fußballfreunden als eine in der Retorte entstandene Schöpfung angesehen, ein „Plastik-Verein“, der im Tineretului-Stadion (das Heimstadion von FC Braşov) nichts zu suchen habe und der zudem von den Behörden begünstigt werde.
In der Zwischenzeit wurde es noch schlimmer: „Corona“ ist für den Steagul-Roşu-Fanverein synonym mit Doping (in Anlehnung an den Dopingskandal beim Corona-Frauenhandballteam), mit Bestechung. „Steagu’ nu moare!“ (Steagu‘ stirbt nicht!) ist der Kampfruf dieser Gruppen, die klar gesagt haben, dass sie ihrem Verein treu bleiben, egal, was mit Corona geschieht. Selbst ein neues Stadion, „irgendwo draußen am Feld“, so die Fans, wie es die Stadtverwaltung versprochen hat und auch weiterhin tut, interessiert sie nicht. Das alte, sanierungsbedürftige Tineretului-Stadion bleibt ihr Heim. Die Stadtverwaltung ist da nur zum Teil zu Hause, da sie angeblich nicht im Besitz der Zuschauertribünen ist.

Die Überlegungen bei Corona scheinen in folgende Richtung zu gehen: Erst den Aufstieg schaffen und dann den Wandel in FC Bra{ov vornehmen. So deutlich wird das zwar nicht kundgetan: Man zeigt sich offen, zusammen mit allen anderen Vereinen, am neuen FC-Braşov-Projekt zu arbeiten –  aber eben aus der Position desjenigen, der den Aufstieg geschafft hat und somit auch das Sagen hat. Eine Umorganisierung steht ab Sommer sowieso an. Denn in der jetzigen Subventionsform über das Bürgermeisteramt kann Corona nicht an eine Zukunft in der A-Liga denken, weil das die Reglungen des Rumänischen Fußballverbandes nicht zulassen.

Die Auflösung hätte das Ende für Corona bedeutet und praktisch den Weg für ASC SR frei gemacht. So mobilisierte man bei Corona ehemalige Kronstädter Fußballgrößen als Fürsprecher, um den gegenwärtigen Sachverhalt beizubehalten.

Vizebürgermeister Sebastian Rusu (PNL), der selber zugab, wenig über Fußball zu wissen, fand allerlei Argumente, um Corona am Leben zu erhalten: Man könne die Arbeit beim Verein, die Leistungen des Teams, nicht einfach beiseite schieben oder zunichte machen; FC Braşov müsse der Schirm sein, unter dem auch Corona seine Erfahrung und Stärke, selbstverständlich zum Wohl der Stadt, einbringe; die Verträge der Spieler und Trainer könnten nicht einfach über Nacht gekündigt werden. Coliban musste sein Scheitern akzeptieren, kündigte aber an, dass im Sommer der Geldhahn für Corona definitiv zugedreht wird, was auch das Ende dieses Vereins bedeute.

Wie sich das auf den zukünftigen FC Braşov auswirkt, ist ungewiss. Wie die Politik, so bietet auch die Zukunft des Kronstädter Fußballs viel Spielraum für Demagogie: Alle versprechen, das Beste zu wollen; jeder versteht darunter, was ihm passt; gemeinschaftliche Interessen sind lediglich der Vorwand, um persönliche oder Gruppeninteressen besser zu verkaufen und umzusetzen.