Langsameres Wirtschaftswachstum Anfang des Jahres

EU-Kommission verbessert Prognose und erwartet Rückgang der Staatsschulden

Laut der Rumänischen Nationalbank (BNR) hat sich das Leistungsbilanzdefizit zwischen Januar und März von rund 5,4 Milliarden Euro 2022 auf 5,0 Mrd. Euro im laufenden Jahr verringert | Symbolfoto: pixabay.com

EU-Wirtschftskommissar, Paolo Gentiloni, bei der Vorstellung der Frühjahresprognose der EU-Kommission in Brüssel | Foto: Bogdan Hoyaux/EU-Kommission

Bukarest/Brüssel (ADZ/dpa) - Das Wirtschaftswachstum Rumäniens hat sich Anfang des laufenden Jahres verlangsamt. Laut einer am Dienstag vom Nationalen Statistikamt (INS) veröffentlichten Mitteilung hat das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gegenüber dem Vorquartal in den ersten drei Monaten 2023 um 0,1 Prozent zugelegt, verglichen zu demselben Quartal 2022 lag das Wachstum bei 2,8 Prozent (saisonbereinigt). Ende 2022 hatte das BIP noch um 1,0 Prozent zum Vorquartal bzw. 4,3 Prozent im Jahresvergleich zugelegt. 

INS hat in der Schnellschätzung von Dienstag noch keine Angaben dazu gemacht, auf welche Wirtschaftsbereiche sich das Wachstum stützt, allerdings geht aus anderen kürzlich veröffentlichten Meldungen hervor, dass in den ersten drei Monaten im Industriesektor ein Rückgang zum Vorjahr vorliegt und der Einzelhandel gewachsen ist; im Bauwesen zeichnet sich ein robustes Wachstum für das erste Quartal ab. Außerdem hat die Rumänische Nationalbank (BNR) am Montag angekündigt, dass sich das Leistungsbilanzdefizit zwischen Januar und März von rund 5,4 Milliarden Euro auf 5,0 Mrd. Euro verringert hat – der Außenbeitrag fällt somit weniger negativ ins Gewicht.

3,2 Prozent Wachstum für 2023 veranschlagt

Für das Gesamtjahr 2023 liegt die Wachstumsaussicht deutlich unter dem Niveau von 4,7 Prozent im Vorjahr. Allerdings hat die Europäische Kommission in ihrer am Montag veröffentlichten Wirtschaftsprognose die Erwartungen von zuvor 2,5 auf nun 3,2 Prozent verbessert. Für 2024 geht die EU-Kommission von einem Wachstum von 3,5 Prozent in Rumänien aus. 

Die Inflationsrate Ende 2023 dürfte demnach weiter hoch bleiben und mit 9,7 Prozent knapp wieder in den einstelligen Bereich zurückkehren. Die anhaltende Inflation sowie angespanntere Finanzierungsbedingungen und schwaches Wachstum bei den wichtigsten Handelspartnern werden von der EU-Kommission auch als Faktoren dargestellt, welche das Wachstum bremsen. Für das laufende Jahr werden außerdem ein geringeres Leistungsbilanzdefizit von 7,6 BIP-Prozent (8,8 Prozent im Vorjahr) und mit 5,4 Prozent eine etwas kleinere Arbeitslosenrate (5,6 Prozen 2022) erwartet. 

Aufgrund des robusten nominellen BIP-Wachstums, langsamer steigenden Staatsausgaben, besonders bei öffentlichen Gehältern, sowie Steuern im Energiesektor erwartet die EU-Kommission 2023 einen Rückgang des Defizits im Staatshaushalt auf 4,7 BIP-Prozent (6,2 Prozent im Vorjahr). Die Staatsschulden sollten demnach von 47,3 BIP-Prozent auf 45,6 BIP-Prozent zurückgehen. 

Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) hat in dieser Woche die eigenen Wachstumsprognosen für Rumänien auf 2,5 Prozent  2023 und 3,5 Prozent 2024 verbessert.

Frühjahrsprognose: Wirtschaft in EU stabiler – Preise bleiben hoch

Für die europäische Wirtschaft hat die EU-Kommission die Wachstumserwartungen ebenfalls erhöht. Die Wirtschaft der EU wird in diesem Jahr um 1,0 Prozent wachsen statt wie bisher erwartet um 0,8 Prozent, wie aus der am Montag in Brüssel vorgelegten Frühjahrsprognose der Behörde hervorgeht. Für die Staaten der Eurozone geht sie nun von einem Wachstum von 1,1 Prozent aus – nach 0,9 Prozent in der im Februar veröffentlichten Winterprognose. Für Deutschland wird für das laufende Jahr ein Wachstum von 0,2 Prozent erwartet. Damit zeigt sich Brüssel pessimistischer als die Bundesregierung.

„Die EU-Wirtschaft hat eine Rezession vermieden“, sagte Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni in Brüssel. „Ich denke, wir sollten stolz darauf sein, dass die europäische Wirtschaft eine so bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit an den Tag legt. Das ist keine geringe Leistung, wenn man die Art und das Ausmaß der erlebten Schocks bedenkt.“ Die Bewältigung der Energiekrise, die Koordinierung der Steuerpolitik und die Auswirkungen der Corona-Hilfsgelder hätten dazu beigetragen, dass das Szenario viel besser als erwartet ausgefallen sei. „Wenn wir zurückblicken auf das, was wir im vergangenen Herbst erwartet haben, ist das Szenario viel, viel besser.“ All das sei allerdings kein Grund für Selbstzufriedenheit. Die Inflation etwa bleibe hoch.

In ihrer Frühjahrsprognose korrigierte die Kommission die Gesamtinflation für den Euroraum nach oben. Während sie im Februar noch davon ausging, dass die Gesamtinflation in der Eurozone voraussichtlich von 8,4 Prozent im Jahr 2022 auf 5,6 Prozent in diesem Jahr sinkt, wird nun mit 5,8 Prozent gerechnet. Für 2024 werden 2,8 Prozent erwartet.

„Die Inflation geht dank der rasch sinkenden Energiepreise weiter zurück“, sagte Gentiloni. Die Kerninflation – die Teuerung ohne stark schwankende Energie- und Nahrungsmittelpreise – sei jedoch nach wie vor hoch, auch wenn der Höhepunkt wohl überschritten sei. „Mit Blick auf die Zukunft dürfte sich die Gesamtinflation weiter verlangsamen. Die Kerninflation dürfte sich allmählich abschwächen, da der Druck durch frühere Kostenschocks abnimmt und sich die Finanzierungsbedingungen verschärfen.“

Der Grünen-Europaabgeordnete Rasmus Andresen sagte, die Projektion klinge erstmal positiv. Aber: „Die Zinserhöhungen der EZB haben es bis jetzt noch nicht vermocht, die Kerninflation zu senken. Auf der anderen Seite haben sie aber dafür gesorgt, dass es für Unternehmen und Privatleute immer schwieriger wird, an Geld für dringend notwendige Investitionen zu kommen.“ Für die Menschen bedeutete die weiterhin hohe Inflation weitere Realeinkommensverluste.

Für das kommende Jahr geht die Kommission von einem Wachstum in der EU von 1,7 Prozent aus, nach 1,6 Prozent in der Winterprognose. Für den Euroraum rechnet sie 2024 mit 1,6 Prozent (vorher: 1,5 Prozent).