Nationalismusblind

Randbemerkungen

Die Glut der rumänischen Nationalismuswelle nach dem Veto Österreichs zum Schengenbeitritt Rumäniens und Bulgariens zieht sich in der Folge der Fress- und Sauftage zum Jahresende peu à peu in die Asche zurück, aber die Frustrationen, die falschen Mythen und der im Untergrund köchelnde Revanchismus, die hochgespült wurden, hallen nach. Österreich ist ein willkommener Sündenbock, auch für den Wirtschaftsnationalismus der Rumänen, der wieder mal überschwappt.

Was hätten die Gscheiten der Nation alles tun können mit dem Nationalvermögen, zugunsten des „Volkes“, wenn es nicht den „Ausländern“ um schweres (Schmier-)Geld zugespielt worden wäre, mit all dem Erdöl, dem Holz der Karpatenwälder, den früher so reichen und so glänzend von den einheimischen Finanzgenies geführten Banken!?

Ein populistisches Mitglied der Abgeordnetenkammer schwört, den Rest seines laufenden Mandats „ausschließlich“ der Entlarvung und Entmachtung österreichischer Firmen zu widmen. Ein anderer Edelpopulist blockiert mit seiner aufgeputschten Anhängerschaft eine OMV-Tankstelle und klotzt in die bereitgestellten Mikrophone, dass er das weiterhin so halten werde, bis...
Eine Abgeordnete, die vor Kurzem mit Ehrenbezeigungen in der Botschaft der Russischen Föderation empfangen wurde, spricht vom Gift ausländischer Investitionen und Investoren für Rumänien. Firmen geben bekannt, dass sie mit Ministerabsegnung ihre Konten bei Banken mit österreichischem Kapital liquidieren und zu „rumänischen Banken“ überwechseln – haben aber nur die CEC-Bank zur Wahl. Andere, dass sie „von nun an“ nichts mehr von OMV kaufen.

Am abstrusesten das Internet mit seinen hemmungs- und kontrollfreien Kommunikationsplattformen. Alles typische Manifestationen von Bildungslosigkeit und nationalem Blödmenschgehabe – hierzulande mit immenser Anhängerschaft. Grundidee: Österreich muss „von uns wahren Rumänen“ „bestraft“ werden! Die „Wirtschaftsstrafen“, die mit Hass und Sachkenntnismanko „ausgedacht“ werden, sind lächerlich bis dumm, was aber niemand hindert, sie frenetisch zu verbreiten.

Im Frustrationsraum der zurückliegenden Privatisierungen wird immer wieder vom „zu billigen“ „Abtreten“ „unserer Schätze“ gefaselt. Etwa der Kauf der Banca Agricol² durch die Raiffeisenbank, 2001. Die rumänische Landwirtschaftsbank hatte nach der Wende blindgroßzügig (unter Seilschaftszwang?) kaum gedeckte Kredite gestreut und sich in zehn Jahren an den Rand der Pleite manövriert... Die Banca Comercial² Român²/BCR hatte teils die faulen Kredite der pleitegewirtschafteten Bancorex in ihrem Portefeuille und taumelte, bevor sie 2005 von der Erste Bank gekauft wurde. Petrom, vom rumänischen „Zeckensystem“ systematisch ausgesogen und mit veralteten Anlagen tätig, brauchte dringendst frisches Kapital, als die OMV zur Jahrtausendwende zugriff.
Die Erste hatte für die Übernahme von BCR 2,2 Milliarden Euro hingeblättert. Wer da also von einem „Geschenk an die Österreicher“, „von „Überlassen“ oder „Abtreten“  redet, der informiert gezielt falsch, nährt Frustrationen und nationalistischen Hass. OMV hat „sich“ nicht die rumänischen Bodenschätze „unter den Nagel gerissen“ – die gehören, wie alle Bodenschätze, dem Staat, der für ihre Nutzung/Ausbeutung eine fette Lizenzgebühr einstreicht. Und das Holz der Karpatenwälder wird von den österreichischen Firmen – nach anfänglich Missdeutbarem (etwa Kommunikationsverweigerung oder -tolpatschigkeit) – genutzt wie von jeder anderen rumänischen, türkischen oder arabischen Firma auch, zumal die Umwelt- und Naturschutz-NGOs allen mit Argusaugen auf die Finger schauen.

Es wäre Unsinn, die österreichischen Firmen zu re-nationalisieren, wie gefordert. Der Staat Rumänien kann solche Kosten nie stemmen. Allein Petrom würde geschätzt so viel kosten wie der Bau einer Autobahn quer durch Rumänien...

Dazuzurechnen: erznationale „Nebenkosten“.