Märkte erholen sich, Angst bleibt

Reaktionen in der rumänischen Wirtschaft auf weltweiten Börsensturz

Finanzexperten in Schloss Cotroceni. Foto: Agerpres

Nachdem Präsident Obama so große Mühe hatte, die Anhebung der US-Schuldengrenze im Repräsentantenhaus durchzusetzen, beschloss Standard and Poor’s Corporation (S&P), der weltweit größten Volkswirtschaft die Bestnote AAA zu entziehen und sie auf AA+ herunterzustufen. Die Abwertung der amerikanischen Bonität durch die bekannte Kredit-Ratingagentur führte gleich (und trotz des von der Regierung in Washington in Eile noch aufgerufenen Berechnungsfehlers) zu Kursverlusten auf den meisten Finanzmärkten. Am Montag schon kriselte es überall heftig, von der Börse in New York (mit minus 6 Prozent registrierte diese den tiefsten Sturz seit Dezember 2008), bis hin zu der in London, Paris und Frankfurt (-2 Prozent) oder der in Tokio und Hong Kong (-2,13 bzw. -4,4 Prozent). Der Erdölpreis fiel um 5 Prozent bis unter 83 US-Dollar das Barrel. In Hong Kong überschritt die Unze Gold zum ersten Mal die 1,7-Dollar-Grenze.

Den Schock verspürte auch die kleine Bukarester Wertpapierbörse. Anlässlich seines Quartalsberichts zum Stand der Inflation (die Rumänische Nationalbank meldete dabei eine Verbesserung ihrer Inflationsprognose für 2011 von den bisher geschätzten 5,1 Prozent auf nur noch 4,6 Prozent) machte Gouverneur Mugur Isãrescu am selben Montag aufmerksam auf sämtliche Gefahren, die auch Rumänien treffen könnten und bezog sich dabei vorrangig auf eventuelle Kapitalrückzüge, auf das Misstrauen der Investoren und ein Abbauen des einheimischen Wirtschaftswachstums als Folge des international bedingten Rückgangs von Exporten. Wie Notenbankchef Isãrescu versuchten auch Ministerpräsident Boc und Finanzminister Ialomiteanu die Bevölkerung bezüglich der Gefahr einer erneuten Weltkrise zu beruhigen.

Sie behaupteten, dass die makro-ökonomischen Entwicklungen in Rumänien auch als Folge der bereits getroffenen Sparmaßnahmen ziemlich stabil und auf jeden Fall besser als 2008 seien, die ausländischen Märkte aufmerksam monitorisiert werden, Lösungen – Instrumente und der rechtliche Rahmen – für den schlimmsten Fall parat seien. Vorsicht und Moderation im Bereich der Finanz- und Regierungspolitik, Investitionen und Absorption europäischer Gelder, Vertrauen allerseits und keine Panik sollten dabei vitale Bausteine sein im Hinblick auf die Überbrückung der zurzeit wieder mal heiklen internationalen Wirtschaftslage. Schon am darauf folgenden Tag sprach die Bukarester Börse aber ihr eigenes Wort. Mit minus 12,4 Prozent registrierte der rumänische Leitindex BET am Dienstag nämlich den größten Absturz in Europa (am gleichen Nachmittag verbesserte sich der Wertpapierkurs dann allerdings bis auf -3,3 Prozent).

Der Verkaufsdruck belastete die verschiedensten Bereiche ausnahmslos: die Petrom-Aktie, beispielsweise, büßte bis zu 9 Prozent ein, die Banca-Transilvania-Aktie bis zu 10,8 Prozent, die SIF-Aktie bis zu 13 Prozent etc. Der Schweizer Franken erreichte einen Wechselkurs von 4,022 RON. Die Medien lancierten, trotz der von der US- und mehreren europäischen Börsen inzwischen registrierten Verbesserung, eine Hiobsbotschaft nach der anderen. Alles zusammen die perfekte Hochkonjunktur für die zu vermeidenden Voraussetzungen der Krise: Vertrauensschwund und Panikmache. Demzufolge lud Präsident Bãsescu Ministerpräsident Emil Boc, Finanzminister Gheorghe Ialomiteanu, Notenbankchef Mugur Isãrescu und Vertreter weiterer im Bereich verantwortlichen Institutionen am Dienstagnachmittag ins Schloss Cotroceni ein, um die Auswirkungen der Schwankungen der internationalen Finanzmärkte auf Rumänien zu analysieren.

Gelegentlich der anschließenden Presseerklärung beschrieb der Staatschef die globale Lage eher als eine Reaktion des Misstrauens der Investoren auf die nicht überzeugenden Entscheidungen der Politiker weltweit und empfahl den rumänischen Entscheidungsträgern Vorsicht, Verantwortungsgefühl, die Fortführung der mit dem Internationalen Währungsfonds, der Weltbank und der EU vereinbarten Programme zur Restrukturierung und Konsolidierung des Staatshaushalts, die Förderung des Wirtschaftswachstums mittels Investitionen, die Verbesserung des Absorptionsgrads von EU-Fonds und die Umgestaltung der staatlichen Unternehmen, egal ob Handelsgesellschaften oder Regiebetriebe.

Auch bat Präsident Bãsescu die Presse um Vorsicht und Dezenz im Umgang mit Panik auslösenden Etiketten. Denn: Zur Zeit gäbe es keine Krise und keinen Grund zur Angst. Mal sehen, inwieweit die Zukunft die Visionen des rumänischen Staatspräsidenten bestätigen wird. Mal sehen, inwieweit die Berichterstatter bereit sein werden, seinen Wunsch zu erfüllen. Es handelt sich, vergessen wir es nicht, um die selben Journalisten, denen Mugur Isãrescu auf seiner Pressekonferenz in der Nationalbank am Tag zuvor pauschal vorgeworfen hatte, von der ganzen Sache so gut wie nichts zu verstehen.