Markanteste Zeichen des Wandels

Die Top Ten der spektakulärsten Erneuerungen im Kreis Kronstadt

Die Kirchenburg von Deutsch-Weißkirch

Bäumchen und originelle Sitzmöbel – einige der diskreten Erneuerungen am Honterushof

Auf dem Gelände des ehemaligen Traktorenwerkes entstand das Coresi-Wohngebiet. Fotos: Karpatenrundschau

Der Terminal des neuen Kronstädter Flughafen am „Tag der offenen Tür“ (11. Juni 2023) Foto: Dieter Drotleff

Die Wende von Dezember 1989 hat unser Leben verändert. Freiheit, Demokratie, Rechtsstaat, Marktwirtschaft sind Ziele, die wir erreicht haben – oder denen wir zumindest näher gekommen sind; NATO und Europäische Union sollen unserem Land Sicherheit und Fortschritt bringen. In den letzten 33 Jahren ist auch auf lokaler Ebene, in Stadt und Kreis Kronstadt/Bra{ov, vieles anders geworden. In einer persönlichen, also subjektiven Auswahl und Reihenfolge folgen zehn der einschneidendsten Neuerungen und Änderungen in dieser Region. Es geht um Wandlungen, Neubauten, Sanierungskampagnen, Stadterneuerung und ihre Auswirkungen auf Lebensqualität, Wirtschaft, Tourismus – aber nicht um Politik, Kultur, Unterricht, Gesundheit. Sicher wäre auch eine Topliste möglich gewesen, die jene Änderungen umfasst, welche noch ausstehen.

1. Der neue Flughafen

Nach Kronstadt zu fliegen oder von dort mit dem Flugzeug abzureisen schien ein ferner Traum zu sein, obwohl die Region als Vorreiterin der rumänischen Flugindustrie gilt. Nun ist es soweit, und die ersten Flüge Richtung Deutschland, Spanien, Großbritannien, Italien oder zu Urlaubszielen in der Türkei und Griechenland sind erfolgt. Aber vorläufiger Flugbetrieb nur zwischen 7 und 19 Uhr, kurzfristige Änderungen des Flugplans, keine Bahnverbindung zu Kronstadt, stehen für die Schwierigkeiten der Anfangsperiode. Trotzdem: Es ist eine großartige Leistung der Kronstädter, genauer des Kreisrates Kronstadt gewesen, an dieses Projekt zu glauben und es größtenteils aus eigener Kraft auch umzusetzen.

2. Deutsch-Weißkirch/Viscri

Das ehemals unbekannte abgelegene kleine Dorf der Gemeinde Bodendorf/Bune{ti im Repser Ländchen ist heute zu einer über die Landesgrenzen bekannten touristischen Sehenswürdigkeit geworden. Über 40.000 Besucher (viele aus dem Ausland) kommen jedes Jahr in dieses ehemals sächsische Dorf und zu seiner malerischen Kirchenburg. 
Der Name, der mit diesem erstaunlichen Wandel direkt in Verbindung steht, ist Caroline Fernolend. Sie hat gekonnt und erfolgreich Lobby für ihr Heimatdorf beim damaligen Kronprinzen und derzeitigen König Charles III. gemacht, der nun dort einen Bauernhof besitzt und die beste Werbung für den Ort darstellt. Eine unerwartete Chance für dieses Dorf, wo zwar kaum noch Sachsen, aber Roma und Rumänen zusammen mit jenen leben, die sich Ferienhäuser leisten können, wobei streng darauf geachtet wird, das ursprüngliche sächsische Straßenbild beizubehalten.

3. Kronstadts mittelalterliche Bauten

Der Schwarze Turm wurde nach seinem teilweisen Einsturz (1991) wiederaufgebaut und mit einem Glasdach versehen, die Stadtmauern am Fuße der Zinne wurden erneuert, am Honterushof rund um die Schwarze Kirche sind riesige orangene Plastik-Abflussröhre und Pfützen verschwunden. Junge Bäumchen, einige originelle Sitzgelegenheiten, ein Café und ein Souvenirladen sowie neue Beleuchtung bringen einen frischen Atemzug an diese historische Stelle, deren Einmaligkeit dennoch bewahrt wird. Kronstadt will seine Baudenkmäler und Geschichte pflegen und vorzeigen, ohne große Zugeständnisse an einen profitorientierten Massentourismus.

4. Törzburg/Bran

Das als „Dracula-Schloss“ bekannte Törzburger Schloss ist die Touristenattraktion Nr. 1 im Kreis Kronstadt und zieht jährlich über eine Million Touristen an. Es wurde den Erben von Prinzessin Ileana (den Geschwistern Erzherzog Dominic von Habsburg, Erzherzogin Maria Magdalena von Holzhausen und Elisabeth Sandhofer) vom rumänischen Staat rückerstattet, sein Wert und wird auf rund 60 Millionen Euro geschätzt (Stand 2022). Diese Erfolgsstory beeinflusste auch die Wiederaufbauinitiativen der mittelalterlichen Festungen in Rosenau/Râșnov, Reps/Rupea oder Marienburg/Feldioara.

5. Kronstädter Malls

Wo früher im Stadtgebiet zwei große Industriegelände lagen (das Traktorenwerk und „Hidromecanica“) befinden sich heute zwei Malls: Coresi Shopping Resort bzw. AFI. 
Die Konsumgesellschaft macht sich schonungslos Platz mit allen damit verbundenen Folgen: Kleinere Läden in der Inneren Stadt müssen schließen, wegen Coresi kommt es zu Staus in der Petersberger Straße, die Restaurants der Malls stellen eine ernste Konkurrenz für andere Gaststätten dar. Den Trend eingeleitet hatten Großkaufhäuser und Baumärkte wie Metro, Carrefour, Selgros oder Dedeman, die an den Stadteinfahrten angesiedelt sind.

6. Kronstädter Verkehrskreisel

Ampeln verschwinden an vielen Kreuzungen. Dafür tauchen Kreisverkehre auf, die den zunehmenden Verkehr flüssiger ablaufen lassen sollen. Lkw und Transitverkehr sind auf den so notwendigen und endlich fertiggestellten Stadtring umgeleitet, die Straßenbahn wurde abgeschafft, manche Boulevardabschnitte (z.B. Kogălniceanu oder 15. November) wurden durch Einbahn-Regelungen zu einer Art Stadtautobahn. Der Pkw wird weiter auf Kosten der Radfahrer, der Fußgänger, letztendlich einer gesünderen Umwelt bevorzugt. Selbst in der Inneren Stadt entstehen Kreisel, nicht aber, wegen Platzmangel, neue Plätze fürs Parken der Autos.

7. Neue Wohnviertel

Nicht zu übersehen: Die Wohnanlagen (z.B. Belvedere) entlang des neuen Schulerauweges, oberhalb der Postwiese. Inzwischen hat man sich daran gewöhnt, was aber nicht heißen sollte, dass solche Bauten weiterhin auf den Hügeln rund um Kronstadts Stadtzentrum gebaut werden sollen. Der Druck besteht, aber der Wunsch, Umwelt und Landschaft intakt zu erhalten, müsste stärker sein. Die Immobilienentwickler bauen Viertel wie Avantgarden in Bartholomä Nord, Coresi oder im nah an Kronstadt liegendem Petersberg/Sânpetru, das inzwischen zur Gemeinde mit 11.000 Einwohnern gewachsen ist.

8. Neue Industrieplattformen

Einerseits spricht man von einer Deindustrialisierung Kronstadts durch die Schließung von Großwerken, etwa dem Lkw-Werk, Traktorenwerk, Hidromecanica, Rulmentul, IUS, Metrom; andrerseits entstehen neue Werke in den benachbarten Ortschaften, wie z.B. INA Schaeffler (bei Neustadt), Dräxlmaier (bei Zeiden), Industrieparks in Weidenbach oder bei Tartlau. In der Regel handelt es sich um ausländische Investitionen. Inzwischen sind dafür geeignete Bauflächen mit der notwendigen Infrastruktur in Kronstadt sehr schwer und entsprechend teuer zu finden. Die Stadtverwaltung plant, einen Industriepark auf dem Gelände des ehemaligen CET-Wärmekraftwerks einzurichten und zu verpachten.

9. Die Rosenauer Sprungschanze

Mit österreichischem Know-how und finanzieller Unterstützung entstand bei Rosenau im Cărbunării-Tal eine moderne Skisprunganlage. Von der Normalschanze sprangen dort bei Weltcup-Etappen die besten Sportler der Welt sowohl im Damen- als auch im Herrenwettbewerb. Vieles wurde zu besten Sendezeiten weltweit im Fernsehen übertragen, was den Namen Râșnov überall bekannt machte. Die Burzenländer Kleinstadt wird somit, wie auch Schulerau/Poiana Brașov, Predeal und Cheile Grădiștei als Austragungsort im Raum Kronstadt für eventuelle zukünftige sportliche Großereignisse wie die Winterspiele der Weltjugend aufgenommen.

10. Nato-Übungsgelände bei Großschenk

Es ist kein glücklicher Anlass, dass bei Großschenk/Cincu nun einige hundert NATO-Soldaten, hauptsächlich aus Frankreich, stationiert sind. Außerdem finden dort militärische Manöver mit den dazugehörenden Truppen, Waffen, Panzern usw. statt. Eine neue Brücke über den Alt bei Kleinschenk/Cinc{or ist notwendig, wie auch der Ausbau der bestehenden Verkehrswege. Der Krieg im Nachbarland Ukraine verleiht nun dem Namen Großschenk eine stärkere militärische Konnotation.