Liebe teilen, statt Geschenke

Weihnachtsfest 2020 wird viel ruhiger sein

Die Holzhäuschen, an denen sich in den vergangenen Jahren Menschen tummelten, bleiben heuer, zu Weihnachten, leer. Fotos: Zoltán Pázmány

Das Hochfest der Geburt Jesu – Weihnachten – steht vor der Tür, und eigentlich sollten die Menschen das Fest der Liebe besinnlich im Kreise ihrer Lieben feiern können. Dieses Jahr aber überschattet die Corona-Krise die Feiertage. Viele deutsche Bundesländer befinden sich im Lockdown, wobei Treffen nur noch im engsten Familienkreis stattfinden können.

Rumänien hat zwar keinen strengen Lockdown eingeführt, dennoch wird die Bevölkerung täglich dazu ermahnt, die Hygiene- und Distanzierungsregeln aufs Strengste einzuhalten, um die Covid-19-Fallzahlen einigermaßen unter Kontrolle zu halten. Große Familienfeste, wie sie hier-zulande zu den Feiertagen üblich sind, sollen in diesem Jahr nicht mehr stattfinden. Jetzt ist die Verantwortung eines jeden Einzelnen gefragt.

Es war ein hartes Jahr für die meisten von uns. Einige haben liebe Menschen verloren, andere haben selbst die Krankheit durchgemacht und sich nur schwer davon erholt. Dass nun eine Impfung in Sicht ist, erscheint wie das Licht am Ende eines Tunnels – dennoch gilt es bis dahin, physische Distanz zu wahren und Schutzmasken zu tragen, um vor allem die Senioren der Familie, aber auch andere liebe Menschen zu schützen.

Für Anca Răuț (35) ist es das erste Jahr, dass sie Weihnachten nicht zu Hause in Rumänien feiern kann. Seit mehr als sieben Jahren lebt die Architektin in Österreich, dort ist ab dem 26. Dezember schon wieder Lockdown angesagt. „Weihnachten war bei uns in Rumänien immer ein großes Familienfest gewesen, doch dieses Jahr werden wir nicht zu Besuch kommen. Da wir uns hier, in Österreich, nur mit maximal einem Haushalt treffen dürfen, werden wir Weihnachten mit meinen Schwiegereltern verbringen“, berichtet Anca Răuț, die in Ybbs an der Donau wohnt. „Es wird in diesem Jahr gar keine Geschenke geben, aber wir werden jeweils eine Videonachricht oder Audionachricht an all unsere Lieben verschicken, damit sie wissen, dass wir an sie denken. Wir wollen das dieses Jahr anders machen, da es wichtiger ist, Liebe zu teilen, und keine Geschenke“, fügt die Temeswarerin hinzu.

Oana Pop (36) kommt ebenfalls aus Temeswar und lebt seit 2003 in Deutschland. Seit zehn Jahren ist sie in Villingen-Schwenningen, Baden-Württemberg, zu Hause. Die vierfache Mutter wird das diesjährige Weihnachtsfest im Kreise der engsten Familie verbringen. „Dadurch, dass sich der größte Teil meiner Familie entweder in Rumänien oder in anderen Bundesländern befindet, wird es uns dieses Jahr nicht gestattet sein, uns zu treffen. Meine Kinder haben schon einen Weihnachtsbaum bekommen, nicht ganz traditionell wie in Rumänien, der Tannenbaum steht schon seit Anfang Dezember in unserer Wohnung. Bei uns gibt es auch schon Schnee draußen, was das Weihnachtsgefühl ein bisschen verstärkt“, erzählt Oana, die an Weihnachten „rumänisch“ kochen wird. „Ich freue mich schon darauf, ´sarmale´ und ´răcituri´ zuzubereiten“, sagt sie. An Heiligabend – sollte sich nichts ändern – wird Oana in die römisch-katholische St. Franziskus-Kirche gehen, wofür sie sich im Vorhinein einen Platz reserviert hat. „Seit einigen Jahren engagiere ich mich in dieser Kirchengemeinde – nun, in der Pandemie, war ich fast jeden Sonntag dort und habe beim Ordnungsdienst geholfen.“

Weihnachten in der Coronavirus-Pandemie mag für viele Menschen anders sein als sonst. Jedoch versuchen die meisten, das Beste daraus zu machen. Für Bianca Barbu (33) in Temeswar wird das Fest nicht so ganz anders aussehen, und zwar aus einem ganz bestimmten Grund: „Dadurch, dass die ganze Familie in Temeswar wohnt und wir uns an alle Maßnahmen halten, werden wir uns auch erlauben, an Weihnachten zusammen zu sein. Wir haben dann auch, wie immer, einige symbolische Geschenke vorbereitet und ich werde eine Torte backen. Was den Kirchgang betrifft, so werden wir nur kurz vorbeischauen – zum Glück gibt es nun auch die Möglichkeit, den Gottesdienst online zu verfolgen“, sagt die junge Deutschlehrerin.

Für den in Lugosch/Lugoj lebenden Paul Gribincea (36) wird das diesjährige Weihnachtsfest etwas ruhiger ausfallen. „Ich werde große Einkaufszentren meiden. Die Gewohnheit, mit meiner Ehefrau Geschenke einzukaufen, wird wahrscheinlich nicht mehr stattfinden, und Treffen mit Freunden werden ebenfalls ausfallen. Trotzdem kommt dabei auch eine gute Sache heraus, und zwar mehr Zeit für die Familie. Ich kann deswegen sagen, dass diese Pandemie auch eine gute Seite hatte: Sie hat mich und meine Familie mehr zusammengebracht“, bekennt der Architekt.

Wenn Heiligabend da ist, wird Oana aus Villingen-Schwenningen, Deutschland, dem Gottesdienst beiwohnen und anschließend mit ihren vier Söhnen rumänische Krautwickel und Sülze essen. Anca aus dem österreichischen Ybbs an der Donau wird zusammen mit ihrem Mann und ihren Schwiegereltern das Weihnachtsfest feiern und per Whatsapp mit der in Rumänien gebliebenen Familie in Kontakt treten. Bianca in Temeswar wird mit ihrer Familie zusammen sein können – damit das Treffen zustande kommt, haben alle Familienmitglieder in den Wochen vor dem Fest alle Sicherheitsmaßnahmen streng eingehalten. Und Paul wird in Lugosch das Weihnachtsfest ganz ruhig feiern – im Kreise der engsten Familie, denn nur so ist das in diesem Jahr möglich. Alle werden in erster Linie Liebe teilen, und keine Geschenke. Denn nichts ist in diesem Jahr wichtiger als Liebe.