Nachruf auf Dr. h.c. Hermann Pitters

Ein engagierter Theologe mit ökumenischer Vision Foto: privat

Am 23. Dezember 2023 ist Professor Dr. Hermann Pitters im hohen Alter von beinahe 92 Jahren in seiner Heimatstadt Hermannstadt/Sibiu nach kurzer Krankheit friedlich entschlafen. Professor Pitters war eine Hermannstädter Persönlichkeit, bekannt als langjähriger Dekan des Theologischen Instituts, als Mitbegründer der Evangelischen Akademie Siebenbürgen und des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien. Als Kirchenhistoriker hat ihn vor allem die Kirchengeschichte Siebenbürgens beschäftigt. Nicht hoch genug eingeschätzt werden kann sein Beitrag zum ökumenischen Dialog, vor allem jenem zwischen der Orthodoxie und der Evangelischen Kirche. Mit seiner Übersetzung der „Orthodoxen Dogmatik“ von Dumitru St²niloae ins Deutsche hat er maßgeblich zur Verständigung zwischen der orthodoxen und der evangelischen theologischen Denkweise auf europäischer Ebene beigetragen. Generationen von Theologinnen und Theologen sind von ihm geprägt worden.

Geboren wurde Hermann Pitters am 25. Januar 1932 in Schäßburg/ Sighișoara als fünfter und zugleich jüngster Sohn des damaligen Klosdorfer Predigerlehrers Samuel Pitters und seiner Frau Hilde, geb. Schuster. Kindheit und Jugend verbrachte er in Hermannstadt, im Familienhaus in der Leschkircher Straße (heute Stefan cel Mare), da sein Vater 1938 Lehrer an der hiesigen Martin Luther Schule geworden war. Nach dem Zweiten Weltkrieg - zwei seiner Brüder starben im Krieg und ein dritter verblieb in Deutschland - besuchte Hermann Pitters zunächst in Schäßburg das pädagogische Lehrerseminar, um danach zwischen 1951 und 1955 auf dem neu gegründeten protestantisch-theologischen Institut mit Universitätsgrad in Klausenburg/Cluj-Napoca Theologie zu studieren.

1955 heiratete er Helga Rehner. Dem Paar wurden drei Söhne geschenkt: Thomas (geb. 1956), Andreas (geb. 1957) und Hannes (geb. 1960). Prägend für den jungen Pfarrer, sowie auch gleichermaßen für die Gemeinde, war seine Zeit in Zied/Veseud (1955 bis 1960), einem kleinen Dorf in der Nähe von Agnetheln/Agnita.

Ab 1960 war Hermann Pitters zunächst Dozent, dann ab 1978 Professor, am mittlerweile nach Hermannstadt übersiedelten deutschsprachig-lutherischen Zweig des Theologischen Institutes. Er hat dieses Institut mit seiner Persönlichkeit und seinem Wissen über die Zeit von nahezu fünf Jahrzehnten, zuletzt noch als aktiver Pensionist, mitgestaltet. Mehrere Generationen von Theologinnen und Theologen sind durch seine „Schule“ gegangen. Als Dekan prägte Pitters zwischen 1986 und seiner Emeritierung 1998 eine Glanzzeit dieser theologischen Lehranstalt. Gerade nach 1989 sind viele Studenten, auch aus dem Ausland, gerne nach Hermannstadt gekommen. Dekan Pitters ist es in jener Zeit gelungen, mit seiner einladenden Persönlichkeit, aber vor allem auch mit seinem großen, europaweiten theologischen Netzwerk, dahingehend zu wirken, dass auch hochkarätige Gastprofessoren von überall gerne nach Hermannstadt kamen. So konnte er die neu gewonnene Freiheit nach 1989 nützen, das Institut zu bis dahin ungekannter Blüte zu führen.

Nebenamtlich hatte er neben Forschung und Lehre in der Zeit von 1978 bis 2000 die Chefredaktion der „Kirchlichen Blätter“ inne, von seiner Frau Helga mit Sekretariatsdiensten tatkräftig unterstützt.

Einen publizistischen Meilenstein setzte er aber sicher mit der Übersetzung der im orthodoxen Bereich bedeutendsten und umfangreichsten dogmatischen Theologie, der „Teologia Dogmatic ² Ortodox²“, des großen rumänischen Theologen Dumitru St²niloae (1903 – 1993), ins Deutsche . Dadurch wurde die Orthodoxe Theologie dem deutschen Sprachraum erst zugänglich gemacht. Zusätzlich war Pitters jahrzehntelang Mitglied von verschiedenen Kommissionen für das lutherisch- orthodoxe Gespräch, sowohl im Rahmen der bilateralen Gespräche zwischen EKD und Rumänisch- Orthodoxer Kirche, sowie auch jener des Lutherischen Weltbundes mit der Panorthodoxen Konferenz. Für diese Tätigkeit hat ihm die Orthodoxe Theologische Fakultät Bukarest den Titel eines Ehrenprofessors verliehen und die Ovidius-Universität in Konstanza hat ihn mit dem Dr. h.c. geehrt.

Doch waren Ruhm, Ehre und Anerkennung dem bescheidenen, stets freundlichen und gewinnenden Charakter des Verstorbenen nicht wichtig. Viel eher war es die Aufarbeitung des kommunistischen Systems, die ihm seit dem Umschwung von 1989 am Herzen lag. In diesem Zusammenhang ist sein Mitwirken bei der Gründung des Demokratischen Forums der Deutschen in Siebenbürgen (Gründungssitzung im Dekanat des Theologischen Instituts!), und jenes bei der Begründung der Evangelischen Akademie Siebenbürgen (erster und langjähriger Vorstandsvorsitzender!) zu sehen. Ebenso sein Mitwirken beim monumentalen Dokumentationsband „Märtyrer aus der Zeit des Kommunismus in Rumänien“, wo die Biographien der um ihres Glaubens willen durch das Unrechtsregime des Kommunismus zu Tode Gekommenen dokumentiert sind.

Im Januar dieses Jahres konnte, vom DFDR und der Evangelischen Kirche in Rumänien organisiert und gefördert, der 90. Geburtstag von Hermann Pitters nachgefeiert werden. Bei dieser Gelegenheit wurde auch die Festschrift „Leben in Fülle“ präsentiert, in welcher sich eine Reihe von Autorinnen und Autoren, die den Weg von Pitters begleitet haben oder von ihm wesentlich beeinflusst worden sind, zu Wort gemeldet haben, um ihren Mentor zu würdigen. Hier ist auch eine Zusammenstellung seiner eigenen vielfältigen Publikationen zu finden. Im August dieses Jahres konnte er noch ein großes Pitters-Familientreffen mit seinen Kindern, den 7 Enkelkindern und 8 Urenkeln sowie auch vielen anderen Familienmitgliedern fröhlich miterleben.

Nun hat sich das erfüllte Leben von Hermann Pitters zum Ende geneigt. Bischof Guib schrieb im Vorwort der oben genannten Festschrift: „Wir danken Gott dem Herren, der Leben in Fülle schenkt, für Prof. Dr. Hermann Pitters und sein Wirken in unserer Kirche!“ Der Einschätzung kann man sich, auch im Namen anderer Institutionen, nur anschließen!