Mehr Freude durch Ordnung

Die erfolgreichste Methode zum Ausmisten in Haus und Leben

Die Aufräum-Expertin zeigt, wie Ordnung Spaß bereitet.

Jeder Schrank kann wie aus dem Profi-Laden aussehen.

Überschaubarkeit und Ordnung in einem

Foto: buttondepress.com

Vorher – nachher: So weiß man Bescheid, was man hat. Fotos (2): Pinterest

Die Tür des Kleiderschranks geht auf. Einige T-Shirts fallen auf den Fußboden. Felix wühlt nach einem T-Shirt, das nicht allzu sehr zerknittert ist, diejenigen vom Boden stopft er zurück in den Schrank. Auch die Jeans, die auf einem Kleiderhaufen liegt, ist nicht gebügelt, aber zumindest ist sie rein. Maria hingegen hat ihre unzähligen Blusen nach Farben aufgestapelt, auch die Kleider und Röcke hängen sehr eng aneinander gereiht auf der langen Stange des überfüllten Schranks. Ana ordnet wöchentlich die Stapel mit Dokumenten auf dem Schreibtisch, würde sie aber am liebsten allesamt wegwerfen, um Platz zu schaffen. Gabriel und seine Frau sind überfordert vom täglichen Aufräumen der Kleider und Spielsachen ihrer Kinder, die immer im ganzen Haus herumliegen.


Einem japanischen Sprichwort zufolge entspricht die Unordnung im Zimmer der Unordnung im Herzen. Deswegen müsse man sich von Ballast trennen und mehr Klarheit in den Raum und somit in den Alltag bekommen, weiß Aufräum-Expertin Marie Kondo. Die junge Japanerin, die mit ihrer Aufräum-Methode weltweit Millionen Menschen begeistert und vom TIME Magazine unter den 100 einflussreichsten Menschen der Welt ernannt wurde, gibt in ihren Bestsellern und ab diesem Jahr auch anhand einer eigenen TV-Serie auf Netflix klare Hinweise, wie man ein für allemal ausmistet.
Im Buch „Magic Cleaning - Wie richtiges Aufräumen Ihr Leben verändert“, dem Bestseller, der in mehr als ein Dutzend Sprachen übersetzt wurde, erklärt sie ihre Methode. Kondos wichtigstes Prinzip lautet, nur das zu behalten, was wirklich Freude bereitet, alles andere muss weg. Es wird gespendet, verkauft, oder landet im Müll. So befreit man sich von der Last des Überflüssigen und erfreut sich obendrein einer besseren Übersicht des Eigentums. Rund zwei Drittel der Sachen in einem Haushalt oder am Arbeitsplatz können entsorgt werden, hat Kondo nach jahrelanger Erfahrung festgestellt.


Trennung in Dankbarkeit


Zuallererst muss der Wille zum Ausmisten bestehen, dernach muss man sich die Zeit dazu nehmen. Ausgemistet wird nach Kategorien: erst Kleider, danach Bücher, Papiere, Kleinkram und zuletzt Erinnerungsstücke. Diese Reihenfolge ist wichtig und soll eingehalten werden, da es viel leichter ist, sich von Kleidern als von Erinnerungsstücken zu trennen.
Aufräumen, erklärt Kondo, ist eine emotionale Angelegenheit, die schnell, konsequent und mit Spaß durchgeführt werden sollte, nicht etwa als stressiger, ständiger Prozess. Allgemein gültig ist, dass alles aus einer Kategorie auf einmal sortiert wird, indem es auf dem Boden aufgereiht und dann Stück für Stück zur Hand genommen wird. Was einen beim Anfassen innerlich anspricht, wird behalten. Vom Rest verabschiedet man sich mit Dankbarkeit.


Jede Kategorie, jedes einzelne Objekt braucht seinen Platz im Haus, das erleichtert das Wegräumen. Für Erinnerungsstücke, an denen man besonders hängt und von denen man sich am schwersten löst, empfiehlt die Japanerin, eine Art „Altar“ - beispielsweise die Ablage eines Regals oder einer Kommode - anzulegen. Dieser Ort sollte aber nur für die allerwichtigsten Objekte dienen und nicht vergrößert werden.


Schachteln und Schächtelchen


Die meisten Gegenstände finden ihren Platz in Schachteln, von Werkzeug über Riemen, T-Shirts, Schminke und Rasierzubehör, Küchenbedarf, Stifte, Medikamente oder Schuhe. Die besten Schachteln zum Verstauen, außer jenen aus Kondos Onlineshop, sind Schuhschachteln, die nichts kosten und meist ideal in Schränke passen. In diese können kleinere Schachteln oder Trennwände für Unterkategorien, etwa Unterwäsche und Socken, Büroklammern oder Tintenpatronen, Gewürze für süße Speisen und jene für Salziges, verstaut werden. So ist alles überschaubar, griffbereit und es sieht wie in den Geschäften für Dekorationen aus.
Nach demselben Prinzip werden Objekte aus Rucksack oder Handtasche in Kategorien eingeteilt – Schreibzeug, Kosmetik, das Aufladegerät fürs Handy, Essen – und in kleineren Täschchen untergebracht.


Kleine, tägliche Routinen


Die Aufräumexpertin, die schon seit ihrer Kindheit von Ordnung begeistert war und zig Methoden ausprobiert hat, empfiehlt das vertikale Aufstellen der Gegenstände. In der Küche, in der Handtasche, in der Bibliothek, im Büro, ja sogar im Kleiderschrank. Dafür faltet sie T-Shirts, Röcke, Blusen, Hosen, Socken, Unterwäsche sorgfältig in drei, oder rollt sie und stellt sie dann nebeneinander wie Sardinen. Das ist platzsparend, denn ein T-Shirt wird so klein wie zwei Päckchen Zigaretten, eine Erwachsenenjeans wie zwei geballte Fäuste. Richtiges Falten und Verstauen verhindert das Verknittern der Kleidungsstücke und verleiht ihnen zudem ein längeres Leben.


Ein anderer Tipp ist auch, sich tägliche Routinen anzugewöhnen, wie beispielsweise das Decken des Bettes in der Früh, das Wischen der Badewanne und der Flaschen mit Waschlotionen nach dem Baden, das Putzen und Versorgen der Schuhe, sobald man das Haus betritt, oder das täglich Ausräumen der Handtasche. So erhält man die einmal geschaffene Ordnung Tag für Tag.
Das Aufräumen nach der „KonMarie-Methode“ macht richtig Spaß, davon zeugen zahlreiche Videos auf Youtube mit Menschen, die ihre Erfahrungen teilen, ihre Schränke, das Bad, das Haus vor und nach dem Aufräumen zeigen, sich über die neue Reinheit begeistern - und über die Erleichterung, endlich Raum und Übersicht im Haus, im Leben, gewonnen zu haben.


Weniger ist mehr


Die „KonMarie-Methode“ lässt an den Minimalismus anknüpfen, einem internationalen Trend, den Joshua Fields Millburn und Ryan Nicodemus auf ihrem Blog theminimalists.com seit einigen Jahren anpreisen. Der Minimalismus, der sich als Alternative zur konsumorientierten Überflussgesellschaft sieht, verhilft Menschen, sich auf das Wesentliche im Leben zu konzentrieren und so „das wahre Glück, Erfüllung und Freiheit zu finden“, erklären die beiden. Dabei ist das Ablegen von Überflüssigem und Unnötigem das Geheimnis dafür, mehr Zeit und Klarheit für die eigene Gesundheit, Beziehungen, Leidenschaften, Weiterentwicklung und soziales Engagement zu haben.


In einem Raum mit wenigen materiellen Dingen bleibt mehr Zeit zum Lesen, Lachen, Baden, Singen, Spielen, Tanzen - zu allem anderen außer Aufräumen, oder dem Anblick von Sachen, die man nicht mag. Das sorge für Zufriedenheit und führe zu einem sinnerfüllten, befreienden Leben.
Und hat man den Umbruch geschafft, Denkweise, Handeln und Gewohnheiten geändert, verinnerlicht, dass man mit wenig auskommt, so kann man sich auch über einen bewussteren Konsum freuen, Neuanschaffungen hinterfragen und jeden Kauf sorgfältig abwägen.
Zumindest für diesen Vorteil, wenn nicht auch für alle anderen, wäre es den Versuch wert, einen genaueren Blick auf die KonMarie-Methode und den Minimalismus zu werfen.