Lebensleistungen gewürdigt

Jecza-Galerie und Triade-Stiftung setzten Fokus auf Retrospektive

Kontrast und Spiegelung zugleich zwischen den gemeinsamen Arbeiten und den Einzelwerken des Künstlerduos

Taktilität - groß ist die Versuchung, die Werke des Künstler-Paars Ritzi und Peter Jacobi anzufassen, sie spüren zu können. Organisches und Minerales, Feminines und männliche Stärke, Abstraktes und dokumentarische Fotografie spiegeln und ergänzen sich in der Jecza-Galerie, die dem Kulturhauptstadtjahrstart um zwei Tage ein Schnäppchen schlug und schon am 15. Februar ihre Türen öffnete, um den Fokus auf ein in Temeswar weniger bekanntes Duo zu richten: Ritzi und Peter Jacobi. Erster Blickfang sind die Tapisserien, die dieses bedeutende Avantgarde-Künstlerduo der 1970 gemeinsam geschaffen hat. Mit ihren Werken vertraten die beiden, die nebst Magdalena Abakanowicz und Jagoda Buić als wichtigste Textilkünstler gelten, verdienstvoll Rumänien 1970 bei der Biennale in Venedig. Von 1964, als sich Ritzi und Peter Jacobi in Bukarest kennenlernten, bis Mitte der 1980er Jahre arbeiteten beide als Künstlerpaar zusammen, danach trennten sie sich. In den 1960er und 1970er Jahren wurden sie für ihre textilen Wandreliefs bekannt, später rückten Arbeiten aus Fasern, Papier und Stein in den Fokus. Neben den schwer anmutenden, rauen und zugleich warmen Wandteppichen hängt eins der fragilsten Exponate: Ein großes Reispapierrelief mit Grafitbemalung von Ritzi Jacobi. Peter Jacobi wirkte von 1971 bis zu seiner Emeritierung 1998 als Professor für Skulptur an der Hochschule Pforzheim. Er stellte ab den 1990er Jahren wieder in Rumänien aus und schuf unter anderem das Holocaust-Mahnmal in Bukarest. Ritzi Jacobi starb im vergangenen Sommer mit 80 Jahren in Düsseldorf.

Ritzi Jacobis Werke sind deshalb so wertvoll in Temeswar zu betrachten, zumal sich die Künstlerin in den letzten zwei Jahrzehnten aus der Öffentlichkeit zurückgezogen und viel an ihren überdimensionalen Tapisserien gearbeitet, jedoch kaum noch ausgestellt hat. Kurator der Ritzi und Peter Jacobi Ausstellung ist Thomas Hirsch aus Deutschland: „Ritzi webt im wahrsten Sinne des Wortes ihre Heimat mit in ihre Werke ein, zumal sie auch mit Pferde- oder Ziegenhaar arbeitet, wenn sie dabei mehr auf das Abstrakte als auf das Folkloristisch-Traditionelle des Materials abzielt“. Ausgewählt wurden sowohl gemeinsame Arbeiten, als auch individuelle, durch die die „Kontraste stark sichtbar werden“, sagt Peter Jacobi, der als Beispiel die bunten Metallplastiken seiner Ex-Frau gegenüber seiner sehr zurückhaltenden Schwarz-Weiß-Fotografie aus den 80er Jahren hervorhebt, die sich mit Krieg und Kriegsfolgen (Tod), ein Thema, das sich wie ein roter Faden durch sein Schaffen zieht, auseinandersetzen (er hat den Zweiten Weltkrieg als vier- bis neunjähriger Junge in Tartlau/Prejmer erlebt). Hinzu aufgestellt ist Bildhauerei (Werke der jüngsten Schaffensperiode) von Peter Jacobi, sowie abstrakte Kartonplastiken von Ritzi Jacobi. Alles zeigt punktuell die Versatilität der beiden im Umgang mit verschiedensten Kunstformen und Materialien.

Die Vernissage der Ausstellung war zur Freude des Galeriemanagers Andrei Jecza sehr gut besucht. Er betont, dass der Gedanke hinter dieser Retrospektivausstellung mit Werken, die entlang eines über 50-jährigen künstlerischen Wirkens entstanden sind, war, rumänische Künstler, die im Ausland sehr bekannt sind, wieder in Rumänien zu beheimaten (ähnlich wie das Kunstmuseum es mit der Brauner- oder Brâncu{i-Ausstellung beabsichtigt). Geplant ist entsprechend im September auch eine Ingo-Glass-Ausstellung. Jetzt sei es allerdings wichtig gewesen, Werke von Ritzi Jacobi in Temeswar zu zeigen, da sie im Gegensatz zu Peter Jacobi trotz ihrer internationalen Berühmtheit, seit ihrer Auswanderung in Rumänien nicht mehr gezeigt wurde. „Die beste Kunst an die Öffentlichkeit zu bringen“ sei die Mission der Jecza-Galerie auch im Kulturhauptstadtjahr Temeswar 2023, so Andrei Jecza.

Die Ritzi und Peter Jacobi Ausstellung kann bis zum 5. Mai dienstags bis samstags zwischen 11 und 19 Uhr besichtigt werden. Sie ist in Zusammenarbeit mit der Galerie Diehl aus Berlin entstanden und wird von der Stadtverwaltung durch das Projektezentrum maßgeblich gefördert.

Bei den weiteren zwei Ausstellungen in der wieder eröffneten Triade-Galerie bzw. im Jecza-Museum geht es um Wandteppiche und Grafikwerke der Künstlerin Klara Biro Jecza, die 2011 starb, sowie um neo-expressionistische Bilder  aus dem Zyklus „Semnele zidului“ (Zeichen der Wand) des Malers Ioan Aurel Mure{an. Die Ausstellungen spiegeln die Jacobi-Ausstellung in gewisser Weise, stammen sie doch aus ähnlichen Schaffensperioden der 70er und 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Beide Ausstellungen bleiben bis zum 15. April offen.